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Autor: Nebelleuchte Veröffentlicht: 04.08.2003, 19:39:45 Letzte Änderung: 04.08.2003, 19:48:23 Schreibrecht: Nur Administratoren [ Artikel bearbeiten ] Abstract: Der angekündigte 2.Teil Kapitel 3 Das Wetter wird allmählich wieder besser. Ich denke, ich werde mich schon mal auf den Weg machen. Ich wünsche Euch noch eine schöne und angenehme Reise und vielleicht sehen wir uns ja eines Tages wieder – dann aber hoffentlich unter besseren Umständen.“ Mit diesen Worten wandte sich Dura um, zog sich seine feuchte Jacke über und stapfte mühsam durch den Schnee in Richtung Hauptstadt, wo er versuchen wollte, das Amulett zu verkaufen. Eine solche Dreistigkeit würde wohl kaum einer erwarten. Dabei dachte er noch einmal an die Vorkommnisse in der Höhle zurück: Dura hatte mit geringem Interesse zugehört, wie Altruin sich bemüht hatte, die Elfensprache zu entschlüsseln – was sollte es ihn interessieren, was so ein Elf irgendwann mal aufgeschrieben hatte?! Dennoch hatte er auch nicht ganz weghören können, als Altruin begonnen hatte vorzulesen: „... letzter Zeuge der Schlacht von Khormash-San ...“ Dura war erstarrt. Er hatte nicht gewußt, was mit ihm geschah, geschweige denn warum es geschah, aber in dem Moment als Alturin den Namen der Schlacht vorgelesen hatte, war Dura urplötzlich von einer geistigen Macht angegriffen worden, die in seine Erinnerungen eindringen wollte. Dura hatte versucht seine inneren Blockaden zu stärken und gleichzeitig nach der Quelle des Angriffes zu suchen. Konnte es einer von diesen beiden seien, mit denen er am Feuer saß? Es war kaum zu glauben, aber es mußte so sein! Einen so starken Angriff konnte man nur durchführen, wenn man seinem Opfer sehr nahe war. Der Kobold! Es muß dieser verfluchte Kobold sein! Dura hatte sich gerade verwandeln wollen und diesen Winzling zerquetschen – und den alten Mann dann notgedrungen gleich mit, als der Angriff noch an Stärke zunahm. An eine Verwandlung war nun nicht mehr zu denken gewesen, er hatte alle Energie gebraucht um sich zu verteidigen. Doch zuletzt waren seine Barrieren doch zusammengebrochen und Dura war in eine Art Trance gefallen: Vor seinem inneren Auge zogen Szenen von blutigen Schlachten vorbei – und in der Mitte immer wieder dieser Schatten! Dura drohte davon geschwemmt zu werden. Schließlich – Jahrmillionen später – war es vorbei gewesen und Dura hatte begonnen seinen Körper wieder zu spüren. Als er sich langsam wieder daran gewöhnt hatte seine Augen zu gebrauchen, bemerkte er, daß dieser alte Mann – wie hieß er noch mal? Ach ja richtig: Altruin! – gerade dabei war, die Schriftrolle einzupacken. Es konnte also nur wenig Zeit vergangen sein. Eine mörderische Wut war in Dura hochgestiegen: Irgendwas in dieser Schriftrolle hatte ihm das angetan! Dura war sich ganz sicher: Es war weder der Kobold noch der Gelehrte gewesen von dem der Angriff ausgegangen war – es war die Schriftrolle selbst! Ich will diese Schriftrolle haben! Ich muß sie haben! Doch schließlich hatte er sich beruhigt. Seiner Mutter hätte es nicht gefallen, wenn er diese zwei Wesen umgebracht hätte. Und überhaupt, vielleicht ist es doch ganz gut, daß ich die Schriftrolle nicht habe. Dura schüttelte den Kopf um die Gedanken daran zu vertreiben, er mußte sich nun auf den Weg konzentrieren. Die Drei-Tage-Reise in die Hauptstadt von Saacher verlief ohne besondere Vorkommnisse. Nur am ersten Tag hatten ihn ein paar Gardisten mit Spürhunden angehalten und ihn nach einem gewalttätigen Monster befragt. Dura – dessen menschlicher Geruch sich auch für die Spürhunde von seinem dämonischen unterschied – hatte den Gardisten bereitwillig geantwortet: „Nach allem, was sie mir da berichten, bin ich froh mit dem Leben über den Tarsei-Paß gekommen zu sein! Ich hoffe nur, sie finden dieses Untier möglichst schnell und bringen es zur Strecke – sonst ist man hier ja seines Lebens nicht mehr sicher! Wenn sie möchten, kann ich mich ihnen anschließen. Ich würde zu gerne Zeuge werden, wie man diesem Untier das Herz – falls es so etwas überhaupt besitzt – aus dem Leib reißt.“ Die Gardisten hatten sich bedankt und das Angebot abgelehnt. Dura hatte das Gefühl, das sie es eilig hatten dem vermeintlichen Grünschnabel zu entkommen – fast so als hätten sie Angst, er könne ihnen womöglich noch gegen ihren Willen folgen. Am Abend des dritten Tages erreichte Dura schließlich Beyene, die Hauptstadt von Saacher und Heimat der Königsfamilie. Dura war bislang nur zweimal in der Hauptstadt gewesen – und sein damaliger Gastgeber war aufgrund eines bedauerlichen Mißverständnisses ums Leben gekommen. Mutter war damals ziemlich wütend geworden und Dura hatte sich vorgenommen, nie wieder so voreilig zu handeln. Aus diesem Grund hatte Dura kaum einen Anhaltspunkt wo er die Nacht verbringen sollte oder an wen er sich zu wenden hatte, um das Amulett möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Das Beste wäre es vermutlich, sich erst einmal in den düsteren Vierteln der Stadt umzusehen – die kannte Dura auch noch von seinen letzten Besuchen. Eine halbe Stunde später (in dieser Zeit hatten einige Bürger ihren Geldbeutel eingebüßt) betrat Dura die „Hegarllustraße“ – die wohl berüchtigtste Straße der Hauptstadt: Kein Bewohner von Beyene, der etwas auf sich hielt, würde diese Straße auch nur bei Tag, geschweige denn bei Nacht, betreten oder sich auch nur in diesem Viertel aufhalten – zumindest nicht ohne eine perfekte Verkleidung! Dennoch war die Straße wie immer sehr belebt: Verkleidete Personen, die sich verstohlen umsahen, folgten meist irgendwelchen Führern, die sie zu den wahren Herren der Straße führen würden – den Giftmischern, Nekromanten und Assassinen. Am Rand der Straße lagen zudem die Verlierer des Lebens – oftmals mit nicht viel mehr als den vergammelten Resten ihrer alten Kleidung. Viele von diesen jämmerlichen Gestalten waren einst ebenfalls als Bittsteller zu den Herren gekommen – und waren von diesen gnadenlos ausgenommen worden. Dura spürte einen leichten Druck an der linken Jackentasche und reagierte sofort: Ein flacher Handkantenschlag brach dem Möchtegerndieb die Nase. Der zog sich sofort zurück – zumindest darin schien er Talent zu haben. Doch Dura war nun vorsichtiger. Der nächste Dieb würde sich wahrscheinlich nicht so ungeschickt anstellen und er wollte nicht, daß seine eigene Beute die eines anderen würde. Daher drängte er sich an den Rand der Straße wo ein wenig mehr Freiraum herrschte. Plötzlich sprang eine der liegenden Gestalten schreiend auf und humpelte mit erstaunlicher Schnelligkeit auf Dura zu: „Du! Du verdammter Mistkerl! Ich kenne dich! Ja, ich erkenne dich! Dir hab ich es zu verdanken, daß ich hier bin!“ Die Gestalt – anhand des Tonfalls glaubte Dura, daß es sich um einen ehemaligen Adligen handeln mußte – stürzte an Dura vorbei auf eine verkleidete Person. Diese drehte sich beiläufig, beinahe verächtlich nach seinem Ankläger um und stieß ihm einen Dolch ins Herz. Noch ehe der Tote zu Boden gesunken war, eilten andere Gestalten vom Rand herbei, um an ein wenig Kleidung, Nahrung und Trinken zu kommen. Dura beachtete das Geschehen nicht weiter. Er hatte eine Art Schenke ausgemacht, die einen vielversprechenden Eindruck auf ihn machte – sie hieß „Zum tanzenden Dämon“. Einen Türsteher, der den Jungen nicht einlassen wollte, schob Dura kurzerhand zur Seite: Zwar war er in seiner jetzigen Gestalt dem Türsteher hoffnungslos unterlegen, aber es kam darauf an wie man auftrat. In der Höhle und beim Zusammentreffen mit den Gardisten war Höflichkeit und ein wenig Naivität gefragt – hier in der Hegarllustraße kam es auf Arroganz an! Es wirkte. Nach einem Augenblick der Verblüffung lächelte der Türsteher und nickte Dura zur Erlaubnis zu. Dieser trat mit selbstbewußtem Schritt ein. Dichter Rauch und stickige Luft hießen ihn willkommen. Dura ging steten Schrittes auf die Theke zu, verschaffte sich dabei aber unmerklich einen Überblick der Räumlichkeiten. Die Schenke hatte nur eine Ebene und die wenigen Trennwände wiesen Spuren der Zerstörung auf, die nicht verdeckt wurden. Der vermittelte Eindruck war offensichtlich: Sorge selbst für die Vertraulichkeit deines Gespräches – und mach nicht den Inhaber dafür verantwortlich! Nun, mit dieser Regelung würde Dura keine Probleme haben. Er erreichte die Theke. Ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob noch andere vor ihm dran waren, packte Dura den Wirt mit der rechten Hand am Kragen und zog ihn nah an sich heran. „In spätestens zwei Minuten habe ich frisches Drachenblutbier auf meinem Tisch stehen!“ ,sagte Dura laut und deutlich. Ohne auf die Reaktion des Wirtes zu achten, ließ er ihn los und machte sich auf die Suche nach einem Sitzplatz, der ihm zusagte: Arroganz – darauf kam es hier an! Er machte einen Platz in der rechten Hinterecke des Raumes aus und marschierte auf diesen zu. Doch kurz bevor er ihn erreicht hatte, setzte sich ein anderer Mann dort nieder. Da dieser Mann alleine war, entschloß sich Dura weiterhin arrogant aufzutreten statt sich nach einem anderen Platz umzusehen. Er setzte sich dem Mann gegenüber und sah ihm fest in die Augen. Sein Gegenüber wandte den Blick sehr zur heimlichen Freude von Dura nicht ab. „Eigentlich wollte ich mich ja auf den Platz setzen, den Sie nun benutzen!“ ,erklärte Dura mit möglichst groben Tonfall. „Nun“ ,erwiderte sein Gegenüber gelassen, „wie es aussieht, haben Sie ja eine andere Sitzgelegenheit gefunden, oder?“ Dura gestattete sich ein Lächeln – dieser Mann gefiel ihm. Die gegenseitige Musterung, die nun folgte, wurde nur durch den Wirt unterbrochen, der Dura das bestellte Drachenbier auf den Tisch stellte. Dura nahm einen leichten Schluck und nickte dem Wirt zu. „Das Bier ist zufriedenstellend. Ich bezahle beim Verlassen. Sie können weiterarbeiten.“ Und mit einer beiläufigen Handbewegung scheuchte er den Wirt davon. Dann gönnte er sich einen tieferen Schluck und stellte den Krug krachend auf den Tisch. „Die bevorstehende Feier für die Prinzessin sorgt für einige Aufregung unter den Gardisten, meinen Sie nicht?“ ,begann Dura das Gespräch. „In der Tat, aber es wurden auch aus anderen Städten des Reiches Gardisten abgezogen, um während der Feierlichkeiten in der Hauptstadt zu dienen. Wußten Sie das nicht?“ Dura wußte es nicht, aber das tat seinen Plänen auch keinen Abbruch: „Für die Feierlichkeiten selbst, sicher!“ ,erwiderte er ruhig, „Aber nicht für den Zeitraum davor.“ Ein Hauch von Verachtung schien von seinem Gegenüber Besitz ergriffen zu haben, als er antwortete: „Das Fest beginnt bereits in fünf Tagen! Was glaubt Ihr wie viele Gardisten sich bereits in der Hauptstadt befinden?“ Dura lächelte geheimnisvoll. „Ich sagte nicht, daß ich von den kommenden Tagen spreche.“ Jetzt hatte er die volle Aufmerksamkeit seines Gegenübers. Doch bevor dieser antworten konnte, kam es zu einer Unterbrechung: „Du verfluchter Abkömmling von San! Ich würde eher Moridmael verfluchen als mit so einem heruntergekommenen Magierschwein ein Geschäft abzuschließen!“ Erst als sein Gegenüber mit wütendem Gesicht aufsprang und sich ein Feuerball in seinen Händen formte, erkannte Dura, daß er selbst diese Worte ausgesprochen hatte. Er stürzte sich mit dem Stuhl zu Boden und rollte sich so schnell ab, wie der menschliche Körper es vermochte. Ich habe den Namen Moridmaels ausgesprochen! Er weiß jetzt, daß ich ein Dämon bin. Der Feuerball explodierte nur wenige Fingerbreite von seiner jetzigen Lage entfernt. Panik brach in der Schenke aus. Es gelang Dura aufzustehen und sich in die Menge einzureihen, die nach draußen strömte. Der Wutschrei des Magiers brach ab, als ein besonnener Gast – wahrscheinlich ein Meuchelmörder – ihn mit einem Dolch zum Schweigen brachte. Dennoch verließ Dura so schnell wie möglich die Schenke. Erst als er die Hegarllustraße bereits verlassen hatte, bemerkte Dura, daß er sämtliche Beute – darunter auch das Amulett – beim Sturz verloren hatte! Erschöpft setzte sich Dura an das Ufer des Ethkijops und beobachtete gedankenverloren die Strömung. Was ist in dieser verdammten Schenke geschehen? Dura wußte, daß er die verhängnisvollen Worte nicht ausgesprochen hatte! Aber genauso sicher war er sich, daß die Worte aus seinem Mund gekommen waren! Irgendwer hatte für kurze Zeit seinen Körper in Besitz genommen – aber warum, und vor allem wer? Dura wußte ja noch nicht einmal, was die Worte überhaupt bedeuten sollten. Verfluchter Abkömmling von San. San ... San ... wo hab ich dieses Wort nur schon mal gehört? Die Erkenntnis traf ihn beinahe schmerzhaft: Die verdammte Schriftrolle des alten Gelehrten! Dieselbe Macht, die ihn damals überwältigt hatte, mußte auch für den Vorfall gerade eben verantwortlich sein. Wer oder was war sie? Die Antwort explodierte förmlich in seinem Kopf: KHORMASH! Die Stimme verdrängte jeden Gedanken und jedes Gefühl so vollständig, daß Dura erst bemerkte in den Fluß gefallen zu sein, als er keine Luft mehr bekam. Nur instinktiv gelangte er wieder an die Oberfläche und ans Ufer. Zitternd kletterte er aus dem Fluß. Einen Erkenner, ich brauche einen Erkenner! Dura hatte keine Ahnung wer oder was Khormash war, aber er war sich sicher, daß er dieses Problem nur mit Hilfe einer Erkenner-Hypnose lösen konnte. Er hoffte nur, daß diese Macht, die von ihm Besitz zu ergreifen drohte, nicht auch auf den Erkennermagier so reagieren würde, wie in der Schenke. Aber dann wurde Dura realistischer: Es war inzwischen mitten in der Nacht und es war verdammt kalt. Wenn er nicht vorhatte herauszufinden, wie sein menschlicher Körper auf steif gefrorene Kleidung reagierte, sollte er zusehen, daß er schleunigst eine Übernachtungsmöglichkeit ausmachte. Obwohl das Stehlen mit nasser Kleidung wesentlich schwieriger war als unter normalen Umständen, hatte Dura schon bald genügend Geld zusammen, um sich eine Nacht samt Frühstück in einem mittelguten Gasthof zu leisten. Der Eigentümer war zwar zuerst etwas skeptisch, als Dura mit nasser Kleidung nach einer Unterkunft fragte, doch mit Hilfe des Geldes waren diese Anfangsschwierigkeiten schnell überwunden. Und nur kurze Zeit später fiel Dura in einen erschöpften Schlaf. Am nächsten Morgen (nach einem ergiebigen Frühstück) fragte Dura den Eigentümer nach dem besten Erkenner der Stadt. Der Eigentümer dachte einen kurzen Augenblick nach: „Das ist Meister Udon. Er wohnt nur drei Straßen weiter – aber ich habe gehört, daß er sich seine Dienste ziemlich bezahlen läßt. Daher würde ich Ihnen doch lieber Meister Sayun empfehlen. Er vielleicht nicht ganz so talentiert, dafür sind seine Preise angemessen.“ Dura nickte. „Ich danke Ihnen vielmals. Sollte ich länger in der Stadt bleiben, werde ich wieder in Ihre Schenke einkehren. Aber das kann ich Ihnen noch nicht versprechen.“ Mit diesen Worten verließ Dura den Gasthof. Er hatte vor Meister Udon aufzusuchen – für sein Problem brauchte er mit Sicherheit den besten Erkenner! Er machte sich keine Sorgen darüber, was geschehen würde, wenn Udon ihn als Dämonen entlarven würde: Erkennermagier beherrschten keinen Kampfzauber – sie konnten noch nicht einmal eine einfache Kerze zum brennen bringen oder einen Lufthauch zustande bringen! Erkenner waren nur in zwei Talenten ausgebildet: Dem Wahrheitszauber und dem Hypnosezauber. Der Hypnosezauber wurde vor allem dazu gebraucht, wichtige und geheime Nachrichten zu versenden, die keinem Fremden in die Hände fallen durften. Dazu wurde die Nachricht dem Kurier durch einen Erkenner eingesetzt und durch einen anderen wieder freigesetzt – die einzige bekannte Schwäche lag darin, daß ein möglicher Feind auch Erkenner einsetzte. Durch den Wahrheitszauber konnte jeder Erkenner jederzeit Wahrheit von Lüge unterscheiden – der Nachteil für die Erkenner lag darin, daß sie selbst nie die kleinste Lüge aussprechen konnten. Mit diesen Talenten war ein Erkenner genau das, was Dura jetzt brauchte! Mit Hilfe der Wegbeschreibung erreichte Dura schnell das Haus von Meister Udon. Er klopfte und ein bärtiger Zwerg öffnete die Tür. Dura verneigte sich höflich. „Ich möchte gerne mit dem Meister Udon sprechen.“ Der Zwerg drehte sich ohne ein Wort um und deutete mit der Hand in den hinteren Bereich des Hauses. „Vielen Dank.“ ,erwiderte Dura und ging in die gewiesene Richtung. Der Raum, den er betrat, war hell beleuchtet und in den Regalen standen Unmengen von Büchern, Vasen und künstlerischen Statuen. Alles in allem erhielt man den Eindruck von zur Schau gestelltem Wohlstand – der Erkenner ließ sich seine Dienste in der Tat einiges kosten. Dura sah sich nach einer Sitzgelegenheit um und überlegte, ob er nicht vielleicht ein wenig von diesen Reichtümern „mitnehmen“ sollte – das würde möglicherweise auch Caserus etwas beruhigen – nicht das Dura sich sonderlich viel Gedanken über den Zorn des Wettermagiers machte: Caserus kannte sein Geheimnis und würde es sich dreimal überlegen ehe er Dura bedrohen würde. Noch bevor Dura sich auf dem einzigen Stuhl niedergelassen hatte, betrat auch schon Meister Udon den Raum. Der Erkenner machte einen jungen Eindruck – Dura schätzte ihn auf nicht mehr als dreißig Jahre. Seine vornehme Kleidung paßte so hervorragend zu diesem Raum, daß es Dura verstärkt in den Fingern zuckte. Selbst Udons Stimme wies den typischen Klang des herablassenden Reichen auf: „Ich hoffe, Sie können für meine Dienst auch bezahlen. Schließlich muß ich ja auch noch für meinen Hauszwerg aufkommen. Eine Hypnose kostet dreihundert Danrys. Ein Wahrheitsgutachten zweihundertfünfzig. Wenn Sie diese Aufwandsentschädigung nicht bezahlen können, verlassen Sie bitte sofort wieder mein Haus – ich habe schließlich nicht unbegrenzt Zeit.“ Das war zuviel für Dura! Für einhundert Danrys konnte man das teuerste Haus in seiner Heimatstadt erwerben – einschließlich Dienerschaft! Zwar hatte Dura sowieso nicht vorgehabt irgendeinen Preis zu bezahlen – aber das hier war ja der reinste Wucher! Wütend packte er den erschrockenen Erkenner am Kragen: „Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Erkenner! Entweder Sie werden mir kostenlos helfen, oder Sie werden mich von einer Seite kennenlernen, die Sie gewiß nicht kennenlernen wollen. Es wäre sozusagen meine dämonische Seite. Sie wissen, daß ich die Wahrheit sage.“ Er ließ Udon los und fragte gelassen: „Nun, wie lautet Ihre Entscheidung?“ Meister Udon atmete tief ein, bevor er antwortete: „Ich denke, Ihr Angebot ist akzeptabel. Was kann ich für Sie tun, mein Herr?“ Dura erklärte es ihm: „Ich werde seit ungefähr drei Tagen von einer geistigen Macht verfolgt und ich habe den gerechtfertigten Verdacht, daß sie sich in meinem Geist festgesetzt hat. Ich möchte, daß Sie an mir eine Hypnose durchführen mit dem Ziel diese Macht zu identifizieren und wenn möglich ihre Ziele zu erfahren. Ach, und Meister Udon – versprechen Sie mir bitte klar und deutlich, daß Sie mich auch wieder aus der Hypnose erwecken werden!“ Mit zitternder Stimme versprach der Erkenner dieses zu tun. Zufrieden ließ sich Dura auf dem Boden nieder und folgte den Anweisungen von Udon. Allmählich senkte sich Müdigkeit über ihn. Als er wieder erwachte, fühlte sich Dura auf gewisse Weise verraten – er konnte sich schlichtweg an gar nichts erinnern und war abhängig davon das der Erkenner nichts von seinen Erkenntnissen zurückhielt. Nach einer Zeit des Schweigens fuhr Dura Udon wütend an: „Was ist nun? Was haben Sie heraus ...“ Die Worte blieben ihm im Halse stecken, als er seinen Blick auf den Erkenner richtete: Meister Udon saß ihm gegenüber auf dem Boden. Seine Augen waren glasig und sein Mund stand weit offen – Atemgeräusche oder Atembewegungen konnte Dura nicht feststellen! Verdammt! Was ist nun schon wieder schief gegangen?! Dura wollte aufspringen und davon laufen, doch in diesem Augenblick versagten ihm seine Muskeln den Dienst. Dura taumelte wieder zu Boden. „Dura ... Dura“ Entsetzt starrte er auf den Erkenner. Obwohl sich weder Mund noch Zunge bewegt hatten, war sich Dura sicher, daß die Stimme von Udon kam – auch wenn sie nichts mehr mit seiner eigentlichen Stimmlage zu tun hatte. „Dura ... kannst du mich verstehen?“ Er mußte schlucken und seine Lippen befeuchten ehe er antworten konnte: „Ich ... ich verstehe dich.“ „Das ist gut! Dura ... Dura. Ich habe so lange auf dich gewartet.“ „Auf mich gewartet? Wer ... wer bist du denn?“ „Mein Name ... mein Name ist Khormash.“ „Und was ... was möchtest du von mir?“ „Hör mir zu und unterbreche mich nicht! Ich bin ein Dämon wie du. Nein, nicht ganz wie du – ich bin ein echter und kein halber Dämon, aber das ist schon in Ordnung. Wichtig für dich ist die Tatsache, daß du in direkter Linie von Vater auf Sohn von mir abstammst. Unterbreche mich nicht, hab ich gesagt! Meine Zeit liegt nun schon mehr als sechstausend Jahre zurück. Ich habe den leibhaftigen Moridmael noch mit eigenen Augen gesehen – er entspricht übrigens überhaupt nicht den Legenden, die ich in deinem Gedächtnis gefunden habe! Als der Streifzug Moridmaels von den Ungläubigen aufgehalten und Moridmael selbst verraten wurde, verstreuten sich seine Anhänger in alle Windrichtungen. Schließlich gelangte ich in das Alte Reich von San. Dort lebten Elfen des ganz Alten Volkes – nicht zu vergleichen mit den Jammergestalten aus deinem Leben – friedlich mit den Menschen zusammen. Regiert wurden sie von dem Zirkel der Magier, der wiederum von dem Erzmagier von San beherrscht wurde. Ich ließ mich in der Nähe nieder und begann meine eigene Armee aus Dämonen um mich zu sammeln, denen ich die Lehren Moridmaels verkündete. Schließlich fühlten wir uns stark genug, Moridmaels Gerechtigkeit über die Ungläubigen von San zu bringen. Es sollte mein größter Fehler sein, daß ich die Macht der Magier unterschätzt habe. Ihnen gelang es das Volk zu einem erbittertem Widerstand aufzurufen und sie selbst waren erbitterte Krieger. Zweihundert Jahre dauerte der Krieg und kaum einer meiner Dämonen hatte überlebt. Zwar haben sich andere mir angeschlossen, doch diese waren an Kraft meiner ursprünglichen Garde weit unterlegen. Doch auch das Volk von San war geschwächt und viele Elfen waren in den Osten geflohen. So gelang es mir schließlich, in die Hauptstadt von San zu stoßen. Dort erwartete mich der Erzmagier! Der Kampf war lang und blutig und von der Stadt blieben nur Ruinen. Zuletzt warf ich den Ungläubigen zu Boden und zerschmetterte ihm den Kopf. Doch noch im Sterben hatte er die Kraft für einen gewaltigen Gegenschlag: Er verstieß mich aus der Realität und bannte die Stadt, so daß keiner meiner dämonischen Anhänger ins Zentrum stoßen und mich befreien konnte. Doch sein Bann hatte einen Effekt, den wohl auch der Erzmagier selbst nicht beabsichtigt hatte: Er hielt die Dämonen nicht nur davon ab, die Stadt zu betreten, sondern er verstieß die Dämonen, die es versuchten, ebenfalls in mein Gefängnis! Indem ich ihre Kraft in mich aufnahm, nährte ich mich dem Punkt, an dem ich mein Gefängnis von meinem Standort aus öffnen konnte. Es fehlen mir noch ungefähr fünf Dämonen der heutigen Stärke und ich wäre bereit, doch da gibt es ein Problem, bei dem nur du mir helfen kannst, mein halbmenschlicher Nachfahre: Es nützt nichts, das Gefängnis von hier aus zu öffnen, wenn es nicht gleichzeitig auch von der Stadt aus geöffnet wird! Aus diesem Grund bist du nur ein Halbdämon. In deiner menschlichen Gestalt kannst du die Stadt ohne Gefahr betreten und das Gefängnis öffnen. Wirst du das für mich tun, Dura?“ Dura konnte lange Zeit nicht sprechen. Sein Vorfahre – ein Prediger Moridmaels! Und er lebte noch immer! Ehrfurcht erfüllte ihn. Es war seine Pflicht Khormash zu befreien, aber ein Gedanke ließ ihn nicht los: „Was wird mit meiner Mutter geschehen, wenn ich dich befreie? Ich weiß sie ist nur ein Mensch, aber ich verdanke ihr viel. Sie hat mich in meiner Kindheit beschützt und verborgen, daß ich ein Dämon bin. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich schon früh umgebracht worden und ich möchte nicht, daß ihr etwas geschieht.“ „Ich verspreche dir, Dura, daß ihr nichts geschehen wird. Im Gegenteil: Sie wird einen Palast ihr eigen nennen, gegen den der Palast der Königsfamilie wie die Scheune eines heruntergekommenen Bauernhofes aussieht.“ „Ich werde dich befreien, Khormash!“ „Gut. Du mußt fünf oder sechs Dämonen mitnehmen, die mir die nötige Kraft geben. Führe sie in den Bannkreis um die „verfluchte Stadt“ (ein Historiker wird dir sagen können, wo sie liegt), aber betritt du diesen Kreis nur in deiner menschlichen Gestalt. Oh, vielleicht solltest du dir vorab eine Schwertkampfeinprägung beschaffen. Laut der Schriftrolle soll es im Bannkreis ziemlich tödliche Gefahren geben! Alles klar? Dann erwarte ich dich bald zu sehen. Ach ja. Bevor ich es vergesse: Diese Art der Kontaktaufnahme verbraucht eine ziemliche magische Energie, so daß du wohl bald Besuch von einigen Magiern bekommen wirst, die nach dem Rechten schauen wollen – aber ich denke damit wirst du fertig, oder?“ Mit dem letzten Wort stürzte der Körper des Erkenners zu Boden. Dura wußte, daß Meister Udon tot war – kein Mensch konnte es überleben, diese Macht in seinem Körper zu spüren. Selbst Dura war in der Höhle von ihr beinahe getötet worden. Er hörte, wie die Eingangstür aufgetreten wurde. Der Zwerg stieß einen wütenden Protestlaut aus, der aber schnell verstummte. Kurz darauf wurde auch die Tür zum Zimmer aufgestoßen. Dura war bereit! Bereits beim ersten Anzeichen hatte er seine menschliche Gestalt aufgegeben und als nun die Zimmertür aufging, stürzte er nach vorne. Ein Feuerball blendete ihn beinahe, doch der Formwandler ließ sich nicht aufhalten: Einen Magier schleuderte er durch das Fenster auf die Straße, einen zweiten erwischte er von hinten und brach ihm das Genick. Nun stürmten mehrere Gardisten das Haus. Dura wechselte seinen Standort mit der Schnelligkeit seiner Gedanken und überraschte die Gardisten von der Seite. Als der letzte von ihnen zu Boden sank, traf eine Energieladung seinen Rücken. Mit einem Röcheln stürzte Dura sich selbst verfluchend zu Boden. Wie konnte ich nur den Magier vergessen, den ich durch das Fenster befördert habe?! Als dieser nun leicht humpelnd aber mit einem grimmigem Lächeln das Haus betrat, lag Dura ganz still. „Na, du Höllengeburt? Hast wohl nicht damit gerechnet, mich noch mal wieder zu sehen, oder? Hast mich schlicht vergessen, wie? Nun, meine Lähmkugel scheint dich ja voll erwischt zu haben. Mach dich bereit, deinem Moridmael zu begegnen – in der untersten Hölle!“ Eine Feuerkugel nahm Gestalt an und zielte auf Duras Kopf. Dura bemühte sich um einen möglichst hilflosen Eindruck: Der Magier ging davon aus, daß der Formwandler am ganzen Körper gelähmt war, aber dem war nicht so! Zwar konnte Dura oberhalb der Hüfte nicht einmal mit den Augen zwinkern, aber seine Beine waren gar nicht betroffen. Als der Magier die Feuerkugel los gelassen hatte, reagierte Dura so schnell es ihm möglich war: Seine Beine rollten sich zur Seite und rissen den Oberkörper mit. Die Feuerkugel verfehlte Dura nur um Haaresbreite. Seine Beine sprangen auf und sein Oberkörper schlug gegen den Magier. Dieser taumelte zurück, während Dura durch den eigenen Schwung wieder zu Boden stürzte. Diesen Schwung ausnutzend stieß der Formwandler seine Beine gegen den Kopf des Magiers, der daraufhin ohnmächtig zu Boden stürzte. Ein weiteres Zucken des Beines und neben Dura lag nur noch eine Leiche. Allmählich ließ die Wirkung der Lähmung nach. Dura wandelte sich zurück in die Gestalt des menschlichen Jungen. Als er das Haus des Erkenners verlassen wollte, fiel ihm ein zuckendes Etwas unter der Fensterbank auf: Der Zwerg lebte noch! Ohne zu zögern packte Dura seinen Bart und zerrte den Zwerg hoch. „Mach sechs Dämonen ausfindig und sag ihnen, sie sollen sich in der kommenden Nacht in der Schenke „Zum tanzenden Dämon“ einfinden – sag ihnen, es handelt sich um einen Auftrag Moridmaels!“ Dura ließ den Zwerg los und verließ das Haus des Erkenners – er hatte nicht den geringsten Zweifel, daß der Zwerg tun würde, was er ihm aufgetragen hatte. Den Rest des Tages verbrachte Dura damit, sich in der Hauptstadt umzusehen und wieder an ein wenig Geld zu kommen. Während dieser Streifzüge bekam er immer wieder Gerüchte mit, die von einem durchgedrehten Magier berichteten, der letzte Nacht in der Hegarllustraße eine schenke in Brand gesetzt haben sollte. Je älter der Tag wurde, desto mehr Leute berichteten sogar davon, daß dieser Magier von den Toten auferstanden war und sich an einem wohlhabenden Erkenner gerächt hatte. Allerdings konnte keiner der Erzähler erklären, wie genau der Erkenner die Rachsucht des Magiers auf sich gezogen hatte. Dura machte einen bestürzten Eindruck, während er heimlich über diese Gerüchte lachte und dem jeweiligen Erzähler den Geldbeutel erleichterte. Nur ein Gerücht betrübte ihn leicht: Unter mysteriösen Umständen war bei dem Magier – genauer bei seiner ersten Leiche – ein wertvolles Amulett aufgetaucht. Am frühen Nachmittag machte Dura sich dann auf zu dem zweiten Erkenner den der Eigentümer des Gasthofes ihm empfohlen hatte, denn ihm war klar, daß er nur so die Dämonen von der Wahrheit seiner Geschichte überzeugen konnte. Meister Sayun war ein ganz anderer Typ von Erkenner als Udon es gewesen war: Bereits sein Haus machte einen schlichten dafür aber einladenden Eindruck. Meister Sayun selbst war ein fröhlicher Mann, der auch über sich selbst lachen konnte („Ach, wissen Sie, es ist teilweise ganz schön frustrierend Lügner zu entlarven, denn sie tun etwas, das ich selbst gerne können würde.“) Dura erklärte Sayun, daß er selbst ein Halbdämon war, der die Dienste eines Erkenners bei einem Geschäft mit anderen Dämonen benötigte. „Wären Sie dazu bereit, Meister Sayun?“ Der Erkenner zögerte nicht einen Augenblick: „Mensch, Dämon, ach was immer du auch bist, ich sage doch, du sollst mich Sayun nennen! Ich bin kein Meister, wirklich nicht. Ob ich Interesse habe, bei einer Versammlung von Dämonen anwesend zu sein? Was für eine dumme Frage! Natürlich bin ich dabei – sogar kostenlos! Aber nur, wenn du mir versprichst, daß ich mein Haus wieder lebend erreiche – oder sagen wir unter der Voraussetzung, daß du alles in deiner Macht stehende tun wirst, um dies zu gewährleisten!“ Dura versprach es gerne, denn er hatte Sayun in dieser kurzen Zeit richtig lieb gewonnen. Am Abend machten sich die beiden auf zur Hegarllustraße. Vor der Schenke „Zum tanzenden Dämon“ war es zu einer ziemlichen Panik gekommen. „Es sind zwei Dämonen in der Schenke! Gestern dieser verrückte Magier und heute echte Dämonen!“ Die Schreie wurden noch schriller, als drei weitere Dämonen sich rücksichtslos ihren Weg durch die Menge bahnte. „Hab keine Angst, Sayun. Ich werde jetzt ebenfalls meine Dämonengestalt annehmen.“ ,flüsterte Dura seinem Begleiter zu. Der Erkenner nickte nur aufgeregt. Erst als er die zwei Meter Gestalt neben sich richtig wahrnahm, wurden seine Augen groß. Die Menschen in der Hegarllustraße gelangten inzwischen zu der Auffassung, daß sie diese Nacht doch lieber an anderen Orten verbringen wollten – erst recht als noch ein weiterer zwei Meter-Dämon mit blauer Haut und grünen Haaren auftauchte. Dura betrat gemeinsam mit dem anderen Dämon und Sayun die Schenke, an deren Eingang die zerquetschte Leiche des Türstehers lag. Der grünhaarige Dämon knurrte Sayun wütend an: „Wenn du nicht auch so enden willst verschwindest du besser, Menschlein! Hier ist heute geschlossene Gesellschaft.“ Ohne auch nur ein Wort zu sagen, packte Dura den anderen Dämon und schleuderte ihn in die Schenke. Drinnen wirbelten fünf Dämonen zum Eingang herum und beobachteten eher erstaunt als verängstigt, wie sich der sechste von ihnen wieder aufraffte. Nicht zwei von ihnen gehörten der gleichen Art an: Neben dem Grünharrigen stand eine ungefähr gleich große Feuergeißel. Zudem machte Dura noch einen gehörnten Hundeskopf, einen jungen Rapturen, eine grauhaarige Löwensphinx und einen geflügelten Steindämonen aus. Sie alle starrten Dura an – nur der Grünhaarige machte Anstalten sich auf Dura stürzen zu wollen. Doch Dura kam ihm zuvor: „Im Namen Moridmaels! Ich habe dieses Treffen verlangt und ich habe diesen Menschen mitgebracht, der ein Erkennermagier ist. Er wird weder jetzt noch später von einem Teilnehmer dieses Treffens getötet oder auch nur verletzt werden!“ Der Grünhaarige wollte sich nicht beruhigen lassen: „Du bist nichts als ein stinkender Halbmensch! Welches Recht hast du im Namen Moridmaels zu sprechen?“ Auch die anderen fünf Dämonen machten einen unwilligen Eindruck – sie konnten jeden Moment über Dura herfallen. Dura machte sich keine Illusionen: Wenn wirklich alle sechs gegen ihn vorgingen, würde er nicht länger überleben, als sie es wollten. Dennoch – oder gerade deswegen – ließ er sich nicht in die Defensive treiben. „Wo ist der Zwerg?“ ,fragte er. Diese Mißachtung war zuviel für den Grünhaarigen. „Er klebt an der rechten Wand meiner Höhle! Hast du etwa was dagegen, Halbmensch?“ Weitere Worte würden nur dazu führen, daß Dura an Boden und damit wahrscheinlich auch sein Leben verlieren würde. Daher entschloß sich der Formwandler zu handeln: Mit der ihm eigenen Geschwindigkeit überwand er den Abstand zum Grünhaarigen in weniger als einem Augenzwinkern und packte den Kopf seines Gegners so das seine Daumen das rechte Auge des Grünharrigen berührten. „Wenn du auch nur daran denkst mit einem Finger zu zucken, werde ich dich blenden! Ich mag vielleicht nur ein halber Dämon sein, aber von deiner Art steck ich zehn in die Tasche, bevor einer von ihnen auch nur „O“ sagen kann! Soll ich dich nun einen zwanzigstel-Dämon nennen, oder willst du mir – zumindest für die Dauer dieses Treffens – zugestehen, ein vollwertiger Dämon zu sein?“ Jetzt brauchte er nur noch abzuwarten. „Okay, das reicht, Halbmensch!“ Es war die Löwensphinx, die das Wort ergriff. „Wir sehen, daß du nicht durch deine menschliche Hälfte geschwächt bist. Magst du also innerhalb dieser Runde als vollwertiges Mitglied gelten. Mein Name ist Syra und der Blauhäutige, den du da festhältst , hört auf den Namen Locis.“ Auch die anderen vier Dämonen stellten sich zufriedengestellt vor. Nachdem auch Dura seinen Namen genannt und Sayun vorgestellt hatte, setzten sich die acht an die Theke, hinter der die Leiche des Wirtes lag. Auch an anderen Stellen der Schenke lagen die Leichen von den Menschen, die nicht rechtzeitig entkommen waren. Doch weder Dura noch Sayun beachteten sie weiter. „Ich werde mich kurz fassen.“ ,versprach Dura und gab dann den Bericht weiter, den er selbst von Khormash erhalten hatte. Er ließ nichts aus, abgesehen von der Tatsache, daß Dämonen den Bannkreis nicht betreten konnten, ohne in das Gefängnis gestoßen zu werden. Es fiel keinem der sechs Dämonen auf. Da der Erkenner klar und deutlich bestätigte, daß es sich bei diesem Bericht um die Wahrheit handelte, waren die Dämonen schnell überzeugt. „Ich habe vor meinen ruhmreichen Vorfahren – einen Prediger Moridmaels – aus seinem Gefängnis zu befreien! Die Frage, die ich euch nun stelle ist einfach: Wollt ihr mir dabei helfen? Wenn ja, so kann ich euch versichern, daß ihr eine äußerst wichtige Rolle spielen werdet!“ Das war keine Lüge. Die Dämonen zögerten keinen Moment. „Wir werden dir helfen, Halbmensch!“ ,erklärte Syra mit fester Stimme. Die anderen fünf nickten. „Wann brechen wir auf?“ Dura antwortete sofort: „Morgen abend. Ich werde einen Magier suchen, der uns direkt an den Bannkreis der Stadt teleportieren kann. Wir treffen uns wieder ...“ Sayun fiel ihm ins Wort: „Wir treffen uns bei mir im Haus!“ Alle sieben Dämonen sahen den Erkenner erstaunt an. Dieser richtete sein Wort vor allem an Dura: „Denk doch mal nach! Diese Schenke wird allmählich berühmt für mysteriöse Ereignisse. Das ist kein guter Ort, um eine solche Aktion zu starten!“ Dura nickte, obwohl er noch immer nicht verstand, warum Sayun ihn unterstützen wollte. „Er hat recht! Wir treffen uns also morgen abend in dem Haus des Erkenners. Ich wünsche Euch noch eine schöne Nacht.“ Die sechs Dämonen erwiderten den Abschiedsgruß und Dura verließ zusammen mit Sayun die Schenke. Draußen nahm er wieder die Gestalt des Jungen an. Sie hatten die Hegarllustraße gerade verlassen, als ihnen eine Gruppe Gardisten entgegen kam. Dura hätte darauf wetten können, daß ihr Ziel die Schenke „Zum tanzenden Dämon“ war – und das sie dort eine blutige Erfahrung machen würden! Er wandte sich an seinen Begleiter: „Ich brauche bis morgen nicht nur einen Teleportationszauber, sondern auch einen Historiker, der mir sagen kann wo diese verdammte Stadt überhaupt liegt, und einen Einpräger, der mir die Fähigkeiten eines Schwertkämpfers einprägt.“ Sayun nickte: „Ich kann einen Magier zu mir bestellen, der sowohl die Fähigkeit des Teleportationszauber hat und auch historisch gebildet ist – zudem beherrscht er nicht mehr Kampfmagie als ich. Was den Schwertkampf angeht, so sollte eigentlich auch eine etwas kompliziertere Hypnose ausreichen, die ich selbst beherrsche.“ Dura klopfte dem Erkenner auf die Schulter: „Ich bin froh, daß ich dich getroffen habe und du mir helfen willst! Allerdings verstehe ich es auch nicht ganz. Du weißt doch was ich vorhabe, warum also hilfst du mir so bereitwillig?“ „Das werde ich dir zu gegebener Zeit erklären, Dura.“ Der Junge sah Sayun verwundert an, beließ es aber dabei. Am Abend trafen die sechs Dämonen im Haus des Erkenners ein. Sayun hatte Dura inzwischen die Fähigkeiten eines Schwertkämpfers verliehen und auch der Magier für die Teleportation war eingetroffen. Sayun hatte diesen, nachdem er ein Tor an den Rand des Bannkreises geöffnet hatte, mit einer leichten Hypnose belegt, so daß er seine Umgebung nur schattenhaft mitbekommen konnte. „Es ist soweit!“ ,erklärte Dura, „Laßt uns Khormash befreien!“ Der grünhaarige Locis war skeptisch: „Warum gehst du als Mensch dorthin?“ Dura bemühte sich um einen gelangweilten Eindruck, der vermitteln sollte, daß er das Offensichtliche erklärte: „Wir müssen auf alle Situationen vorbereitet sein, Locis. Und es könnte auch zu einer Situation kommen, in der es von Vorteil ist, daß ich eine menschliche Gestalt habe.“ Bitte frag mich jetzt nicht, was für eine Situation das sein soll! Bitte frag nicht, Locis! ,flehte Dura in Gedanken. Syra rettete ihn. „Nun mach hier nicht so ein Aufstand, Locis“ ,fauchte die Löwensphinx, „Dura wird schon wissen, was er tut! Ein Erkenner hat bestätigt, daß wir aufeinander angewiesen sind. Er wird uns also nicht betrügen. Und jetzt durch mit dir!“ Mürrisch durchschritt Locis das Tor. Ihm folgte zuerst Syra und dann die anderen vier Dämonen. Zuletzt wollte Dura durch das Tor gehen, doch Sayun hielt ihn auf: „Warte einen Moment, Dura. Ich muß dir noch etwas wichtiges mitteilen!“ Dura sah ihn ungehalten an: „Fällt dir das nicht ein wenig spät ein, Sayun?“ „Es ist genau der richtige Augenblick, Dura! Khormash hat dir nicht alles erzählt. Als du den anderen Dämonen gestern wiedergegeben hast, was du von Khormash erfahren hast, habe ich es ganz deutlich gespürt!“ „Was hast du gespürt, Sayun? Willst du behaupten, er hätte mich angelogen? Das ich gar nicht sein Nachfahre bin? Das kannst du nicht behaupten, denn ich weiß, daß es die Wahrheit ist – und du kannst nicht lügen!“ „Ich kann nicht lügen.“ ,stimmte Sayun zu. „Und Khormash hat dir die Wahrheit gesagt – aber nur zu einem bestimmten Teil! Dura, du bist nicht nur ein direkter Nachkomme von Khormash! In direkter Linie von Mutter auf Tochter stammst du von der erstgeborenen Tochter des Erzmagiers von San ab! Du bist der Nachkomme beider Parteien!“ Dura erstarrte. Er wollte es nicht wahrhaben, aber genauso wie er wußte, daß er ein Nachfahre von Khormash war, genauso spürte er die Wahrheit in den Worten des Erkenners. „Dura.“ Sayun flüsterte beinahe. „Dura, du mußt Khormash jetzt befreien, denn wenn du es nicht tust, wird es irgendwann ein anderer tun. Aber wenn er befreit ist, mußt du dich entscheiden: Entweder du unterstützt ihn als männlicher Dämon, oder du stellst dich ihm als menschliche Zauberin entgegen! Wie immer du dich entscheidest, es wird eine endgültige Entscheidung sein. Ich wünsche dir viel Glück! Und jetzt GEH!“ Verzweifelt sprang Dura durch das Tor. Auf der anderen Seite sah er sich einem Sumpf gegenüber, der Dünste des Todes abzusondern schien – von den sechs Dämonen war nichts zu sehen. Von Zweifeln erfüllt begann sich Dura seinen Weg zur „verfluchten Stadt“ zu suchen – ein passender Name, wie er fand. Kaum war Dura über die Grenze des Umkreises getreten, den Khormash den „Bannkreis“ genannt hatte, drängte sich Khormash erneut in seinen Geist. „Die sechs Dämonen sind bei mir angekommen, Dura. Ich danke dir, mein halbmenschlicher Nachfahre. Jetzt habe ich genügend Kraft, um das Gefängnis von meiner Seite aus zu öffnen. Um das Gefängnis auch von dir aus zu öffnen, mußt du dich mit dem Artefakt in das Zentrum der Stadt begeben und ...“ „Entschuldige bitte das ich dich unterbreche, geehrter Ahn“ ,wagte Dura ihn zu unterbrechen, „aber von welchem Artefakt sprichst du?“ „Na, das Artefakt, das du bei der Schriftrolle gefunden hast und nun mit in die Stadt gebracht hast. Und nun höre mir weiter zu!“ Obwohl Khormash leicht zornig klang, wagte Dura ihn erneut zu unterbrechen. „Es tut mir leid, geehrter Ahn, aber ich habe weder die Schriftrolle bei mir noch irgendein Artefakt.“ Schweigen antwortete ihm und Dura begann zu hoffen, daß er doch nicht die grausame Entscheidung treffen mußte, die Sayun ihm prophezeit hatte. Wenn ich das Gefängnis nicht öffnen kann, brauche ich mich auch nicht entscheiden, ob ich nun meine dämonische oder meine menschliche Seite aufgebe. Und selbst wenn ich das Gefängnis öffnen könnte, warum sollte ich es tun? Nur weil es irgendwann sowieso einer tun wird. Na und, soll sich derjenige doch mit den Folgen herumschlagen! Aber Khormash ist mein Vorfahre und ein Prediger Moridmaels – und er wird meine Mutter am Leben lassen! Oh, verflucht! Noch immer hatte Khormash nicht geantwortet und so drehte sich Dura langsam wieder um. Er hatte es versucht, weder Khormash noch Sayun hatten ihm etwas von einem Artefakt erzählt. Also hatten sie selbst Schuld, genau so war es! „DURA!“ Der Junge stürzte wimmernd zu Boden, als die volle Macht Khormashs in seinem Kopf explodierte. „DURA. HAST DU ETWA VOR MICH ZU BETRÜGEN? MICH! DEINEN EIGENEN VORFAHREN! ICH SPÜRE DAS ARTEFAKT GANZ IN DER NÄHE! WER AUSSER DIR SOLLTE ES GERADE JETZT IN DIE STADT BRINGEN, KANNST DU MIR DAS VERRATEN?!“ Dura hatte das Gefühl sein Kopf würde jeden Moment platzen. „Geehrter Ahn“ ,wimmerte er, „geehrter Ahn. Ich schwöre beim Namen Moridmaels, daß ich das Artefakt nicht bei mir habe. Aber ich werde es suchen, geehrter Ahn, ich werde es suchen.“ „Gut. Dann bin ich zufrieden. Enttäusche mich nicht, Dura.“ Duras Kopf gehörte wieder ihm alleine. Er konnte die Tränen der Erleichterung nicht zurückhalten. Doch schließlich riß er sich zusammen und machte sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Artefakt. Kurze Zeit später machte Dura eine erstaunliche Entdeckung: Vor ihm lief eine frische Fußspur! Genauer gesagt waren es sogar zwei Fußspuren! Eine hatte in etwa die Größe eines Menschen obwohl sie auf einen eher schlurfenden Gang hinwies. Die andere Spur ähnelte dem eines Kindes oder eines ... eines Kobolds! Altruin und Knurz! Dura war sich sicher, daß es sich um die beiden handelte, die er kurz in der Höhle am Tarsei-Paß getroffen hatte. Und genauso sicher war er sich, daß sie es waren, die das Artefakt – was immer es auch sein mochte – mitgebracht hatten. Ich hätte sie in dieser verdammten Höhle umbringen sollen! ,fluchte er vor sich hin, während ihm eine Frage nicht aus dem Kopf ging: Wie im Namen Moridmaels waren die beiden hierhin gekommen? --- Starker Wind pfiff Altruin immer noch um die Ohren, aber es war schon wieder merklich wärmer geworden und der Schnee schmolz schon langsam – er beeilte sich also, um dieses Gebiet schnellstmöglich zu verlassen, wer weiß, wann die Mücken wieder herauskriechen würden. Er streckte seine Hand aus, um seinen Hut tiefer ins Gesicht zu ziehen, mußte aber feststellen, das er sich nicht an gewohntem Orte befand. Nanu, wo ist denn der schon wieder hingekommen, er hatte ihn doch nicht in der Höhle liegengelassen? – Nein. Da war er sich sicher, vielleicht hatte ihn dieser Kobold an sich genommen, der sich so mit seinen Fähigkeiten aufgeplustert hatte? Ha. Mit der Magie die Kobolde innehatten, war es auch keine Kunst ein Feuer zu machen..., ja, Kobolde- es hieß doch, dass sie gerne Menschen ärgerten und ihnen Streiche spielten...er mußte es gewesen sein. Nunja, so klapprig wie das Männlein ausgesehen hatte würde es vielleicht ganz gut sein, wenn es einen Schutz für die Kälte hatte, schließlich konnte man mit Magie nicht alles erreichen – andererseits – es war sein Lieblingshut gewesen und jetzt fror er an seinem spärlich bedeckten Schädel, zum Zurückgehen hatte er allerdings keine Zeit mehr... Wie er so seinen Gedanken nachhing kam er schnell von seiner Verärgerung getrieben voran und erreichte bald die letzten Ausläufer des Gebirgspasses, an denen der Weg sich aufspaltete. Wohin mußte er sich jetzt wenden? Altruin griff in seine Tasche, um die Karte herauszuholen, die der Bote zusammen mit dem Schreiben von Tondrian gebracht hatte – doch sie befand sich nicht mehr an der erwarteten Stelle. Verärgert setzte er seine Tasche ab und begann darin herumzuwühlen, jedoch ohne Erfolg. „Auf den Kopf damit! Die Tasche kann sie doch nicht gefressen haben.“ Und schon rollten diverse und kuriose Gegenstände aus dem Beutel, nur – die Karte eben nicht. „Verdammt und zugenäht !!!“ Warum war man in dieser Gegend noch nicht darauf gekommen, Wegweiser aufzustellen? Wenn er wieder zu hause war würde er ein paar Handwerker beauftragen, dies nachzuholen, doch das würde ihm jetzt auch nicht weiterhelfen. Nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hat, fängt er langsam wieder an, seine Sachen in den Beutel zurück zu räumen, wobei ihm auf einmal das Futteral mit der Schriftrolle ins Auge fällt. Mit den Worten: „Hab ich sie etwa hier hineingetan?“ öffnete er sie und vertiefte sich in das Studium der rätselhaften Zeichen, die man bei Tageslicht nun besser erkennen konnte. „JAAAAA, jajajajah...das hier steht für einen Dämon – und dies für einen Magiekundigen.“ er schüttelt den Kopf, „Wie könnte es anders sein, über Gelehrte scheint noch nie jemand einen Text verfassen zu wollen, obwohl dies viel lohnender wäre, PAH!“ und beugt sich wieder darüber. „hier steht etwas über eine Quelle der Macht, die das magische Potential eröffnen oder verstärken kann...interessant...darum schien es in dieser Schlacht zu gehen... was hieß nochmal eliadur? – elia...“ „Nun, das Kartenlesen solltest du mittlerweile aber besser beherrschen, alter Freund!“ ertönte plötzlich eine Stimme hinter seinem Rücken. „..AAAAH“ zuckt Altruin zusammen und läßt vor Schreck das Futteral fallen, das unsanft auf den Boden prallt. „wie kannst du mich nur so erschrecken ! Wegen dir bekomme ich nochmal ein Herzgewitter. Warum bist du überhaupt hierher gekommen, doch sicher nicht, um mir wie ein kleiner Schuljunge aufzulauern, oder?“ Tondrian zog seine linke Augenbraue fast bis zu seinem gerade geschnittenen, schwarzen Haaransatz. „Nun, sagen wir so: die Wahrscheinlichkeit für eine Unregelmäßigkeit im Zusammenhang einer Reise von dir zu mir, unter Berücksichtigung deiner Physiologie und Psychologie, selbst unter Zuhilfenahme adäquater Werkzeuge, die zu einem Versagen des Systems und somit zu einem eklatanten Mißerfolg führen würde, lag bei über 97,6%, selbst unter Verifikation eines „glücklichen Zufalls“, obwohl dies natürlich nur eine sehr ungenaue Schätzung ist...“ „Hääh?“ – „Außerdem brachte ein Bote des Königreichs Saacher die Nachricht über ein Unglück auf genau dem Weg zum Tarsei-Paß, den du zu nehmen gedenken würdest, was die Chance auf einen Mißerfolg –offensichtlich- exponentiell ansteigen ließ, und so entschloß ich mich selbst nach dem rechten zu sehen.“ „Äh, ja sehr freundlich von dir, was für ein UNGLÜCK meinst Du, außer daß mir in dem Unwetter auf dem Paß fast mein A.... abgefroren wäre?“ „Du weißt natürlich noch nichts davon, aber eine Karawane mit über 200 Leuten wurde kurzfristig und anscheinend brutal exekutiert, dabei hat man jedoch keine Spuren von einer Meute wilder Tiere gefunden, obwohl die Verletzungen nach einem Tier mit großer Kraft und scharfen Krallen aussahen. Für mich ist es trivial, daß es sich hierbei um ein Monster, eventuell unnatürlicher Herkunft handeln muß.“ Altruin reißt die Augen auf: „Ich habe außer den Mücken im Sumpf aber keine Monster gesehen. Kann es keine Räuberbande gewesen sein?“ und fängt an sich wieder zu kratzen, als ihm die Stiche wieder einfallen. „Nein. Unwahrscheinlich, denn die Karawane war hinreichend bewaffnet und hätte zumindest ein paar von ihnen mit in den Tod nehmen müssen. Außerdem, hast du schon wieder die Wunden vergessen, die ich erwähnte?“ „Jaja, du hast ja recht. Aber was ist nun mit der Sache, wegen der du extra nach mir geschickt hast? Diese extraordinäre, weltbewegende, umwerfende,....“ Tondrian schließt die Augen, faltet die Hände mit aneinandergelegten Zeigefingern und schüttelt den Kopf. „Ich glaube, ich muß mich für meinen Gehilfen und Schreiberling entschuldigen, er neigt häufiger zu –ähäm- leichten Übertreibungen, wenn es um meine Entdeckungen geht.“ Altruins Brauen verdunkeln die Augenhöhlen und eine steile Falte bildet sich zwischen ihnen, aber er schweigt und hört weiter zu. „Ich habe mich in letzter Zeit – nicht ganz uneigennützig – mit der Behandlung von Allergien beschäftigt. Du weißt doch, welche Reaktion deine Haustiere der Gattung Felidae bei mir für Reaktionen auslösen – und ich wollte mich endlich mal wieder in der Lage sehen, ausgiebige Forschungen in deiner Bibliothek zu betreiben, ohne...“ –„Soll das etwa heißen, daß du meine Lieblinge nicht magst???“ – „Nein, aber du weißt doch wie unpäßlich ich bei meinem letzten Besuch bei dir war“ er errötet leicht, „ich wollte dich nur bitten, diese universell wirkende Mittel mitzunehmen und einmal zu testen, bei jemandem der nur leichte allergische Reaktionen zeigt, und es ungefährlich ist.“ Altruin läuft langsam nun doch rot an und explodiert: „UnddafürbinichextradenganzenweitenWeg, vorbeiandiesenScheißmücken, demUnwetterundderGEFAHREINESMONSTERSAUSGESETZTGEWESEN, NURDAMITICHVERSUCHSKANINCHENFÜRDICHSPIELENSOLL???“ Tondrian nimmt den Wutausbruch gelassen hin und zieht nur seine Augenbrauen ein Stück höher, um dann zu antworten: „Eine verständliche, aber durchaus unangemessene Reaktion, zumal der Schuldtragende nicht vor Ort ist, du aus freiem Willen hier bist und ich dich zu keiner Handlung zwingen will. Du kannst dich also wieder beruhigen.“ Altruin atmet ein paarmal heftig ein und aus, scheint sich aber wieder gefaßt zu haben. „Hilft sie wenigstens gegen Mückenstiche?“, knurrt er, „dann nehme ich was davon.“ – „Ich weiß es nicht, aber hier hast du ein paar Anwendungen. Ich wäre dir übrigens dankbar, wenn du mich über die Qualität und Quantität der Auswirkungen unterrichten könntest. Ich werde Henrietta mit deinem Einverständnis auch noch daran erinnern. Hier nimm.“ Altruin wird sich wieder des Pergaments bewußt, daß er noch in den Händen hält, löst vorsichtig seine verkrampften Finger darum und steckt es behutsam zurück ins Futteral. Dann nimmt er die Tonkrüglein entgegen und verstaut sie in seinem Beutel. „Sag mal, Tondrian, was weißt du eigentlich über Khormash-San?“ „Nicht soviel wie ich gerne hätte, aber du weißt das wir nicht die Zeit haben uns um alles zu kümmern, man muß halt Prioritäten setzen, und bei mir liegen sie in der Kultivierung des Geistes, des Heilens, des...“ –„Und was genau weißt Du nun?“ Tondrian scheint etwas verstimmt darüber, das er ihn nicht ausreden ließ, antwortet aber: „es heißt, das die Schlacht zwischen Khormash, einem Wesen mit schwarzer Magie und San, einem Weißmagier an einem Ort hier in der Gegend stattgefunden haben soll. Es gab damals einen langen Krieg zwischen den Anhängern beider Parteien. Und nun ging es darum, ein Artefakt zu erringen, das verborgenes magisches Potential freisetzen sollte und somit auch bestehendes verstärken“, er verfällt langsam in einen salbungsvollen, geheimnisverkündenden Tonfall, „ein Artefakt, geschaffen von den Elfen des alten Volkes. Beide hatten von der Macht und dem vergessenen Ort des Artefaktes in der alten Elfenhauptstadt nahe dem Osterzgebirge erfahren und wollten es nun für ihre Zwecke nutzen. So kam es zur letztendlichen Auseinandersetzung“ er unterbricht sich und erzählt gelangweilt weiter: „bla,bla, jaja du kennst ja solche Legenden. Ich glaube irgendwelche Elfen hatten da auch noch ihre Finger drin, wie meistens wenn es um sowas geht. Ich persönlich halte mehr von Fakten, die unverfälscht das Vergangene dokumentieren, nicht stilisieren, übertreiben...“ – „Ja, aber wie ging es nun aus?“ Tondrian seuft: „Wie jedesmal in solchen Geschichten: das Böse wird durch die letzte Kraft des Guten an diesen Ort gebunden, eingekerkert für die Ewigkeit, doch auch die Kraft des Guten muß nun hier bleiben, es ist nicht genau überliefert ob er überlebte oder sich opferte, je nach Phantasievermögen der Erzähler. Warum interessierst du dich überhaupt dafür?“ Altruin druckst ein bißchen herum: „Nunja, ich habe da so ein altes Dokument gefunden... und...da ich schonmal hier bin...“ – „Ich verstehe –hast du es dir in den Kopf gesetzt nach dieser „Fata Morgana“ zu suchen. Da ich weiß wie –„schwer von deinen Entscheidungen abzubringen“- du bist, möchte ich dir nur noch Eins mit auf den Weg geben: Sie dich vor, vor diesem Monster. Die königliche Garde wurde ausgeschickt um mit Spürhunden seine Fährte aufzunehmen, offensichtlich ist es auch über den Paß gekommen. Sie hoffen ein bestimmtes Amulett zu finden, das als Geschenk für die Prinzessin gedacht war, sich aber nicht mehr bei den Leichen befand. Außerdem probiere bitte bei Gelegenheit meine Mischung aus, ich wäre dir wirklich dankbar!“ Tondrian schaute Altruin ernst an, bis dieser nickte und wandte sich dann erleichtert zum Gehen. Dann drehte er sich noch einmal um und sagte: „Das Gebiet indem um das sich die Legenden ranken, liegt im Osten und bevor du losgehst solltest du noch den Rest deiner Sachen einsammeln, dort liegt noch der Verschluß eines Futterals und Allerlei.“ Damit wandte er sich nun letztendlich um und ließ Altruin alleine. Er setze sich wieder auf seinem Stein, um in Ruhe zu überlegen und fischte den Verschluß des Futteral vom Boden. Dabei fiel ihm etwas daraus in die Hand. Nanu, ein Ring? Woher kam der denn? Er drehte den Verschluß so, daß er hineinsehen konnte: Tatsächlich, dieser hatte einen doppelten Boden gehabt, indem der Ring verborgen war. Wieso war ihm das nicht vorher aufgefallen? Nein, es konnte sich um kein Hirngespinnst handeln, der mit Elfenrunen verzierte Siegelring war real, ebenso wie die Karte mit Sicherheit aus der fraglichen Zeit stammte, er konnte es in seinen Knochen spüren. Aufregung erfaßte ihn. Vielleicht konnte er selbst endlich in die Geschichte eingehen, oder besser, das Artefakt finden, erforschen und... Ja, viele Möglichkeiten, die sich aber nur bieten würden, wenn er sich jetzt gleich auf den Weg machen würde. Er steckte, den Ring auf den Finger, sicher war sicher, und die Kappe auf das Futteral zurück und machte sich ohne weiteren Aufenthalt auf den Weg nach Norden, ähhh Osten. Nach einigen Tagen mühseliger Reise erreicht er schließlich den Fluß, der laut der Karte in die vergessene Stadt führen sollte und beglückwünschte sich zu seiner genialen Idee ihm einfach bis zum Ziel zu folgen, anstatt die gesamte Landschaft absuchen zu müssen. Mittlerweile hatte er schon fast wieder Routine entwickelt, ein Lagerfeuer zu entzünden: Nachdem er sich am ersten Abend wieder abgequält hatte mit seinen in einem Regenguß feucht gewordenen Zündhölzern, war ihm in den Sinn gekommen daß es ja auch irgendwie mit Reibung ging. Völlig aus der Puste wollte er nach zwanzig anstrengenden Minuten schon aufgeben, starrte voller Wut den nicht brennen-wollenden Ast an, als er plötzlich wie aus dem Nichts Feuer fing! Voller Schreck ließ er den Ast fallen, der sofort wieder erlosch. Seltsam, dieser blöde Ast – der nun wieder zu glimmen anfing – wollte der ihn etwa foppen? – es bildeten sich Flammen – Natürlich! Er mußte sich nur stark genug voller Wut auf den Ast konzentrieren, dann klappte es. Er konnte sich zwar nicht mehr daran erinnern, daß es damals auch auf diese Weise ging- aber er hatte ja auch schon andere Sachen vergessen.. Vielleicht hing es ja mit der angeblichen Intelligenz von Pflanzen zusammen, das der Ring dabei heiß wurde, mußte an der Leitfähigkeit von Metall liegen, ach, er mußte Tondrian danach fragen. Und so kultivierte er diese neue Technik. Nach einer halben Tagesreise änderte sich langsam die Landschaft: Der Wald, vorher noch auf der Karte verzeichnet, lichtete sich hier nun zusehends, die Blätter der Bäume waren gelb und die Stämme verkrüppelt. Je weiter er kam, desto seltsamer wurde es: Der Wald war nun, bis auf einige vereinzelte schwarze Stämme ganz verschwunden, die ihre Äste wie Finger mahnend in die Höhe streckten, der Fluß war gelb und zum Teil mit Schaum bedeckt und es fanden sich immer mehr Wucherpflanzen an seinen Ufern, die bunt schillerten und eklig stanken. Es tauchten jetzt auch alte, wie verbrannt aussehende Steine auf, die sich als Ruinen entpuppten. Eine beunruhigende Stille lag in der Luft und es fiel ihm erst jetzt auf, daß er seit längerem schon keine Tiere mehr gesehen hatte – nur ein leichtes Sirren war zu vernehmen – hoffentlich keine Mücken! Jetzt wo es ihm einfiel begannen auch seine alten Stiche wieder zu jucken. Er quälte sich langsam und lustlos weiter durch die Einöde. Was hatte Tondrian ihm da eingebrockt! Schließlich war er seinetwegen hier gelandet! ...Tondrian, aber ja! Er hatte ihm ja das Mittelchen gegeben und Altruin hielt es nun für angebracht seine Wirksamkeit zu testen. Also holte er das Tonkrüglein hervor und behandelte seine Stiche damit. „Will hoffen das es schnell wirkt...“ knurrte er dabei. Er hatte sich für die Behandlung kurzerhand auf eine der übriggebliebenen Grundmauern von was auch immer gesetzt und verrenkte sich nun, um auch wirklich alle Stellen zu erreichen. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Nicht sehr laut, aber es war das erste Mal in diesem Bereich. Argwöhnisch schaute er sich um denn er fühlte sich jetzt auch noch beobachtet – wer weiß was in dieser Wildnis überlebt hat? Es konnte auf jeden Fall nichts Freundliches sein und schon gar kein Pflanzenfresser, denn selbst die hartnäckigsten Gewächse waren hier jetzt verschwunden und der Fluß war ausgetrocknet – Kein Wasser, kein Leben! Hier konnte nichts überlebt haben, -oder? Vielleicht waren auch einfach nur seine Nerven von der langen Reise überspannt und er hatte sich verhört, oder... Nunja, weiterkommen und es herausfinden würde er nur, wenn er sich jetzt langsam mal wieder auf den Weg machte. Die Stiche hatten nun auch aufgehört zu jucken und er nahm noch einen kräftigen Schluck aus seinem Wasserschlauch, bevor er weiter dem Flußbett folgte. Der Boden sah mittlerweile aus wie glasiert, als hätte eine große Hitze ihn geschmolzen und die Ruinen sahen ebenso aus – es mußten hier gewaltige Kräfte am Werk gewesen sein. Langsam fing er an zu zweifeln, ob er überhaupt in die richtige Richtung ging und nicht lieber umdrehen sollte, als es auf seinem Körper plötzlich überall anfing zu kribbeln. „Wenn ich Tondrian erwische, er hat mir nichts von Nebenwirkungen gesagt...“ doch dann fiel ihm auf, das der Ring auf seinem Finger leicht zu leuchten anfing und das Gefühl von ihm ausging. Es wurde stärker, je weiter er auf das vermeintliche Stadtzentrum zuging, denn die Ruinen standen hier dichter. „Merkwürdig...vielleicht bin ich doch nicht auf dem falschen Weg.“ Vorsichtig und nach den Seiten umsehend ging Altruin nun weiter. --- R ingsumher lag das Land wiederum in strahlendem Sonnenschein, auch die Luft war wieder sommerlich warm. Merkwürdig! Kann sich ein Sturm so schnell verziehen? Doch es war keine Zeit zu verlieren. Knurz hastete den Pass entlang, vorbei an weiteren Steilhängen und über einige letzte Schneewehen. Glücklicherweise führte der Weg jetzt wieder abwärts, so dass das Gehen nicht so anstrengend war. Die Rast in der Höhle hatte Knurzs Kräfte nur zum Teil wieder hergestellt, er fühlte sich immer noch etwas schwach. Nach ein paar Stunden blieb er erschöpft stehen. Nein, Fest hin oder her, er musste sich ausruhen. Suchend sah er sich um und erblickte einen Hügel, der sich in hundert Metern Entfernung erhob. Dort angekommen, grub er sich mit geschickten Händen eine kleine Höhle, genehmigte sich noch ein paar Regenwürmer und schlief ein. Die Sonne stand schon tief als er wieder erwachte. Erschreckt fuhr er hoch. Wie lange hatte er geschlafen? Er wusste es nicht. Vier, fünf Stunden? Oder einen Tag? Knurz sprang auf und lief auf den Weg zurück. Im Mondschein kam endlich die Siedlung von Tante Rauchasinè in Sicht. Lautes Lachen und Stimmengewirr war zu hören. Knurz blieb zögern stehen. „ Hey Kobold, drinnen spielt die Musik!“ Hinter ihm war ein kleiner pummeliger Kobold aufgetaucht, der Knurz vergnüglich in die Seite stieß. „ War mich nur kurz erleichtern. Was stehst du hier draußen rum? Komm doch wieder rein!“ „ Ich war ja noch gar nicht drin!“ murmelte Knurz beschämt. „Was? Oh Knurz! Bist du das? Was machst du erst jetzt hier? Wo hast du gesteckt? Dein Ausbleiben hat eine Katastrophe ausgelöst. Tante Rauchasinè hat sich aufgeregt und ist hingefallen. Fuß gebrochen. Du kannst dir vorstellen, was das bedeutet. Hier, das hat deine Mutter per Flugpost geschickt, soll ich dir geben.“ Und kopfschüttelnd verschwand der kleine Kobold wieder im Gang, der in den unterirdischen Bau führte. Knurz blickte auf das zerknitterte Stück Gangablatt, das in einer krakeligen Schrift beschrieben war. Knurz ! Stand da. „Da du es offensichtlich nicht geschafft hast, rechtzeitig anzukommen und auch noch am gebrochenen Fuß deiner Tante schuld bist, wie ich erfahren habe, rate ich dir, so schnell wie möglich nach hause zu kommen. Ich hoffe, du bekommst das hier, bevor du deiner Tante begegnest. Sie wird dich nicht sehen wollen, du Tollpatsch! Komm also so schnell wie möglich wieder zurück!“ Knurz blickte verwirrt auf das Blatt. Nach dem Ton seiner Mutter zu urteilen musste er sich um mindestens zwei, drei Tage verspätet haben. Doch so lange war er doch noch gar nicht unterwegs. Hatte er etwa so lange geschlafen? Zum Fest konnte er jetzt nicht mehr gehen. Doch nach hause? Ohne Chance, einmal großzügig beerbt zu haben? Nein, er konnte es nicht. Unschlüssig sah er sich um. Wohin also? Am besten geradeaus! Wenn man nicht weiß wohin, ist weitergehen immer noch die bessere Lösung als stehen bleiben. Das war eine Koboldweisheit aus der Zeit, als Kobolde noch in Gruppen durch das Land zogen. So schritt Knurz denn den Weg weiter, auf dem er gekommen war. Die Dunkelheit wurde zunehmend dichter, der Mond war verschwunden. Nur ab und zu trat er durch die Wolken und zeigte Knurz ein Stück der Landschaft, die ihn umgab. Er war hellwach und folgte Stunde um Stunde dem Weg. Warum hatte er so lange geschlafen? Er war zwar müde gewesen, aber doch nicht so sehr, das er einen ganzen Tag erschlafen hätte! So ein langer Schlaf kam bei ihm eigentlich nur vor, wenn er aus Versehen Kontakt mit Dämonen hatte und das war eher selten. Knurz litt an einer unter Kobolden verbreiteten Dämonenallergie, die sich in einem komaartigen Schlaf nach dem Kontakt mit Dämonen äußerte. Doch wann war er mit Dämonen zusammengekommen? Er hatte schon seit Monaten seine Höhle nicht verlassen und sonst hatte er nur die beiden Menschen in der Höhle am Tarseipass getroffen. Wie konnte es sein dass... Grübelnd schritt Knurz den Weg entlang. Plötzlich fiel er der Länge nach auf den Boden. Er war über etwas gestolpert, was konnte er nicht erkennen. Doch als die Wolken den Mond das nächste Mal freigaben sah er, dass es sich um eine Tasche handelte. Eine ähnliche Tasche hatte der senile Herr in der Höhle bei sich gehabt. Knurz sah sich suchend um. Ja, dort lag ein toter Ast. Nach kurzer Zeit brannte ein kleines Feuer. Knurz sah sich die Tasche genauer an. Es war gar keine Tasche sondern eher etwas wie ein kleiner Beutel. Er enthielt verschiedene Kräuter. Auf der Vorderseite war sorgfältig das Wort Altruin eingestickt. Tatsächlich, der Gelehrte musste hier vor nicht allzu langer Zeit vorbeigekommen sein. Der Beutel war noch sauber. Was suchte der alte Mann in dieser Gegend? In den letzten Stunden hatte sich die Gegend verändert. Anfangs war sie noch grün und blühend gewesen, doch jetzt hoben sich nur noch vereinzelt ein paar Sträucher und Büsche gegen den dunklen Himmel ab. Was zog einen alten Mann in diese Gegend? Knurz erinnerte sich wieder an die Begegnung in der Höhle und an das merkwürdige Pergament. Knurz hielt inne. Das Pergament! Was hatte Altruin vorgelesen? Etwas von einem Kampf, Kriegern oder so, und Schätzen! Auf einmal hatte Knurz ein Ziel. Er suchte den Boden ab, und stieß kurze Zeit später auf die Fußspuren des gelehrten Mannes. Sie verliefen nach Norden, immer tiefer in dieses unwirtliche Gebiet hinein. Doch Knurz hatte Feuer gefangen. Bestimmt wusste der Alte etwas über die Schätze, warum sonst war er ein Gelehrter! Und leise folgte er den Spuren. Es war langsam Tag geworden und Knurz konnte mehr von der Landschaft um ihn herum erkennen. Die Bäume wirkten jetzt wie abgestorben. Hier und da war ein Tümpel zu sehen, aber selbst Knurz waren sie in ihrer Schmierigkeit nicht geheuer. „Was tue ich hier?“ Fragte sich der kleine Kobold. „ das hier ist unheimlich, hier sollte sich niemand aufhalten! Hier stimmt irgendetwas nicht. Doch gerade als er aufgeben und umkehren wollte erblickte er in der Ferne die Gestalt des alten Mannes. Um nicht entdeckt zu werden lief Knurz etwas abseits des Weges an ein paar alten, zerstörten Mauern entlang. Jetzt war er dem Gelehrten schon recht nahe. Der Mensch ruhte sich auf einem Stein am Wegesrand aus und murmelte etwas vor sich hin. Um besser hören zu können, schlich sich Knurz noch näher heran, doch er stieß an einen Stein auf der Mauer neben ihm, der mit einigem Poltern zu Boden fiel. Knurz erstarrte. Nun hatte er sich verraten! Altruin hob den Kopf und blickte um sich, doch da Knurz regungslos in seinem Versteck bleib, schien er das Geräusch zu vergessen. Knurz folgte Altruin nun in einem gebührenden Abstand. Auf einmal sah er vor sich etwas, das einst eine Stadt gewesen sein musste. Ja, es schien eine Stadt zu sein, allerdings schien sie nur noch haus Ruinen zu bestehen. Sonderbar. Knurz fröstelte. Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Gegend. Er hatte schon lange seine Orientierung verlohen, wusste nicht , wo im Land er sich befand. Doch selbst wenn er schon weit von der Siedlung entfernt war, wunderte er sich, warum er nichts über die Stadt wusste. Eine Stadt, die nur noch aus Schutt und Trümmern bestand musste doch bekannt sein! Da müssten doch selbst Kobolde etwas drüber wissen, selbst wenn sie Städte grundsätzlich lieber mieden. Zuviel Gedränge, zu viel Gefahr. Im Wald kam es nur alle paar Jahre mal zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Knurz schüttelte sich, als er an den verfluchten Tag im Julie vor 17 Lenzen dachte, als eine Gruppe von Dämonen durch den Wald gezogen waren, in Richtung Osten. Einige Kobolde waren so dumm gewesen, die Dämonen zu provozieren. Leider hatten ihnen nicht allzu viele Kobolde zu Hilfe kommen können, da die Hälfte von ihnen schnarchen in der Ecke lagen, befallen von der berüchtigten Dämonenallergie. Ja, es war schon schlimm gewesen damals. Knurz schauderte. Als er aufgewacht war... Aber da sah er vor sich plötzlich eine Fläche, die wie glasiert schien. Was konnte das sein? Die Stadt war nun schon recht nahe. Knurz überfiel nun viel stärker das Gefühl, das etwas mit der Stadt nicht in Ordnung war. Es juckte ihn an allen Stellen des Körpers und seine Augenlieder zuckten. Das waren erste Anzeichen für einen schlimmen Anfall der Dämonenallergie, doch er wurde nicht schläfrig. Ein gewöhnlicher Dämon konnte es nicht sein, der sich in der Stadt befand. Altruin war nun bereits in der Stadt verschwunden. Was suchte der alte Mann dort? Schätze? Das schien ihm nun etwas abwegig. „Ach, wäre ich doch nach hause gegangen! Hier ist bestimmt nichts zu finden. Und selbst wenn ,es ist die Mühe nicht wert.“ Trotz dieser Gedanken blib Knurz stehen. Er konnte nicht zurück. Wenn er jetzt umdrehen würde, würde er es für den Reste seines Lebens bereuen. Da war er sich fast sicher. Also straffte er seine schmalen haarigen Schultern, hob den Kopf und betrat die glatte Fläche, die die Stadt umgab. Nein, irgendetwas war falsch. Die Ruinen schienen zu verschwimmen, die Fläche hatte einen unnatürlichen, spiegelnden Glanz und Kurz meinte durch einen Schleier zu treten. Doch dieser Eindruck verschwand genauso schnell, wie er gekommen war. Statt dessen Bekam Knurz immer mehr das gefühl, langsam aber sicher auf eine Allergieattacke zuzusteuern. Er hatte jetzt die Stadt erreicht. Majestätisch hoben sich die Mauern in den Himmel. Die Stadt musste einmal bedeutend gewesen sein. Knurz folgte dem breiten Hauptweg, der geradewegs in das Zentrum der Stadt zu laufen schien. Ein komisches geräusch ließ ihn aufhorchen. Er drehte sich um und saß, asss er in eine Art Dunstkreis getreten war, die sich von oben bis unten nach dämon anfühle. Noch in paar stunden und er würde wie seine Vorfahren bei der Legendären Schlscht im Wald in der Ecke liegen und selg vor sich hinschlummern. Nicht auszudenken. Knurz schüttelte sich. Irgendetwas war hier in der Stadt. Ich muss Altruin finden und ihn warnen! Er weiß vielleicht nicht, in was für eine Gefahr er sich begibt. Doch gerade als er sich wieder umdrehen wollte, sah er, wie der Dunstschleier, der sich wie eine Glocke über der Stand befand, plötzlich vibrierte und für einen Moment erschien es Knurz, als würden verschiedene riesige Dämonengestalten auftauchen und wieder verschwinden. Knurz winselte. Das fing ja gar nicht gut an! Weder vorher noch nachher war etwas von den Dämoonen zu sehen gewesen, sie waren nur kurz im Dunst aufgetauscht. Knurz drehte sich auf der Stelle um und raste den Weg entlang ins innere der Stadt.
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