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Autor: Aeron Veröffentlicht: 17.08.2003, 00:08:39 Letzte Änderung: 17.08.2003, 09:25:30 Schreibrecht: Nur Administratoren [ Artikel bearbeiten ] Abstract: Die Fortsetzung von "Das Ereignis in Fal Dara. Wieder mit Marus in der Hauptrolle, doch die ereignisse nehmen eine unvorhergesehene Wendung... Mein Dank geht an die Korrekturleser Rashima und Kind des Schicksals, die mir ein paar hilfreiche Hinweise geben konnten. Viel spaß beim lesen! Kapitel I Marus richtete sich mühsam im Sattel auf und hielt nach der Stadt Ausschau. Da war sie: Die leuchtende Mauer von Tar Valon. Aber er konnte sich nicht lange in dieser Position halten. Die Stelle in seiner Brust pulsierte. Es war wie ein zweiter Pulschlag, doch dieser schlug im Takt eines Verderbens, das er in sich trug. Es war nichts Greifbares, aber es war ihm immer so, als spüre er die Präsenz eines uralten Bösen genau an dieser schmerzenden Stelle. Und so saß er wieder zusammengesunken im Sattel. Mit jedem Schritt des Pferdes durchzuckte ihn ein scharfer Schmerz. Das war schon lange nicht mehr wichtig. Dieser Schmerz war schon lange zu einem scheinbar festen Teil seines Lebens geworden. Er musste die Stadt noch vor Einbruch der Nacht erreichen, denn sonst, da war er sich sicher, würde ihn die letzte Umarmung der Mutter noch vor dem Morgengrauen in Empfang nehmen. Eigentlich hatte Marus ein Freund begleitet, aber er war auf der Reise ungefähr 50 Meilen nach der Grenze von Schienar einem Raubüberfall zum Opfer gefallen. Sicher, auch die kleineren Schnittwunden den Säbeln der Wegelagerer taten Marus weh, aber sie waren nebensächlich. Und auch der Verlust seines Freundes und einzigen Reisebegleiters schmerzten den Schienarer. Aber es kam ihm vor, als läge dies schon eine ganze Lebensdauer zurück. Dann, nach einer endlosen Zeit, erreichte er eine der Brücken. Die Sonne war immer noch nicht untergegangen. Der Wächter fragte ihn nach dem Namen und seinen Vorhaben in der Stadt. Marus sagte: „Bin Marus... aus Schienar...“ Er wunderte sich, dass er dermaßen röchelte. Er war auf einmal so unfassbar müde! Aber er war nicht umsonst so weit gekommen! “Brauche... Hilfe...“ Es wurde ihm schwarz vor Augen. Serana eilte durch die Gänge der Weißen Burg. Sie verscheuchte die Diener, die ihr den Weg versperrten. Sie musste unbedingt schnell in die Krankenquartiere. Eben war ein schwer erkrankter Mann eingetroffen. Serana hoffte sie käme nicht zu spät. Sie war eine der besten Heilerinnen, selbst unter den gelben Schwestern. Sie stieß die kunstvoll geschnitzte Tür auf. Die Aes Sedai trat in eines der Behandlungszimmer, wo ein Mann völlig angezogen aufgebahrt lag. Er zitterte heftig am ganzen Leib, schien aber ansonsten zu schlafen. Serana legte ihm eine Hand auf die Stirn. Er brannte förmlich. Schnell umarmte sie die Wahre Quelle und lenkte einige Stränge der Macht in ihn hinein. Er hatte eine schwerwiegende Entzündung im Brustbereich. Diese rührte wohl von einem kleinen Splitter, der im Fleisch steckte, her. Aber was musste das für ein Material sein, um eine solche Entzündung hervorzurufen? Nun, das war erstmal belanglos. Es musste jedenfalls entfernt werden. Serana schätzte ihre Fähigkeiten zu gering ein. Sie würde wohl den Angreal benötigen, der für den Notfall im Krankenbereich aufbewahrt wurde. Schnell nahm sie ihn aus seine Vitrine und bezog wieder neben dem Kranken Stellung. Das Hemd musste entfernt werden. Sie knöpfte es auf und legte die zu heilende Stelle frei. Um den Splitter entfernen zu können mussten erstmal alle Hindernisse aus dem Weg. Auch die Haut des Verwundetenwar eines. Dazu nahm sie ein kleines Messer und schnitt die Stelle über dem Splitter auf. Dieser Schaden würde nachher sowieso wieder behoben werden. Anscheinend steckte der Fremdkörper zwischen zwei Rippen. Serana umarmte nun die Quelle erneut, aber diesmal griff sie durch den Angreal hindurch danach. Sie verwob feine Stränge aus Luft und ließ sie langsam in den Einschnitt gleiten. Dann umfasste sie mit den Strängen den Fremdkörper, zog ihn ruckartig aus dem Körper des Schienarers heraus und legte ihn in ein Metallschälchen ab. Nun war der Mann für den Heilvorgang selbst bereit. Als Erstes wob Serana ein oberflächliches Gewebe und legte es über die Wunde, die sich daraufhin sichtbar veschloss. Nun war ersteinmal die Blutung gestoppt, aber die Entzündung war schon gefährlicher. Serana schöpfte durch den Angreal so viel sie nur konnte aus der Quelle und schickte ihre Fühler in den Mann hinein. Die entzündete Stelle war etwa walnussgroß. Dies erforderte eine kompliziertere Heilung, weil es eine ungewöhnliche Angelegenheit war. Es war anders, als wenn einfach Schmutz an die Wunde dringen würde, es besaß einen Anteil von... Verderbnis. Serana verwob die Stränge der Heilung, sehr fein, aber dicht und stabil. Mit so etwas hatte sie es schon einmal zu tun gehabt, aber sie erinnerte sich nicht mehr wann und auf welche Weise... Doch das war jetzt unwichtig. Denn ihr Gewebe zeigte nicht die gewünschte Wirkung. Und langsam, aber bestimmt drohte der Mann ihr zu entgleiten. Vielleicht würde er nicht einmal die Anstrengung aus dem Teil der Heilung, den er selbst zu übernehmen hatte, überleben. Aber es gab eine Möglichkeit. Und diese musste genutzt werden. Möglicherweise musste man die Entzündung direkt an der Wurzel anfangen zu beseitigen. Das hieß, sie musste von ihrem Mittelpunkt nach außen heraus behandelt werden. Serana wob ein sehr kompaktes Heilgewebe im Mittelpukt und ließ es sich langsam ausbreiten. Es handelte sich um Minuten, aber bei dieser Anstrengung kam es ihr wie eine Ewigkeit vor. Doch dieser Aufwand lohnte sich zumindest, denn als die Wurzel erst einmal beseitigt war ging die Entzündung zurück und verschwand schließlich vollständig. Serana stand der Schweiß auf der Stirn als sie sich auf einen Stuhl fallenließ und erst einmal verschnaufte. Sie wusste nicht wie lange es gedauert hatte, aber sie ließ sich von einer Dienerin aufhelfen und in ihr Quartier führen. Sie zwang sich, sich auszuziehen und ein Schlafhemd anzuziehen. Irgendwie hatte die Verderbnis in der Wunde ihr das Gefühl gegeben sich waschen zu müssen. Aber das würde sie morgen machen. Auch um den Geheilten musste sie sich keine Sorgen machen. Eine Schwester würde sich um ihn kümmern, bis sie selbst ihn wieder in ihre Obhut nehmen konnte. Und kaum dass ihr Kopf auf dem Kissen lag war sie schon eingeschlafen. Marus schlug die Augen auf und kniff sie direkt wieder zu. Es war so hell! Landsam gewöhnte er sich an das Licht und betrachtete seine Umgebung. Er lag in einem Bett unter ein paar Decken. Das Zimmer war nicht so karg eingerichtet wie in der schienarischen Männerquartieren. Hier und da stand ein verziertes Möbelstück und an der Wand hingen silberne Kerzenständer. Der boden war mit fein geknüpften Teppich bedeckt und im Kamin knisterte fröhlich ein kleines Feuer, das wohlige Wärme verbreitete. Durch das Fenster drang helles Mittagslicht. Nach ein paar Minuten schlug Marus die Decken zurück und stand langsam auf. Auf dem kunstvoll geschnitzten Tisch stand ein Tablett. Im Raum roch es nach gebratenem Kaninchen. Jetzt fiel es ihm auf, wie hungrig er war: Seine Mitte bestand förmlich nur noch aus einem Loch. Marus lies sich auf dem gepolsterten Stuhl nieder und bemerkte zu seinem Erstaunen, dass diese wenige Bewegung ihn schon angestrengt hatte. Nach einem kurzen Moment entfernte er die Überdeckung vom Tablett und schaute es an: Das waren Portionen für mindestens drei Männer! Er störte sich jedoch wenig daran. Da lagen Brot und Käse, Schinken, der Hasenbraten, den er schon gerochen hatte; und in einer Schale war warme Brühe vorzufinden. Neben dem Ganzen stand noch ein großer mit Milch gefüllter Krug. Während er nun ganz in Gedanken versank konnte er nebenbei genausogut auch etwas essen. Sei Gedächtnis hatte, was die Reise nach Tar Valon betraf, ein paar Lücken, aber wenn er etwas mehr darüber nachdachte kehrten die Erinnerungen zurück. Oftmals musste er an seinen verstorbenen Freund und Kameraden denken, aber ihm hatte er schon genug nachgetrauert. Die letzte Umarmung der Mutter hatte ihn schon lange in Empfang genommen. Als er sich endlich wieder etwas mehr auf seine Umgebung konzentrierte fiel ihm auf, dass das Tablett und der Milchkrug leer waren. Das Wunderliche war nur dass er noch immer ein wenig hungrig war. Doch er hatte nun gegessen, und auch viel seiner Kraft war schnell zurückgekehrt. Er stand gerade auf, da klopfte es an der Tür und eine Frau trat kurz danach, ohne auf eine Antwort zu warten, in den Raum.Ihr würdevolles Auftreten sowie ihre alterslosen Züge wiesen sie als Aes Sedai aus. Die Frau schaute sich um und ihr Blick blieb an Marus hängen. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein kleines Lächeln aus; sehr viel für eine Aes Sedai. Marus fragte sich, was da so lustig sei. Da wurde er sich auf einmal seiner Nacktheit bewusst. Die Schamesröte schoss ihm ins Gesicht und er schlüpfte schnell zurück unter seine Decken. Sie war die Erste die sprach: "Oh, guten morgen. Ich bin Serana von der Gelben Ajah. Wundervoll. Ihr seid erwacht." Sie schmunzelte. "Naja, zwei Tage Schlaf sollten eigentlich auch genügen. Und anscheinend habt ihr auch schon gegessen. Noch einige Tage lang werdet ihr ein wenig mehr Hunger haben als sonst, und ihr werdet euch auch schwächer fühlen, aber das ist eine natürliche Folge der Heilung. Aber nun sagt mir lieber, wie konmmt es dass einem Mann wie Ihr es seid, ein Splitter des Stahls von Thakandar zwischen den Rippen steckt. Äußerst ungewöhnlich, aber glücklicherweise seid ihr zur Weißen Burg gekommen, sonst wäret ihr einen weniger schönen Tod gestorben." So erzählte ihr Marus die ganzen Ereignisse von der Zeit des Überfalls bis hin zur Ankunft in Tar Valon. Die Aes Sedai verabschiedete sich danach mit einem leichten Lächeln. Schnell zog er sich an, damit er nicht noch weitere peinliche Momente dieser Art erwarten musste. Kapitel ll Inzwischen waren mehrere Tage vergangen, seit ihn Serana geheilt hatte. Marus war wieder zu Kräften gekommen und ging ab und zu auf dem Burggelände herum. Heute besuchte er das Übungsgelände. Er sah einige Behüter andere junge Männer trainierten. Einige Behütertechniken waren wohl um vieles wirksamer als seine eigenen. Aber Marus konnte kein Behüter werden. Das sagte er sich zum hundersten Mal. Allein deswegen, dass sein Kampf gegen den Schatten das nicht zuließ. Er hatte an der Grenze zur Fäule genug zu tun. Andereseits- was gab es bessers im Kampf gegen den Schatten als sich einer Aes Sedai anzuschließen. Auch ´al Lan Mandragoran, der letzte ungekrönte König von Malkier, hate es so getan. Und war zu größter Ehre gelangt. Wieso sollte es Marus ihm nicht nachtun? Und obwohl es ihm nicht klar war, der Entschluss war bereits fest in seinem Bewusstsein verankert: Marus würde Behüter werden. So schritt er auf das Übungsgelände und stellte sich vor den Ausbilder. "Seid gegrüßt Gaidin. Mein Name ist Marus. Ich bin gekommen um Behüter zu werden." Das war natürlich nur die halbe Wahrheit; die Krankheit war der Hauptgrund gewesen. Aber wenn er schon hier war, konnte er genausogut eine Ausbildung beginnen. "Nun gut," erwiderte der Ausbilder, "Ich heiße Lovar. Es gibt geradezu einen Mangel an Anwärtern. Aber Ihr scheint brauchbar. Dem Dialekt nach ein Schienarer, nicht wahr? Und Ihr seht aus, als könntet ihr mit einer Waffe umgehen. Welche habt ihr für euch gewählt?" " Ich wählte das Schwert." " Nun gut. Dann zeigt was Ihr könnt. Oder seid Ihr doch unausgebildet? Nein, ich denke nicht. also holt euch ein Übungsschwert. JORIM!" Ein junger Mann kam angetrabt, während Marus seine Übungswaffe wählte. Nach einem längeren Blick auf Marus nickte Lovar. "Na, Ihr seht wirklich aus, als verstündet ihr etwas davon. " Zu Dem Ankömmling, offensichtlich Jorim, sagte er: "Ich möchte, dass ihr gegen den Neuen kämpft. Aber seid nicht überheblich, auch ihr seid erst ein halbes Jahr hier." Trotz der Warnung lächelte Jorim leicht herablassend und hob das Übungsschwert. Auch Marus machte sich bereit, und auf Lovars Befehl hin begannen sie. Sie glitten von einer Fechtfigur in die andere, und hin und wieder teilte einer der beiden einen gezielten Schlag auf den Brustkorb aus. Nur das Marus bedeutend mehr Treffer landete. Er merkte, dass er einen blutigen Anfänger vor sich hatte. Sein halbes Jahr Training in Tar Valon hatte ihn auch nicht weit gebracht. Jorim hatte einem schienarischen schweren Reiter nichts entgegenzusetzen. Marus hatte schon allein daraus einen Vorteil, dass er an eine schwere Rüstung gewöhnt war und jetzt ohne Behinderung kämpfte. Ungefähr im Zehnsekundentakt fand er eine Lücke in Jorims Verteidigung, während Jorim selbst Marus nur zweimal streifte. Nach wenigen Minuten war die Auseinandersetzung vorbei. Marus stand leicht außer Atem da, wobei Jorim stöhnend auf dem Boden lag und seinen Körper umschlungen hielt. Lovars Gesicht war wie versteinert, aber ihm stand der Zorn in den Augen. " Jorim, Ihr seid ein vom Licht verlassener Nichtsnutz! Seng Euch! Ich sagte doch seid nicht überheblich! Die Strafe wird sein, dass keine Aes Sedai in der Weißen Burg euch heilen wird. Euer Problem." Aber so schnell sich Lovar aufgeregt hatte, so schnell kühlte er auch ab. " Und nun zu euch, Marus. Beeindruckend, wie Ihr kämpft. Besser als fast jeder den ich kenne, mit Ausnahme von Behütern selbstverständlich. Ihr habt eine große Schlagkraft, Aber an Präzision und Gleichgewicht habt Ihr noch zu arbeiten. Verlasst mich für heute, und meldet euch morgen nach dem Frühstück hier bei mir zurück. Ich werde die Ausbildung zum Behüter übernehmen- sofern ihr das wollt. " Darin lag eine angedeutete Frage. " Ja, Lovar. Natürlich will ich ausgebildet werden. Morgen nach dem Frühstück- hier bei Euch. Ich werde kommen. " Nun, jetzt hatte er sich auch bewusst entschlossen, einen neuen Weg in seinem Leben zu eröffnen. Am nächsten Morgen traf Marus pünktlich auf dem Gelände ein. Lovar war auch gerade angekommen. " Heute arbeiten wir an Eurem Gleichgewicht. Sucht Euch eines der richtigen Schwerter aus dem Fass dort drüben aus. Das Gewicht der Schwerter hängt auch mit eurem Gleichgewicht zusammen. " Marus schritt hinüber zum Fass und betrachtete die Schwerter. Es gab nur einige gute Klingen zwischen ziemlich vielen unbrauchbaren. Am Ende entschied er sich für ein gut ausgewogenes Langschwert mit breiter Klinge. Der Behüter ließ sich die Waffe zuerst zeigen. Schon nach wenigen Augenblicken nickte er anerkennend und sagte: "Zumindest muss ich Euch über die Kriterien, die bei der Waffenwahl zu beachten sind, nichts mehr beibringen. Hätte ich mir denken können. Jorim hätte ich einen Vortrag halten müssen. Der kommt wohl erstmal nicht, wie ihr ihn zugerichtet habt. Viellecht sollte ihn doch eine Aes Sedai heilen- natürlich nur, damit das Training fortgesetzt werden kann. " Zuerst erklärte der Behüter Marus einige Grundlagen des Gleichgewichts- etwa, warum es so wichtig war. Als er damit fertig war, sagte er: " Nun gut, kommen wir zu den Übungen. Kennt Ihr die Figur Der Reiher watet durchs Schilf? " Auf Marus´ Nicken hin sprach er weiter: " Sehr gut. Führt sie aus. Bleibt so lange auf einem Bein stehen, wie ich es Euch sage. Aber natürlich im Rahmen der Fechtfigur... " Solche und andersartige Anweisungen folgten den ganzen Tag, und wurden nur durch Mittag und Abendessen unterbrochen. Denn nach dem Abendessen ging es noch ungefähr zwei stunden weiter. Über den ganzen Tag hin sahen Frauen den Schülern zu. Es waren alle Ränge- von Novizinnen bis hin zu Aes Sedai- vertreten, und auch die wenigen Besucherinnen in der Burg schauten zu. Marus merkte, wie ein paar Frauen ihn länger als nur flüchtig ansahen. Darunter waren auch zwei, die Ring und Stola bereits erhalten hatten. Sie waren schon so lange mit der Macht vertraut, dass ihr Alter nicht mehr zu bestimmen war. In einer seiner kurzen Pausen unterhielt sich Marus mit einer von ihnen. Sie hieß wohl Lesande und kam von den Grünen Ajah. So wurde Marus über einige Monate im Schwertkampf- theoretischer und praktischer Natur- ausgebildet, aber auch in den Aufgaben der Behüter, und hinzu kam die Aufklärung über die mit dem Behüterbund verbundenen Pflichten . Hin und wieder wurden Marus auch geschichtliche Ereignisse erzählt, und ihm wurden Schlachtpläne und Taktiken beigebracht; etwa die noch bekannten von Artur Falkenflügel, die in dem Aielkrieg von den Wüstenkriegern genutzten und auch die Vorgehensweise von Schattenarmeen. Marus unterhielt sich auch mit weiteren zuschauenden Aes Sedai. Die Zuschauer, sowohl seine persönlichen als auch die allgemeinen, wechselten fast täglich, aber einige Schwestern kamen immer wieder. Bald würde die Zeit für ihn kommen, eine von ihnen zu erwählen, und auch von einer erwählt zu werden. Für Marus kamen zwei Schwestern in Frage, Arkaine Sedai von der Grünen Ajah und Alissa von der Blauen. Arkaine hatte schon einen Behüter, den Marus flüchtig kannte. Sie war wohl schon lange eine Aes Sedai, das wusste Marus, oblohl er sich nicht erdreistet hatte, sie zu danach zu fragen. Von Alissa wusste er, dass sie erst vor wenigen Jahren zu Schwester erhoben worden war und einen Behüter suchte. Auch wenn sie es zu verbergen versuchte, lag immer eine gewisse Wärme in ihrer Stimme und in ihren Augen, wenn sie mit Marus sprach. Ja, bald musste es einen Entscheidung geben. Marus lag auf seinem Bett und dachte nach. Er konnte nicht einschlafen, und das obwohl er heute geprüft worden war. Sein Ausbilder war danach zum Schluss gekommen, dass Marus nun endlich, nach 11 Monaten, dazu bereit war, den Bund mit einer Schwester einzugehen und diese zu schützen. Sicher, 11 Monate waren wenig für die Behüterausbildung, doch Marus hatte schon viele Vorkenntnisse besessen. Aber Lovar hatte Marus hart herangenommen. Und trotzdem konnte er nicht einschlafen. Er musste nachdenken: Arkaine oder Alissa? In letzter Zeit ertappte er sich immer öfter bei unschicklichen Gedanken gegenüber Alissa. Konnte es wirklich Liebe sein? Und diese Wärme, die sie ihm immer entgegenbrachte, konnte sie auch Liebe ausdrücken? Mehr als eine Stunde später war er sich sicher: Er liebte Alissa. Aber würde sie ihn als Behüter annehmen? Mit diesem Gedanken überfiel ihn der Schlaf. Früh am nächsten Morgen stürmte Marus schon aufgeregt auf Alissas Raüme zu. Er musste die Gewissheit haben. Er klopfte dreimal an die Tür. Sie öffnete sich, und als die Aes Sedai Marus erkannte, bat sie ihn herein. Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, begann er zu sprechen: " Alissa, ihr seid eine Aes Sedai und eigentlich spricht man nicht so zu einer Frau euren Ranges, aber... " Eine kleine Pause " Alissa, ich liebe Euch und möchte gern, dass ihr mich als euren Behüter annehmt. " Er erhielt seine Antwort aber nicht- nicht wie er sie erwartete. Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Als Marus begriffen hatte, was passierte, legte er auch die Arme um sie. Nach einer langen Zeit brachten sie es fertig, sich voneinander zu lösen, und sie sagte: " Beim ersten Eid, auch ich liebe dich und wäre überglücklich, dich als Behüter annehmen zu dürfen. " Dürfen! Marus wäre, hätte sie es gewollt, auf die Knie gefallen, und sie sprach noch von dürfen! Das war jedoch nebensächlich. Sie wollte ihn, und das war alles was zählte. Die erste Zustimmung von Alissa lag nunmehr eine Woche zurück. Heute war der Tag der Zeremonie gekommen; er würde an sie gebunden werden. Aufgeregt schritt er durch den letzten Gang. Vor ihm lag die Tür- nun eher das Tor- das Tor zum Raum, in dem die Zeremonie stattfinden würde. Alissa hatte die Amyrlin sofort in Kenntnis gesetzt und alles in die Wege geleitet. Jetzt war es soweit. Sobald er angekommen war, wurde das Tor geschlossen. An einer Wand standen zwei thronartige Stühle, einer war etwas höher als der andere. Auf dem tieferen Stuhl saß die Behüterin der Chronik. Im die beiden Stühle wurden von zwei Schwestern mit blauer Stola flankiert. Die Behüterin erhob sich und verkündete: " Die Amyrlin, Hüterin der Siegel, Flamme von Tar Valon, akzeptiert die Bitte um den Bund mit diesem Mann. " Eindeutig war Marus gemeint. Mit diesen Worten trat die Amyrlin ein, setzte sich auf den für sie bestimmten Stuhl und sprach: " Lasst uns beginnen. Alissa, Marus, tretet vor. " Alissa stellte sich in der Mitte des Raumes auf, und Marus stellte sich ihr gegenüber. " Jetzt wird die Bindung zwischen dieser Aes Sedai, Alissa, und diesem zum Behüter ausgebildeten Mann, Marus, geschlossen. Habt ihr Einwände dagegen? " Nach einer Verneinung sagte sie: " Nun denn, die Verbindung wird geschlossen und die Eide werden geleistet. " Alissa nahm Marus Kopf in die Hände. Zuerst überlief ihn ein warmer Schauer. Nach einem Moment wurde daraus mit einem Mal Hitze, und eine Welle derer durchlief ihn. Dann war alles vorbei. Das Gefühl war eigenartig. Er fühlte seinen Körper sehr viel bewusster als zuvor. Und er fühlte auch Alissa, ein kleines Bündel konzentrierter Gefühle, in seinem Hinterkopf. Er war am alten Ziel angelangt und kannte auch sein Neues: Er musste Alissa beschützen- um jeden Preis!
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