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Autor: Kind des Schicksals Veröffentlicht: 06.10.2003, 18:02:16 Letzte Änderung: 06.10.2003, 18:02:36 Schreibrecht: Nur Administratoren [ Artikel bearbeiten ] Abstract: Die Geschichte eines Mannes, der zu den Hundert Gefährten gehörte. Die Sonne hatte eben ihre ersten Strahlen über den Horizont geschickt. Langsam wurde das Dunkel der Nacht zum Grau des Morgens, bis es schließlich vom rotgoldenen Licht der Morgensonne verbannt werden würde. Leiran stand in Gedanken versunken am Fenster, und ließ seinen Blick schweifen. In der Ferne erhob sich die Silhouette des Saals der Diener. Er hatte dort viele Stunden verbracht, besonders in den letzten Monaten. Jetzt war der Saal eine ausgebrannte Ruine. Immer noch mächtig und riesig überragte er die ihn umgebenden Gebäude, aber dank dieser so genannten „Friedens-Gruppe“ konnte man ihn nicht mehr benutzen. So weit war es schon unter den Anhängern des Lichts gekommen. Wenn nicht bald etwas getan wurde, war es nur eine Frage der Zeit, bis der Schatten alles erobert hätte. Eine Frage von sehr wenig Zeit. Umso unverständlicher fand Leiran die Haltung dieser Frau. Auch Latra Posae musste doch einsehen, dass ihr Plan keine Chance auf erfolgreiche Durchführung mehr hatte. Die Zugangsschlüssel zu den Choedan Kal waren in einem Gebiet, dass der Schatten erobert hatte, und die Sa’Angreale selbst waren durch Heere von Demandred und Be’lal bedroht. Die Abwehr konnte den ständigen Angriffen nicht mehr lange Stand halten. Es war einfach irrwitzig darauf zu vertrauen, dass ihre Spione die Zugangsschlüssel rechtzeitig aus den eroberten Gebieten heraus schmuggeln könnten. Nein. Man brauchte jetzt eine Lösung. Man musste handeln, sonst wäre die Welt verloren. Und es würde auch gehandelt werden. „Musst du nicht langsam zu den Sitzungen?“ Amiya erinnerte Leiran ständig an irgendwelche Dinge. Es war das einzige, was ihn an seiner Frau störte. Sie schien ihn immer noch für einen vergesslichen kleinen Jungen zu halten, und das nach fast zwanzig Jahren Ehe. Aber wenn er so drüber nachdachte, hatte ihm diese Angewohnheit seiner Frau schon einige Schwierigkeiten erspart. „Ja.“ ein Zögern, „Ja, du hast Recht, Licht meines Lebens.“ Amiya blickte ihn aus ihren großen, braunen Augen an. Ein wenig Trauer lag in ihrem Blick. Vielleicht war es auch einfach nur Besorgnis. Jedermann machte sich in diesen Zeiten Sorgen. „Ich weiß, dass es in letzter Zeit schwer für uns war, und ich wenig Zeit für dich hatte. Ich verspreche Dir, dass sich das ändern wird. Was hältst du davon, wenn wir heute Abend zu dem großen Fest gehen?“ Amiya liebte das große Fest nach dem Singen, das jedes Jahr stattfand. „Leiran, du weißt das es das nicht ist. Ich mache mir einfach Sorgen. Jeder macht sich Sorgen. Der Schatten ist auf dem Vormarsch, dass solltest grade Du wissen.“ Natürlich war das nicht die ganze Wahrheit. Leiran wusste, dass Amiya sich auch um ihn sorgte, aber es nicht sagen wollte. Typisch Frau eben. Trotzdem ließ er es dabei bewenden. „Aber zum Fest gehen wir trotzdem.“ Sagte Amiya und grinste ihren Mann an. Auch Leiran musste lächeln. Er liebte es, seine Frau lachen zu sehen. Mit einem Kuss verabschiedete er sich von seiner Frau, und verließ die Wohnung. In seine Gedanken versunken ging er ins Erdgeschoss ihres Wohngebäudes, wo sich die Reisezone befand. Normaler Weise hätte er ein Jomobil zu dem Ort genommen, wo der Saal der Diener sich jetzt traf, aber heute würde er den Sitzungen nicht beiwohnen. Ein schlechtes Gewissen plagte ihn, dass er Amiya die Wahrheit nicht sagen konnte, aber die Operation musste geheim bleiben. Er öffnete sich Saidin und verwob die Stränge für ein Wegetor. In der Mitte der Reisezone erschien mitten in der Luft ein schmaler Lichtstreifen, der sich drehte und dabei zu einem Tor erweiterte. Leiran atmete noch einmal tief durch, dann durchschritt er das Tor. Der riesige asphaltierte Platz war voller Soldaten. Es waren sicher einige Zehntausend. Doch im Vergleich zu den Heeren, die die Verlorenen in den letzten Monaten aufgestellt hatten, war diese Zahl sehr gering. Die Soldaten trugen alle Schocklanzen und ihre Uniformen aus Fächerstoff, der sie teilweise mit dem Hintergrund verschmelzen ließ. Es standen auch einige bewaffnete Jomobile bereit, aber nicht viele. Leiran schritt schnell über den Platz auf ein großes Gebäude zu. Einst diente es als Abreisehalle für Passagiere, die hier in die großen Schoflügel stiegen, um in andere Städte zu reisen. Heute war es eine kleine Militärzentrale. Im Inneren warteten schon einige Männer auf Leiran. Einer von ihnen war Lews Therin Telamon, der Drache. Der große Mann begrüßte ihn freundlich: „Leiran, schön das Du schon da bist. Ich habe eine besondere Aufgabe für dich.“ Mit diesen Worten geleitete Lews Therin ihn zu einem großen Tisch hinüber. Auf der metallischen Fläche lagen sieben runde Scheiben. Sie waren handflächengroß, die eine Hälfte tiefschwarz, die andere weißer als frisch gefallener Schnee, getrennt durch eine geschwungene Linie - das Zeichen der Aes Sedai. Leiran ahnte, was Lews Therin von ihm wollte. Also hatte man diese Frau, Latra Posae Decume, doch nicht mehr umstimmen können. Es würde bei der bevorstehenden Operation keinen Zirkel geben. „Leiran, ich möchte, dass du eines der Siegel anbringst.“ Es war raus. Leiran hatte insgeheim schon damit gerechnet, falls man sich mit den Frauen nicht einigen konnte, aber er hatte sich doch gewünscht, dass es nicht dazu gekommen wäre. Er war bereit für den Kampf heute, hatte sich aufs Töten gefasst gemacht, aber diese Verantwortung wollte er nicht. Er fühlte sich dieser Sache nicht gewachsen, und doch... „Die Pflicht wiegt schwerer als ein Berg“, pflegte sein Großvater immer zu sagen. Leiran war unter den Hundert Gefährten einer der stärksten und besten Machtlenker, es war nur logisch ihn für diese Aufgabe auszuwählen. Er nickte. Nur kurze Zeit später stand Leiran wieder draußen auf dem großen Platz. In der rechten Hand trug er eine kleine Metallbox, in der das Siegel sicher verwahrt war. Mit der linken betastete er das kleine Sa’Angreal, das er beim Anbringen des Siegels benutzen würde. Er schwitzte. Auch die sechs Männer neben ihm machten einen unruhigen Eindruck. Auch sie trugen jeder ein Sa’Angreal bei sich und eine kleine Metallbox, identisch der die Leiran auch hatte. Einer der Männer zitterte merklich. Kein Wunder bei der Aufgabe die sie vor sich hatten. Sogar Lews Therin, der große Schlachtenführer, wirkte angespannt. In gewisser Hinsicht beruhigte das Leiran schon wieder, war er doch nicht der einzige der Angst hatte. Natürlich hatte er schon Kampferfahrung, kaum ein Mensch hatte die noch nicht, außer normalen Bürgern und den Da’schain Aiel, und doch machte er sich Sorgen. Die Siegel mussten exakt angebracht werden, ansonsten würde der Stollen weiter aufgerissen anstatt verschlossen werden. Der kleinste Fehler konnte das Ende des Lichtes bedeuten. Ein Soldat kam zu ihnen, oder besser gesagt, er kam zu Lews Therin Telamon um Meldung zu machen: „Die Gefährten sind bereit. Meine Männer sind es auch, Lews Sedai.“ „Danke Hauptmann. Dann können wir beginnen.“ Erwiderte der große Mann mit seiner sonoren Stimme. Er schaute die sechs Männer nacheinander an. Jeder nickte kurz. Erst nachdem der Drache sich dieser Zustimmung versichert hatte, griff er nach Saidin, und verwob die Stränge, um seine Stimme über den Platz hallen zu lassen. Die Anweisungen, die er gab waren kurz und knapp gehalten, jeder wusste was er zu tun hatte. Zwanzig Männer traten vor. Kurz darauf erschienen helle Lichtstreifen neben ihnen, die sich zu großen Wegetoren öffneten, größer als das, mit dem Leiran hergekommen war. Dies war einer der kritischen Momente. Die Tore öffneten einen Weg in die direkte Nähe des Shayol Ghul. Niemand außer den Schattenverschworenen wusste, was dort vor sich ging, man rechnete aber mit einer starken Abwehr. Durch die Tore hindurch konnte Leiran ein verwüstetes Tal erkennen. Fels und Geröll kennzeichneten die Landschaft. Als erstes fuhren die Jomobile hindurch. Es waren nur sieben, sie sollten die nähere Umgebung auskundschaften. Ihnen folgte eine Division Soldaten bevor auch die ersten der Gefährten hindurch schritten. Leiran musste an seine Frau denken. Die alten Zweifel, die er über die letzten Wochen hinweg verdrängt hatte kamen nun wieder hoch. Würde er sie noch einmal wieder sehen? Er musste einfach. Gerdon Jamal, der neben ihm stand stieß Leiran an und riss ihn aus seinen trüben Gedanken. Inzwischen waren zwei weitere Divisionen durch die Wegetore geeilt, nun war es Zeit für die kleine Gruppe ebenfalls zum Shayol Ghul zu reisen. Im Laufschritt eilten sie auf eines der mittleren Tore zu, neben ihnen strömte bereits eine weitere Division Soldaten vorbei. Lews Therin eilte vorne weg, und ohne zu zögern lief er durch das Tor. Die anderen fünf folgten ihm. Leiran hielt kurz inne. Die nächsten Stunden, vielleicht waren es auch nur Minuten, würden über den Ausgang des Krieges entscheiden. Er atmete tief durch, dann folgte er den anderen. Die Gruppe der sieben Männer stand vor den Wegetoren in einer Masse ausströmender Soldaten. Der Fächerstoff in den sie gekleidet waren verwirrte die Augen. Über die Kommunikatoren kamen die ersten Meldungen von den Spähtrupps. Das Zielgebiet in ungefähr einer Meile Entfernung war frei, doch es bestand kein Zweifel daran, dass man das Eindringen bemerkt hatte. Leiran hielt an Saidin fest, um auf alles vorbereitet zu sein, und im Notfall sofort zuschlagen zu können. Ganz schwach spürte er, dass die sechs Männer um ihn herum das Selbe taten. Lews Therin gab über die Com-Verbindung Anweisungen an die Offiziere weiter, dann machte er eine auffordernde Handbewegung „Auf geht’s Männer“. Das Lächeln das er ihnen schenkte sollte wohl aufbauend wirken, doch es gelang dem Mann nicht ganz. Auch er war anscheinend aufgeregter als Leiran zuerst dachte. Im Laufschritt setzten sie sich in Bewegung. Soldaten und zwanzig Gefährten bildeten einen weiten Kreis um sie, und hinter ihnen kamen immer noch Männer durch die Wegetore. Meldungen kamen ständig aus den Kommunikatoren. Die Spähtrupps näherten sich nun einer Hügelkette. Hoffentlich würde alles gut gehen. Leiran betete zum Licht. Donner rollte über den mit tiefgrauen Wolken verhangenen Himmel. Sie liefen weiter über den trockenen, felsigen Boden, es ging etwas bergauf. Niemand fühlte sich hier in der Nähe des Stollens wohl. Wenigstens musste man nicht direkt in den Stollen. Der beste Platz für ihr Vorhaben lag etwas abseits. Dann kam der Funkspruch, den Leiran schon seit ihrer Ankunft erwartet hatte. Hinter der Hügelkette kam eine Streitmacht aus Trollocs und Schattenreitern auf ihre Position zu. Doch sie verlangsamten ihren Lauf nicht. Es würde nicht mehr lange dauern bis sie ihr Ziel erreicht hätten, und mit dem Hauptangriff beginnen konnten. Dieser Angriff würde nicht dem Schattengezücht gelten, er würde den Stollen selbst, den Dunklen König, angreifen. Über die Com-Verbindungen konnte er mitverfolgen was vor ihnen geschah. Die ersten Soldaten hatten mit rund vierzig der Gefährten das Zielgebiet gesichert, während eine Division sich auf einen Angriff auf die feindliche Armee vorbereitete. Die Wegetore nach Paaren Disen waren inzwischen geschlossen worden, und die restlichen Männer sicherten soeben das Rückzuggebiet. Die anderen Männer vor ihm hielten unverhofft an. Sie waren an ihrem Bestimmungsort. Leiran war so vertieft in die Funkberichte gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie sie das Zielgebiet erreicht hatten. Es war seltsam. Er fühlte sich kein wenig aufgeregter als noch vor einer halben Stunden, als ihm das Siegel übergeben worden war, und das obwohl seine schwierige Aufgabe nun direkt vor ihm lag. Die Männer hockten sich im Schneidersitz in einem weiten Kreis zu Boden. Jeder öffnete seine Metallbox, und nahm das Siegel heraus. Über die Kommunikatoren quäkten weiterhin die Stimmen der Offiziere. Offenbar hatte der Kampf hinter der Hügelkette begonnen. Weitere Meldungen besagten, dass sich jetzt zwei weitere Truppen von Süden und Osten näherten. Leiran starrte das Siegel wie hypnotisiert an. Eine schwere Aufgabe. Dann schaute er die anderen Männer an. Jeder von ihnen kannte das Gewebe. Es würde schon gut gehen. Die Männer nickten sich gegenseitig zu. Leiran vernahm ein gemurmeltes “Möge das Licht uns beistehen“. Er hielt Saidin immer noch fest, doch jetzt griff er durch das Sa’Angreal nach der Quelle. Der Strom der Macht verstärkte sich, drohte ihn wegzuspülen. Die männliche Hälfte der Wahren Quelle lockte und sang zu ihm, drohte ihn zu überwältigen. Er begann damit Geist zu verweben, erst zwei Stränge, dann drei, dann vier. Feuer kam hinzu, Luft und Wasser. Zum Schluss auch noch Erde. Er verwob alle fünf Mächte auf einmal. Langsam bildete sich das Gewebe, streckte sich in den Himmel durch die dunkle Wolkendecke und verschwand. Gleichzeitig spürte er, wie es tief in die Erde eindrang. Es war überwältigend. Die Kommunikatoren plärrten. Der Angriff des Schattens war hart, und auf Seiten des Lichts gab es die ersten herben Verluste. Im Süden und Osten ging der Kampf in diesen Sekunden los. Das Gewebe wuchs weiter. Mit den Strängen konnte Leiran etwas ertasten. Er wusste nicht wie er es deuten sollte, er hatte etwas vergleichbares noch nie gespürt. Es war wie eine weiche Stelle in der Realität, und doch etwas ganz anderes. Er konnte eine unheimliche Macht hinter dieser Stelle spüren. Sie pulsierte, und rief nach ihm. Viel stärker als Saidin. Er veränderte die Anordnung der Stränge. Das Gewebe veränderte sich. Es begann nun ebenfalls zu pulsieren, erst langsam, dann immer schneller. Es glich einem unheimlichen, riesigen Herzschlag. Wieder nahm er die nötigen Veränderungen vor. Die Teile des Gewebes, die in den Himmel und tief in die Erde ragten schienen sich nun Umzukehren und auf ihn zurückzustürzen. Doch halt. Die Stränge hatten sich nicht umgekehrt, die Stränge hatten sich verdoppelt. Doch wie war das möglich? Er hatte nichts getan, was das bewirkt haben könnte. Leiran tastete mit den Strängen weiter hinaus, er konnte etwas fühlen. Es war als heftete sich sein Gewebe an einen unglaublich großen Strang, eine Art Faden. Das musste es sein! Er konnte das große Muster selbst fühlen. Von dort kamen auch die neuen Stränge. Es funktionierte. Wieder veränderte er sein Gewebe. Die neuen Stränge, die anscheinend vom Muster selbst kamen, vereinten sich mit seinen und bildeten eine Aura um das Siegel herum. Am Rande seiner Wahrnehmung erklang Kampfeslärm. Feuernde Schocklanzen, schreiende Männer und Explosionen. Der Schatten war nah. Er konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe. Die Macht war so süß, so unendlich süß. Das Leben durchströmte ihn, und er zog noch mehr der einen Macht an sich. Am Gewebe entstanden neue Stränge, die er geschickt verwebte, die Aura nahm in ihrer Intensität zu, das Siegel begann zu glühen. Der Lärm wurde immer lauter. Ein Schoflügel schoss im Sturzflug vom Himmel herab auf sie zu. Er explodierte in der Luft, bevor er sie erreichen konnte. Die Gefährten und Soldaten verteidigten die Stellung mit allen Kräften. Über die Kommunikationskanäle kamen immer neue Meldungen über Verluste. Die Stimmen der Männer klangen zunehmend verzweifelter. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Schweißnasses Haar viel in seine Stirn, und Schweißtropfen perlten sein Kinn hinab. Er musste dieses Gewebe zu Ende bringen, das Schicksal der ganzen Welt hing davon ab, sein Schicksal hing davon ab. Amiya. Ihr wunderschönes Lächeln zeigte sich in seinen Gedanken. Ob sie wohl grade beim großen Singen vor der Stadt zusah? Leiran rief sich wieder zur Ordnung. Er durfte jetzt nicht an seine Frau denken, auch wenn er nichts lieber täte. Von der schwachen Stelle des Musters kam eine Art Druck, so als wenn sie sich gegen das Gewebe wehren wollte. Er zog noch mehr Macht an sich, und verstärkte sein Gewebe, doch der Druck nahm nicht ab. Einige Fäden drohten aus dem Gewebe zu reißen. Es war schwierig dieses Gewebe zu erhalten und gleichzeitig zu vervollkommnen. Schocklanzen feuerten im Hintergrund. Die Kommunikatoren gaben keine Ruhe mehr, Stimmen überschlugen sich. Leiran verstärkte die Stränge, veränderte sein Gewebe ein ums andere Mal, damit es dem Druck aus der Schwachstelle des Musters standhalten konnte. Wenn sie vollendet war, würde die Versiegelung diese Schwachstelle im Muster verstärken, und den Stollen schließen, auch wenn das, was man eigentlich als „den Stollen“ bezeichnete einige Meilen weiter nördlich lag. Er verstand es selbst nicht richtig. Das unselige Forschungsprojekt, welches den Stollen geöffnet hatte, hatte in V’Saine statt gefunden, tausende Meilen von hier entfernt. Er verwob wieder neue Stränge, die Aura um das Siegel leuchtete inzwischen heller als die Sonne, und doch machte es seinen Augen nichts aus. Aus den Augenwinkeln sah er Trollocs auf sie zustürmen. Brüllend näherten sich die entstellten Gestalten, als sie in vollem Lauf explodierten. Die durchbrochene Abwehr wurde mühsam wieder aufgebaut. Soldaten wurden von Trollocs niedergemetzelt, die immer wieder versuchten in den Verteidigungsring einzubrechen. Die Gefährten schleuderten Feuerbälle und Blitze. Schattengezücht explodierte, aber auch Soldaten sanken leblos zu Boden. Funksprüche quäkten weiter aus den Kommunikatoren. Alle Truppen wurden nun hier zur Verteidigung zusammen gezogen. Einer der Spähtrupps meldete die Anwesenheit hochrangiger Schattenführer, die sich in den Stollen begeben hatten, ein anderer meldete Schockpanzer, die sich ihrer Position näherten. Leiran verwob einen Strang Geist. Die Aura zog sich zusammen und versank dann in dem Siegel. Die gewaltigen Stränge, die von dem Gewebe ausgegangen waren glühten noch nach, und verblassten allmählich. Es war vollbracht. Die Siegel saßen, und doch konnte Leiran immer noch den Druck fühlen, den er schon beim Weben wahrgenommen hatte. Lews Therin war der erste, der sein Siegel einem Soldaten übergab. „Die Siegel müssen hier fort geschafft werden, sofort.“ Der Mann wartete nicht lange, und öffnete ein Wegetor. Die anderen Männer hatten die Siegel auch Soldaten übergeben, die sofort durch das Tor sprangen. Lews Therin ließ das Gewebe fahren. Er stöhnte. „Es ist seltsam. Dieser Druck. Es ist... ich kann es nicht beschreiben.“ Ein weiterer Funkspruch zog die Aufmerksamkeit aller auf sich: „... anscheinend sind es Lanfear, Graendal, Asmodean und Be’lal. Auch Ishamael und Rahvin wurden ge...“ Dann brach die Verbindung ab. Anscheinend hatte man wirklich einige der Verlorenen gefangen gesetzt. Um sie herum tobte immer noch ein grausamer Kampf gegen das Schattengezücht. „Rückzug!“ brüllte Lews Therin. Leiran machte sich bereit ein großes Tor zu gestalten, damit man so schnell wie möglich fliehen konnte, aber der Druck war so stark. Er brach zusammen und wälzte sich auf dem felsigen Boden. Er schrie. Saidin wollte ihn überwältigen. Es brodelte und kochte, als wolle die gesamte Quelle sich in seinen Körper zwängen. Etwas ranziges, öliges sickerte in seine Adern. Jede Zelle seines Körpers schien von einer schmierigen Substanz überrollt zu werden. Er wollte sich übergeben, doch der Schmerz ließ seine Muskeln verkrampfen, so dass es unmöglich war. Der Schmerz ließ nach. Leiran öffnete seine Augen. Er musste sie vorher geschlossen haben, konnte sich daran aber nicht erinnern. Neben ihm sah er einige Soldaten die durch ein Tor sprangen, bevor es sich schloss. Der Mann der es gewoben hatte riss die Hände an den Kopf und begann sich die Augen auszukratzen. Sein Gebrüll war unerträglich. Lews Therin war weg. Leiran kämpfte sich langsam auf alle Viere hoch. Der Schmerz war unerträglich. Was für ein schöner Tag heute doch war. Aber irgendwie störte dieser Mann dort hinten. Er explodierte. So war es besser. Amiya würde es hier gefallen. Amiya. Sie würde bei diesen Spielen hier sicher mitmachen wollen. Leiran gestaltete ein Wegetor und sprang hindurch. Leiran ging durch das Erdgeschoss seines Wohnhauses. Er lachte. Die Bilder die man hier an den Wänden aufgehängt hatte, hatten ihm noch nie gefallen. Eins nach dem anderen gingen sie in Flammen auf. Warum war er eigentlich hier? Er sollte jetzt eigentlich im Saal der Diener sein. Amiya. Ja er wollte seine Frau holen. Aber wo wollte er mit ihr hin? Er ging hinauf zu seiner Wohnung. Die Aussicht war wunderschön, aber wenn man noch höher wäre könnte man noch weiter sehen. Das Gebäude erzitterte. Risse bildeten sich in den Wänden, als der kleine Hügel auf dem das Haus stand sich erhob und wuchs. Besser. Schreie erklangen überall aus dem Haus. „Amiya, meine Liebste! Wo bist du?“ Seine Frau kam aus dem Schlafzimmer gewankt. Sie musste sich abstützen. Als das Haus erneut erbebte. „Amiya. Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Leiran lächelte, als er seiner Frau den abgerissenen Arm entgegen streckte. Noch immer hing die Handtasche der ehemaligen Trägerin um das Handgelenk gewickelt. Ein großer Ring prangte an einem der Finger. „Ich dachte der Ring könnte dir gefallen, Liebste. Du hast ihn bei unserer Nachbarin so bewundert.“ Amiya schrie laut auf und stürzte davon. Ihr musste wohl übel sein. Er schaute aus dem Fenster. Die Aussicht war... anders. Konnte man schon immer so weit blicken von hier aus? Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Es wurde wirklich Zeit, dass er zum Saal ging. Die anderen warteten sicher schon lange auf ihn. Es war gar nicht seine Art zu spät zu kommen. Er verließ die Wohnung und rief seiner Frau noch einen Abschiedsgruß zu. Warum gab sie ihm heute keinen Abschiedskuss? Sie war wohl sauer, weil er die letzte Zeit so oft im Saal war. Er würde ihr heute Abend noch den Ring kaufen, den sie so bewunderte. Dann würde alles wieder gut werden. Noch im Gehen öffnete er ein Wegetor. Was wollte er eigentlich in diesem Gebäude? Er wusste es nicht mehr. Es wurde auch Zeit das er endlich den Saal der Diener aufsuchte. Leiran durchschritt das Tor, und verschwand...
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