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Autor: Kind des Schicksals Veröffentlicht: 26.09.2004, 20:28:50 Letzte Änderung: 30.10.2004, 00:38:53 Schreibrecht: Nur der Autor selbst [ Artikel bearbeiten ] Abstract: Eine Geschichte die zeigt, wie bemüht der Schatten um neue Mitglieder ist.... Prolog Mit schnellen Schritten entfernte sich der Schwarzgekleidete von dem großen Bauernhaus. Seine Stiefel verursachten ein knirschendes Geräusch auf dem neu gefallenen Schnee, und doch hinterließen sie keine sichtbaren Spuren. Der Narr, dem das Haus gehörte hatte Pech verheiratet zu sein. Der schwarz gekleidete Mann hatte keine Ahnung, wie sich das Eheleben in diesem Haus gestaltete, aber er wusste, dass die Frau, die dort lebte, ihren Mann liebte. Sie liebte ihn abgöttisch – schade nur, dass das für ihren Mann das Todesurteil war. Vor dem Schwarzgekleideten erschien ein Spalt gleißendes Lichtes, der sich drehte und zu einem Tor erweiterte. Nachdem er hindurch geschritten war, erlosch das Tor. Es war wieder kalt, dunkel und leer, nur das Wehklagen eines Mannes durchdrang die Nacht. Draußen wirbelte ein peitschender Wind die Schneeflocken umher. Maira zog ihren Umhang eng um sich, bevor sie die Tür öffnete und auf die Strasse trat. So schnell es bei diesem Wetter ging lief sie in Richtung Schenke. Sie brauchte unbedingt neuen Branntwein für Jori. Er litt nun schon seit drei Wochen an einer rätselhaften Krankheit, die ihm unheimliche Schmerzen bereiten musste. Die Seherin hatte natürlich keinen Rat. Maira hätte sie auch gar nicht um Hilfe gebeten, wäre ihr ihr Versteckspiel in den letzten 130 Jahren nicht in Mark und Blut übergegangen. Sie selbst hatte auch keine Ahnung, was ihren Mann plagte, mehrmals hatte sie schon versucht ihn mit Hilfe eines Heilgewebes gesunden zu lassen – ohne Erfolg. In solchen Situationen wünschte sie sich, in der Burg geblieben zu sein. Das was sie sich in den Jahren danach selbst beigebracht hatte war einfach nicht ausreichend. Der Branntwein war das einzige was noch half. Wenn man es so nennen konnte; Jori schlief durch den Alkohol mehr, das schien ihm gut zu tun. Mit klammen Fingern öffnete sie die Tür der Schenke, und schloss sie mit einem Knall hinter sich wieder. In den beiden Kaminen an den Enden des Schankraumes prasselten Feuer und verströmten eine wohlige Wärme. Aus der Küche strömte der Duft von frischgebackenem Honigkuchen - den gab es hier am wöchentlichen Tanzabend immer. Hier hatte sie Jori kennen gelernt. Kummer kam plötzlich in ihr auf, und Maira musste sich beherrschen nicht zu weinen. „Maira, was kann ich für euch tun?“ Sie schreckte aus ihren Gedanken hoch. Der große, breit gebaute Mann, der sich die Hände an seiner strahlend weißen Schürze abwischend den Schankraum betrat war Meister Noral, der Wirt. „Branntwein, Meister Noral. Ich brauche so viel wie ihr entbehren könnt.“ Der Wirt seufzte, „Geht es ihm immer noch nicht besser?“ Maira schüttelte leicht den Kopf. „Ich hole den Schnaps, wartet hier.“ Maira verkrampfte die Hände in ihren Röcken, und setzte sich dann an einen der Tische um nicht ungeduldig auf und ab zu gehen. Als der Wirt wieder auftauchte hatte er einen großen Korb voller Flaschen im Arm, den er vor Maira auf den Tisch stellte. „Ich fürchte mehr habe ich nicht. Es wird heute Abend einiges Gemurre geben, aber die Bande soll sich mit Bier und gewürztem Wein abfinden, ihr habt den Branntwein nötiger.“ Maira murmelte ihren Dank während sie aufstand. Dann legte sie einige Silberstücke und Kupfermünzen auf den Tisch „Das sollte reichen.“ Der Wirt nahm Mairas Hand und schloss ihre Hand um die Münzen. „Maira, ihr wisst, das Jori mir immer ein Freund war, und ihr seid mir ebenfalls eine gute Freundin – ich werde euer Geld nicht nehmen. Nicht dafür um einem Freund zu helfen.“ Maira schluchzte. Sie konnte die Tränen nun nicht mehr zurückhalten, egal wie stark sie sich auch bemühte „Ihr seid ein guter Mann, Meister Noral. Möge das Licht euch immer scheinen, “ brachte sie unter Tränen hervor. Sie schlang beide Arme um den Korb und machte sich auf den Weg zurück nach Hause. Glücklicherweise hatte der Wind nachgelassen, es war auch so mühsam genug mit dem schweren Korb auf den glatten Wegen. Maira war erleichtert als sie wieder Zuhause ankam und den schweren Korb abstellen konnte. Dann ging sie sofort, um nach ihrem Mann zu sehen. Als sie die Tür öffnete blieb sie wie angewurzelt stehen. Ein großer Mann stand über den kranken Jori gebeugt in dem Raum. Seine Kleidung war vollkommen in schwarz gehalten, bis auf die silbern funkelnden Manschettenknöpfe an seinen Hemdaufschlägen. Der Blick aus den dunklen Augen war auf den Kranken gerichtet, als würde er ihn untersuchen. Unbewusst ergriff Maira die Wahre Quelle, wunderbare Süße und Wärme durchströmte sie, lockte sie. Sie war in diesem Moment zu allem bereit, sollte dieser Mann Jori etwas anhaben wollen. „Was tut ihr da? Wer seid ihr?“ Ihre Stimme klang eiskalt, wie ein schneidendes Messer. Sie war selbst überrascht, denn sie fühlte sich keinesfalls so, wie sie sich anhörte. „Ich bin hier um ihm zu helfen, “ sagte der Mann ruhig ohne zu ihr aufzublicken, „er leidet Schmerzen.“ Wie um die Worte zu bestätigen stöhnte Jori. Maira starrte den Mann an, sie sagte nichts. „Lasst mich seinen Schmerz lindern“, bat der Mann. Maira zögerte. Sie kannte diesen Mann nicht, wusste nicht was er vorhatte; doch die Hoffnung auf die Heilung ihres Mannes ließ sie schließlich zustimmend nicken. Der Mann stand weiterhin gebeugt über dem Krankenbett, doch er schien sich nun auf etwas zu konzentrieren, seine Hände bewegten sich unablässig, so als würde er etwas tun. Jori wurde derweil ruhiger, er warf sich nicht mehr im Bett hin und her und stöhnte auch nicht. Dann schlief er ein. Der schwarz gekleidete richtete sich auf, „Er wird nun schlafen, morgen wird es ihm besser gehen, aber es ist noch nicht überstanden. Ich werde wieder nach ihm sehen.“ Mit diesen Worten drängte der Mann sich an Maira vorbei aus dem Raum. „Wer seid? Wartet! Ich möchte…“ Doch der Mann hatte ohne zu antworten das Haus bereits verlassen. Maira stürzte zurück ins Schlafzimmer, und kniete sich neben ihren Jori und streichelte ihn zärtlich. Als er das Haus verlassen hatte wandte er sich in Richtung des Waldes, vom Dorf weg. Es würde ein Kinderspiel werden die Frau gefügig zu machen. Natürlich währen dreizehn Myrddraal und dreizehn Schwester die schnellere Methode, aber die Anweisungen des großen Herrn waren unmissverständlich gewesen – er wollte diese Frau haben. Nun, es würde nicht mehr lange dauern, aber es musste noch ein kleines Arrangement getroffen werden, welches das Schicksal dieser Frau besiegeln würde – ein kleines Schauspiel, das sie endgültig in seine Hände treiben würde. Als er sich sicher war, dass niemand ihn sehen konnte öffnete er ein Wegetor. Hätte jemand ihn beobachtet, hätte er gesehen wie der Mann durch das Tor ein scheinbar verlassenes Kellergewölbe betrat, so weit ausgedehnt, dass es sich nur in einer Burg befinden konnte, bevor das Tor sich wieder zu einem Strich in der Luft verkleinerte und dann verschwand. Eldine verzog angewidert den Mund. Sie hasste es zu reiten. Nochmehr hasste sie es, bei dieser Kälte zu reiten, aber wenigstens hatte es aufgehört zu schneien. Nun, sie würden ihre Aufgabe hier schnell erledigen, und wären bald wieder zurück in der Weißen Burg. Ihr Auftraggeber war vor drei Tagen in ihren Gemächern in der Weißen Burg aufgetaucht, und hatte sehr schnell klar gemacht, wo er in der Rangfolge stand. Eldine bedauerte, dass er weit über ihr stand, ansonsten hätte sie diesem Kerl gerne Manieren beigebracht. Sie sollten einen kranken Mann „behandeln“. Das wahre Ziel dieses Auftrages kannte sie nicht, aber der Auftraggeber hatte auch Anweisungen bezüglich der Frau dieses Mannes hinterlassen. Nichts desto trotz fand sie es lächerlich, sie wegen eines einfachen Dorftrottels aus der Burg zu holen, doch ihr Auftraggeber hatte klar gemacht, was für Konsequenzen ein Versagen hätte, und so befand sie sich mit Aemlyn auf dem Weg nach Maendinwell? Maendinquell? Sie hatte den Namen des Dorfes vergessen, was aber auch egal war. Aemlyn brummelte etwas wegen der Kälte, sie war ebenfalls eine Rote Schwester. Nun, nach außen hin jedenfalls – es war nicht einfach von sich und anderen als Schwarze Ajah zu denken. Sie war stolz dem Großen Herrn der Finsternis zu dienen, aber es war nötig dies streng geheim zu halten, und Geheimhaltung hatte halt manchmal die merkwürdigsten Auswirkungen. Nachdem es Jori zwei Tage lang besser ging, hatte Maira Hoffnungen, dass er über den Berg wäre, doch am Morgen des dritten Tages wurde er wieder von Krämpfen geschüttelt und sein Fieber stieg wieder. Maira fragte sich, warum das Licht sie und ihren Mann wohl verlassen hatte - womit hatten sie dieses Schicksal verdient? Sie kümmerte sich den ganzen Tag über um ihren kranken Mann. Machte ihm heiße Kompressen, und fütterte ihn mit Hühnerbrühe. Am Abend klopfte es an der Haustür, und ohne eine Antwort abzuwarten trat der schwarz gekleidete Mann ein. „Ihr?“ rief Maira erstaunt aus. „Nun, ich sagte, ich würde wiederkommen, um nach ihm zu sehen“, erwiderte er. „Es geht ihm heute wieder schlechter.“ „Das war anzunehmen“, mit diesen Worten wandte sich der Mann dem Schlafzimmer zu, wo Jori in seinem Bett lag. Sie folgte dem Mann, und beobachtete wieder alles von der Zimmertür aus. Wie machte der Mann das nur? Sie vermutete, dass er die Macht lenken konnte. Normalerweise lief es ihr bei dem Gedanken eines Mannes mit dieser Fähigkeit eiskalt den Rücken herunter, aber sie stellte fest, dass es ihr vollkommen egal war – hauptsache ihr Mann würde gesund - sie wüsste nicht, was sie ohne ihn machen würde. „In ein paar Tagen sollte es ihm besser gehen. Kümmert euch gut um ihn, dann kann nichts mehr passieren.“ Ohne eine weitere Erklärung verließ der Mann das Haus. Maira rannen Freudentränen über das Gesicht, und sie dankte dem Fremden in Gedanken. Eldine stand in ihrem Raum vor dem großen Standspiegel und richtete sich die Haare. Sie trug ihre lange, blonde Lockenpracht heute hochgesteckt, gehalten von einer schlichten, aber doch sehr fein gearbeiteten silbernen Spange. Eine „Neuerwerbung“ die sie gestern Abend nach ihrem Eintreffen gemacht hatte. Das Zimmermädchen war sehr empfänglich für Zwang gewesen. Die kleine Schlampe hatte für so ein schönes Stück sowieso keine Verwendung. Auch das dazugehörige Armband zierte nun Eldines Handgelenk. Eine wunderbare Ergänzung zu ihrem roten Gewand, das mit Silberfäden bestickt war. Sie betrachtete sich noch einmal im Spiegel, und befand, dass sie für eine grausame Nacht in diesem unbequemen Bett recht gut aussah – der Wirt würde hierfür noch bezahlen müssen, aber das hatte bis zur Abreise Zeit. In dem Moment als sie den Raum verlassen wollte, stürmte Aemlyn ohne anzuklopfen in das Zimmer. Was bildete sie sich eigentlich ein? Nach den Regeln der Aes Sedai stand Aemlyn unter ihr, auch wenn das beim Schatten nicht viel bedeutete. Eldine beschloss die Sache diesmal auf sich beruhen zu lassen, und beschränkte sich auf finstere Blicke. Die Frau sollte ihr Missfallen ruhig sehen. Aemlyn jedoch ignorierte den Blick den ihr Eldine zuwarf und begann ohne große Vorrede: „Meine Informantin war soeben hier, die Frau dieses kranken Bauerntölpels hat das Haus verlassen und macht anscheinend Besorgungen im Dorf. Wir sollten uns beeilen, und dafür sorgen, dass alles nach Plan läuft.“ In jeder Hand einen voll beladenen Korb stapfte Maira durch den Schnee. In den vergangenen sechs Tagen hatte sich Joris Zustand erheblich verbessert. Er sprach jetzt wieder und konnte sogar ein paar Schritte gehen, auch wenn er noch sehr schwach war, und die meiste Zeit des Tages im Bett lag. Aber es ging bergauf. Mairas Gemütszustand hatte sich entsprechend geändert. Lächelnd wandte sie sich der Schenke zu. Zum Glück war die Tür nur angelehnt, was bei diesem Wetter ein kleines Wunder war, so dass Maira die Tür nur aufzustoßen brauchte, ohne die Körbe abzusetzen. Im Schankraum prasselten wie gewohnt die Feuer in den zwei Kaminen. Maira stellte die beiden Körbe auf den nächsten Tisch, und eilte zurück zur Tür um sie zu schließen. Als sie sich wieder dem Raum zuwandte kam auch Meister Noral aus der Küche hervor. „Maira! Ihr strahlt ja wieder! Haben die Aes Sedai Jori also geheilt, ja? Wunderbar! Dem Licht sei Dank!“ Maira stutzte. „Was für Aes Sedai, Meister Noral?“ „Eldine und Aemlyn Sedai, sie sind gestern Abend erst angekommen. Und na ja, gestern war ja Tanzabend, und da müssen sie mitbekommen haben, dass es eurem Mann so furchtbar ergeht, und da wollten sie…“ Maira unterbrach den Wirt „Jori geht es schon seit sechs Tagen besser. Ich habe ihn gepflegt.“ „Oh, das freut mich zu hören. Das konnten wir nicht ahnen, niemand hat euch seit Tagen gesehen, da nahmen wir an, Jori würde es schlechter gehen, und … na ja… niemand lässt einen geliebten Menschen während seiner letzten Tage gern allein... und… ihr wisst schon was ich meine.“ Maira nickte. „Naja, jedenfalls“, fuhr der Mann fort, „haben sich die Aes Sedai erkundigt, wo ihr wohnt, und sind dann gegangen um euch aufzusuchen.“ „Meister Noral, dies ist der übrige Branntwein, ich dachte ihr hättet ihn gerne zurück, wo wir dafür keine Verwendung mehr haben.“ Maira ließ den Korb mit den Flaschen stehen, und verließ, die Schenke hastig, dem Wirt noch mal ihren Dank zurufend. Sie beeilte sich nach Hause zu gelangen, und wäre mehrmals fast auf den glatten Wegen gestürzt. Vollkommen außer Atem erreichte sie den Hof am Rande des Dorfes. Der Schrei eines Eisvogels bedeutete Eldine und Aemlyn, dass jemand den Hof betreten hatte. „Ist alles vorbereitet?“ fragte Eldine, nur um sich zu vergewissern. „Natürlich“, brummte Aemlyn. Sie hatte sich über den toten Mann gebeugt, und hielt das Laken, als ob sie es im über das Gesicht ziehen wollte, und setzte eine bedrückte Miene auf. Gut, das Schauspiel konnte also beginnen. Sie hörten wie jemand den Flur entlang kam, und Aemlyn begann die Scharade „Ich kann nichts mehr für ihn tun. Die Krankheit ist zu….“ Sie brach ab, als die Frau in der Tür erschien, und sich schreiend auf ihren Mann stürzte „Jori! Sag doch was!“ Ihr Gesicht war tränenüberströmt, und sie schluchzte fürchterlich. „Jori! Oh Jori!“ Aemlyn nahm am Rande war, das Eldine die Frau wie ein Mondkalb anstarrte, die soeben ihren Gatten tot im Bett aufgefunden hatte. Wie konnte sie nur so leichtsinnig sein? Hoffentlich hatte dieses Mädchen es nicht bemerkt; da wurde es auch Aemlyn bewusst. Diese Frau konnte die Macht lenken! Und sie war stark. Sehr stark. Als diese al’Meara-Wilde letztes Jahr zur Burg kam, hatte sie mit ihrer Stärke alle in Staunen versetzt. Doch dieses Mädchen hier war noch um einiges stärker. Aemlyn zitterte… „Schhhhh, is doch gut, Mädchen“, versuchte sie die Frau zu beruhigen, die immer noch schluchzend ihren Mann im Arm wiegte. Nun, sie hoffte jedenfalls die andere Frau beruhigen zu wollen, und nicht sich selbst. Aemlyn ging eine Geschichte durch den Kopf, die sie während ihrer Novizinnenzeit vor 80 Jahren gehört hatte. Es hieß, dass eine Novizin aus der Burg geschickt wurde, weil sie sich weigerte die Prüfung zur Aufgenommenen abzulegen. Das Mädchen soll ein gewaltiges Potential gehabt haben. Aemlyn hatte dies stets für ein Märchen gehalten, dass die Mädchen sich erzählten. Die Burg hätte nie eine so starke Frau gehen lassen, und wenn sie ihr Leben lang Weiß getragen hätte. Sie konnte nicht glauben, dass diese Geschichte wahr sein könnte... nein, das war sie sicherlich nicht. Sie musste eine Wilde sein, ja, so musste es sein. Andererseits… Sie hätte zu gerne nachgefragt, oder das wissen mit Zwang aus ihr hinausgepresst, aber die Anweisungen bezüglich der Frau waren klar gewesen, an sie durfte keine Hand gelegt werden. „Schhhhh, is ja gut Liebes“, sie tröstete die Frau immer noch. Maira hätte am liebsten ihre Seele aus dem Leib geschrien. Wie konnte es sein? Jori ging es besser! Er konnte nicht tot sein! Sie befreite sich aus der Umarmung der anderen Frau. Und blickte sie durch einen Tränenschleier an. Sie hatte ein altersloses Gesicht. Maira drehte sich zu der zweiten Frau um, die sie mit großen tiefblauen Augen bedrückt ansah. Auch ihr konnte man kein Alter zuordnen. Maira stieß sich vom Bett hoch und taumelte rückwärts in die Zimmerecke. „Was habt ihr getan, Aes Sedai?“ „Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Bei der Heilung… die Heilung hat mehr Kraft von ihm gefordert, als er hatte, ich konnte nicht….“ „WAS HABT IHR MIT MEINEM MANN GETAN?“, schrie Maira die zwei Frauen an. Es kam keine Antwort. „Habt ihr ihn getötet? Sagt mir, habt ihr ihn umgebracht?“ Sie wusste, dass diese Frage töricht war. Aes Sedai töteten niemanden, und dennoch spürte sie diesen Zweifel tief in ihrem Herzen. „Wir taten, was wir für notwendig hielten, Kind. Nun beruhigt euch.“ Die Blonde Aes Sedai kam auf sie zu und nahm sie tröstend in den Arm. „Kommt mit mir, ihr müsst euch beruhigen.“ Als die Aes Sedai gegangen waren ließ Maira sich auf einen Stuhl sinken. Sie weinte immer noch. Wie konnte das passiert sein? Die Dorfbewohner würden sicherlich bald kommen, wenn sie von Joris Tot erführen. Als es an der Tür klopfte rechnete Maira mit den ersten Beileidsbekundungen und versuchte sich etwas zu sammeln. Doch es war der schwarz gekleidete Mann, der ohne eine Antwort abzuwarten Eintrat. „Ich habe eben die schreckliche Nachricht im Dorf vernommen, und bin sofort hergeeilt.“ Der Mann verschwendete keine Zeit und ging ins Schlafzimmer, wo er sich über Jori beugte. Nach einer Weile erhob er sich wieder. „Ich kann nichts mehr für ihn tun. Das Werk der Aes Sedai kann ich nicht rückgängig machen.“ „Wollt… wollt ihr damit andeuten, dass…? Nein, das ist unmöglich! Die Aes Sedai würden niemals… Sie können nicht! Die drei Eide…!“ Sie brach schluchzend ab. „Würden sie nicht? Ihr wisst wie die Aes Sedai sind. Sie haben euch mit ein bisschen Gold aus ihrer Burg gejagt, weil ihr ihren Normen nicht entsprochen habt!“ „Ihr wisst davon? Wie?“ Ungläubigkeit trat auf Mairas Gesicht „Warum sollten Aes Sedai meinen Mann umbringen?“ „Nun, ihr wisst das Aes Sedai stets ihre eigenen Pläne haben. Vielleicht wollten sie euch bestrafen, weil ihr euch als volle Schwester ausgegeben habt?“ Es war unmöglich. Wie konnte dieser Mann das wissen? Das war nun schon über hundert Jahre her, und Maira hatte es nie jemandem erzählt. Es war reiner Wahnwitz. Der Mann sprach unbeirrt weiter, „Und als ihr sie gefragt habt, ob sie euren Mann getötet hätten, haben sie es geleugnet?“ Maira antwortete nicht. „Haben sie es geleugnet?“ Verlangte der Mann wieder zu wissen. Maira ging der genaue Wortlaut nochmals durch den Kopf Wir taten, was wir für notwendig hielten, Kind. „Sie können nicht…“, versuchte sie zu protestieren. Was wir für notwendig hielten, Kind… Jori war es in den letzten Tagen zunehmend besser gegangen… „Nein… nein, sie haben es nicht geleugnet.“ Maira fing wieder an zu weinen. Als sie die Augen wieder öffnete, fand sie sich an die breite Brust des Mannes gelehnt, wie sie schluchzend um ihren Mann klagte. Sie war sich nicht bewusst sich an den Mann angeschmiegt zu haben, aber da war dieser starke Drang nach Trost. Sie wollte getröstet werden, ihre Trauer überwinden. Jori fehlte ihr jetzt schon schrecklich. Sie schluchzte. „Wisst ihr“, sagte der Mann, „es gibt eine Möglichkeit euren Mann noch zu retten. Alles was ihr tun müsst, ist einen Eid zu schwören.“ Maira zögerte kurz, bevor sie an der Brust des Mannes nickte. Im Raum erschien ein senkrechter Lichtblitz, der sich zu einem Tor erweiterte. Der Mann hielt sie in den Armen und durchschritt mit ihr das Tor. Epilog Der Mann trat hinaus auf die schwarzen Hänge des Shayol Ghul. Über ihm wirbelten die grauen Wolken, die hier den Himmel bedeckten, und brachen sich wie Wellen an dem Berggipfel über ihm. Der Große Herr war äußerst zufrieden gewesen. Und die Belohnung äußerst großzügig. Die Frau würde nun ihr altes Leben hinter sich lassen. Er freute sich für sie, solange sie keine Gefahr für ihn darstellte. Aber das würde sich erst in einiger Zukunft zeigen. Er öffnete ein Wegetor, und verschwand.
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