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Autor: Kind des Schicksals Veröffentlicht: 04.01.2005, 20:40:07 Letzte Änderung: 04.01.2005, 20:40:07 Schreibrecht: Nur der Autor selbst [ Artikel bearbeiten ] Abstract: der Titel sagt eigentlich alles... Lieber Herr ..., leider hat es ein paar Tage gedauert, bis ich mich im die Fragen kümmern konnte. Aber ich wollte es vernünftig machen und nicht die üblichen Standardantworten geben. Wenn schon, denn schon :-) Ich habe es als Datei angehängt, sollte es damit Probleme geben, melden Sie sich. Übrigens eine schöne Website, die Sie da haben. Sieht sehr gut aus. Ich hoffe, Sie können was mit den Antworten anfangen, und ich habe nicht zu sehr geschwafelt ;-). Schöne Grüße Ihr Andreas Decker Wie alt sind Sie? 44 Was verdient man als Übersetzer? Mit dem Haus auf den Bahamas wird es nie klappen, aber man kann davon leben. Solange man bereit ist, wie die meisten Freiberufler meistens 7 Tage die Woche zu arbeiten. Haben Sie Familie? Nein, bin zufriedener Single. Wie wird man Übersetzer? Muss man dazu Englisch studieren? Studieren muß man nicht, auch wenn es bestimmt helfen kann. Ich z.b. habe mit dem üblichen Schulenglisch angefangen und gern Originale gelesen, weil da immer die „guten“ unzensierten Stellen drin waren, die früher so gern unter den Tisch fielen. Viel wichtiger als Sprachkenntnisse ist die Fähigkeit, mit Sprache umgehen zu können. Viele der besten Übersetzer sind ja auch selbst Autoren. Literarischer Übersetzer ist halt kein Lehrberuf. Man probiert es mal aus. Und klopft bei einem Verlag an. Wobei heute die manuelle Arbeit dank PC viel einfacher ist als früher der Fall war. Wie lange arbeiten Sie schon als Übersetzer? Mittlerweile seit 11 Jahren hauptberuflich. Wie oft müssen Sie in ein Lexikon schauen um weiterzukommen? Das kommt auf das Buch, also den Stil des Verfassers und die Tagesform. Manchmal alle paar Tage, manchmal alle 20 Minuten. Wann haben Sie erfahren, dass sie die Übersetzung von Das Rad der Zeit übernehmen sollen? Das weiß ich wirklich nicht mehr, wie lange damals die Vorlaufzeit war. Das hat sich so ergeben. Wie bald danach hatten Sie den ersten Text in der Hand? s. o. Haben Sie sich schon vor Ihrer Beschäftigung mit Das Rad der Zeit befasst / Haben Sie vorher schon von der Serie gehört? Ich hatte schon seit Band 21 „Der Pfad der Dolche“ die Vorworte verfaßt, habe die Romane lange davor gelesen, wenn auch nicht alle. Erst als die Idee mit den Vorworten kam, die eine Art „Vorige Woche bei Buffy The Vampire-Slayer“ sein sollten und sollen, in erster Linie für Neu-Leser gedacht, aber auch für Stammleser als kurze Erinnerung, habe ich mich wirklich intensiv mit den Romanen beschäftigt. Es wird immer wieder angemerkt, dass erhebliche Fehler in Übersetzungen auftreten, die vermieden werden könnten, wenn der Übersetzer/die Übersetzerin die vorherigen Bücher kennen würde. Haben Sie überhaupt die Zeit sich in so einen großen Zyklus einzulesen? Das sind zwei sehr unterschiedliche Dinge. Die Zeit, sich in einen großen Zyklus einzulesen, sollte man sich als Übersetzer einfach nehmen. Erstens erleichtert es die Arbeit. Viele Dinge werden ja oft schon im ersten Band definiert und sollten dann auch nicht mehr verändert werden, weil es sonst wirklich lächerlich wird. Z.B. ein kniffliges Problem ist immer, wie sich die Figuren anreden. Wenn sich also Rand und Perrin seit Band 1“duzen“, wäre es natürlich völliger Quatsch, dass man sie als neuer Übersetzer ab Band 24 sich „Siezen“ läßt. Das gleiche gilt für feststehende Begriffe. Das kann bei so großen Zyklen wie beim RdZ natürlich zu einem echten Problem werden, selbst ohne Übersetzerwechsel. Wenn eine Figur oder ein Begriff mal in Band 3 in zwei Absätzen auftaucht und dann erst Jahre später wieder in Bd.7, das kann man leicht übersehen. Gerade bei RdZ heißt Übersetzen auch immer konstantes Nachschlagen, ob nun in der unverzichtbaren „Die Welt des RdZs“ oder in den alten Bänden. Andererseits gibt es immer mal wieder Begriffe, deren Bedeutung sich erst im Laufe der Zeit – sprich in den Folgebänden – ergibt . Bei Robert Jordan weniger, aber bei anderen Serien schon. Da muß man dann manchmal eingreifen und etwas bewußt verändern, weil es halt die Sache nicht zufriedenstellend getroffen hat. Wenn ja, haben sie das Original gelesen oder die Übersetzung ihrer Vorgänger? Beides. Hauptsächlich aber die Übersetzungen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Und zu wissen, was wo wann passiert ist. Inwiefern wird Ihrer Meinung nach der Schreibstil eines Autors durch eine Übersetzung beeinflusst bzw. verändert/verfälscht? Eine Übersetzung kann nie eine Übertragung 1:1 sein. Das würde sich auch ziemlich schrecklich lesen. Das fängt bei den Redewendungen an, die man natürlich nicht wortwörtlich übersetzen kann, und hört bei unnötigen Wortwiederholungen auf. Letztlich ist eine Übersetzung ein im wahrsten Sinne des Wortes übertragener Text. Eine Übersetzung sollte gut lesbar sein, so frei wie möglich, aber auch so frei wie nötig. Man ist der Übersetzer, und nicht der Autor. Der Ton muß halt stimmen. Aber eine große Rolle dabei spielen auch die stilistischen Fähigkeiten des Autoren. Da ist jeder anders. Ein je besserer Erzähler der Autor, desto besser ist naturgemäß auch die Übersetzung. Schreibt der Autor im Heftromanstil – nichts gegen Heftromane, aber das ist einfach eine andere Baustelle, wo es auf andere Dinge ankommt -, sieht natürlich die Übersetzung auch dementsprechend aus. Welche anderen Bücher aus dem Bereich Fantasy haben Sie vorher übersetzt? Mittlerweile ist das eine recht große Liste. Seinerzeit von Ravenloft-Novelisations über Alan Burt Akers bis zu Robert Jordan. Spaß gemacht hat auch K.J.Parkers Trilogie „Die Farben des Stahls“, die leider wohl etwas untergangen ist, ich persönlich aber sehr geschätzt habe, und natürlich Mark Anthony, dessen Zyklus jetzt beendet ist. Arbeiten Sie immer nur an einer Übersetzung zur gleichen Zeit oder überschneiden sich Aufträge? Im Prinzip nicht. Wenn man zwei Bücher von zwei Verlagen mit demselben Abgabetermin hat, hat man ein Problem. Natürlich läßt sich das nicht immer vermeiden. Aber simultan an zwei Büchern zu arbeiten, das funktioniert nicht. Jedenfalls bei mir nicht. Denken Sie, dass es Übersetzungen gibt, die besser als das Original sind? Auf jeden Fall. Bei stilistisch schwach erzählten Texten kann man immer noch was rausholen. Oder Fehler korrigieren, die im Original keinem aufgefallen sind. Passiert öfters, als man denkt. Wenn z.b, im ersten Band eine Szene 1976 spielt, die im Folgeband plötzlich unter der Überschrift 1978 steht. Werden Sie weiterhin der Übersetzer für Das Rad der Zeit sein, jetzt wo Piper die Rechte an der Reihe hat? Ja. „Der Neue Frühling“, der erste „Vergangenheitsband“ ist ja gerade erschienen. Glauben Sie, dass Robert Jordan den Zyklus in 12 englischen Bänden zu einem Abschluss bringen kann? Sicher. Natürlich wird bestimmt nicht jeder Nebenhandlungsstrang zu Ende gebracht werden, aber das muß auch nicht sein. Kannten Sie die Homepage des inoffiziellen RdZ-Fanclubs bevor sie angeschrieben wurden und wenn ja, haben sie einige der Diskussionen dort verfolgt? Nein, ich verfolge das deutsche Fandom allgemein seit einigen Jahren nicht mehr so intensiv. Aber jetzt habe ich mir die HP angesehen und muß sagen: Toll gemacht. Auch das Forum wird ja recht fleißig genutzt, was immer ein gutes Zeichen ist. Wo sehen Sie Stärken von Das Rad der Zeit gegenüber Der Herr der Ringe, kann man diese zwei Universen überhaupt miteinander vergleichen? Das ist eine gute Frage. Und so schwer zu beantworten. Ein Unterschied der beiden Weltenschöpfungen ist ja schon, dass sie im Grunde auf verschiedenen Prinzipien basieren. RdZ ist ja viel weniger mythisch/mystisch ausgeprägt, wenn man sich mal „Das Zeitalter der Legenden“ ansieht, das ja das Fundament der Handlung bildet. Das Konzept mit der „Einen Macht“ ist ja kein klassisch Magisches. Aber es gibt natürlich auch andere Unterschiede. Von der Konzeption her richtet sich RdZ viel stärker nach „modernen“ Lesegewohnheiten. Die Figuren sind meiner Meinung nach differenzierter geschildert. Was ja einen Großteil der spannenden Konflikte ausmacht. Ein paar Beispiele. Einerseits repräsentiert z.b. „Die weiße Burg“ ja ein recht negatives Bild, was verblendete, erzkonservative Einstellungen angeht. Andererseits kann man den Blickwinkel der Amyrlin vor Siuan Sanche durchaus nachvollziehen. Oder die Frage, ob sich Rand oder viel mehr noch Perrin mit den Seanchanern verbünden, das ist schon ein heftiger moralischer Konflikt. Das sind so Dinge, die zumindest mich stärker interessieren als die nächste große Schlacht, wo mal eben ein paar Tausend Mann mit der „Einen Macht“ in ihre Einzelteile zerlegt werden. Robert Jordan hat seine Welt so detalliert aufgebaut, dass es teilweise weit über das schlichte Gut-Böse-Konzept hinausgeht. Und darin ist das RdZ den meisten vergleichbaren Zyklen weit überlegen. Hier gibt es zusehnds mehr „Grauzonen“, was die Sache ja interessant hält. Wer ist ihr Lieblingscharakter in Das Rad der Zeit? Ehrlich gesagt bin immer schon eher ein Fan von Nebenfiguren gewesen. Also eher Gabrielle als Xena, um es mal so zu sagen. Ich mag vor allem Nynaeve, auch wenn ich, wenn ich sie um mich hätte, ihr bestimmt mal auf die Finger hauen würde, wenn sie zum xten Mal an ihrem Zopf zieht. :) Ans Herz gewachsen ist mir aber auch Cadsuane, die große alte Intrigantin. Ist Mazrim Taim Ihrer Meinung nach Demandred? Das wäre zu einfach, oder? :) Was ist ihr Lieblingsbuch abgesehen von Das Rad der Zeit? O je, da gibt es viele. Ich zähle mich eher zu den Leuten, die Lieblingsautoren haben, denen sie die Treue halten. Und da kommt es aufs Genre an. Ich lese privat auch gern mal einen Krimi oder einen historischen Roman. Und früher viel Horror, von King bis Lovecraft. In der Fantasy bin ich immer noch ein großer Fan von Robert E. Howard. Man kann sicherlich viel Kritisches über seine Inhalte sagen, was man aber auch immer aus der Entstehungszeit seiner Geschichten sehen sollte, doch er ist und bleibt ein Vollbluterzähler, von dem ganze Autorengenerationen abgeschrieben haben. Von den zeitgenössischen oder zur Zeit aktuellen Fantasy-Autoren mag ich Karl Edward Wagner, den frühen Michael Moorcock, Michael Stackpole, K.J. Parker und Sara Douglass. Und Markus Heitz, den ich für ein großes Talent halte. Werden die Bücher eigentlich Korrektur gelesen bevor sie in Druck gehen? Sicher. Und das nicht nur einmal. Die Übersetzung wird vom Lektorat bearbeitet, was oft darüber hinausgeht, dass man mal ein Komma vergessen hat. Am Ende werden die Fahnenabzüge auch wieder Korrektur gelesen – wobei hier natürlich weniger auf inhaltliche Dinge eingegangen wird -, manchmal zusätzlich vom Übersetzer selbst, je nach Verlag. Und trotzdem schleichen sich immer mal wieder Satzfehler ein. Aber das ist menschlich, denke ich. Wo gearbeitet wird, passieren halt Fehler. Aber wir haben hier in Deutschland schon ein hohes Niveau, was die grundsätzliche Qualität der fertigen Bücher angeht.
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