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Sorgfältige Pläne

„Die Halskette ist noch da.“ rief Pevara verblüfft.

„Das ist kein Problem.“ stellte Egwene fest und nahm sie einfach ab. Pevara hob eine Braue, als sie die Kette in ihrem Gewand verstaute, sagte aber nichts. „Stell das Buch zurück an seinen Platz, ich werde nicht riskieren, dass es in die falschen Hände fällt. Kennst Du eine vertrauenswürdige Braune Schwester?“

Pevara antwortete nicht, sondern wirkte wie erstarrt, also zog sie sich erstmal vollständig an. Sobald das erledigt war, blickte sie der Roten Sitzenden wieder kühl in die dunklen Augen. „Wir sollten uns langsam auf den Rückweg machen, Tochter. Dabei können wir in aller Ruhe Informationen über die Schwarze Ajah austauschen. Es wäre zu riskant, auf der Stelle noch weitere Funktionen der Rüstung zu testen. Bisher hatten wir Glück, dass alle nur wenig Saidar heranzogen, aber wenn ich versehentlich den Kristall aktiviere, erfährt vermutlich jede Schwester in Tar Valon, was ich getan habe, also werde ich es nicht tun. Stell jetzt das Buch zurück, ich kann Dir nicht gestatten, es mitzunehmen.“ Als die Rote noch immer keine Anstalten machte, es zurückzustellen, nahm Egwene es ihr kurzerhand mit Hilfe Saidars ab und stellte es selbst zurück.

Sofort umgab ein Leuchten die Aes Sedai und sie lief augenblicklich auf den Kristall zu.

So schnell sie konnte, wob Egwene starke Stränge aus Luft, um sie festzuhalten, und war froh, jetzt etwa gleichstark wie Pevara zu sein, denn diese wehrte sich mit aller Kraft gegen sie und versuchte weiterhin eifrig, den Kristall zu erreichen. Schnellstens riss sie die Halskette heraus und legte sie wieder um. Dann wob sie einen starken Schild, der sich problemlos um die Sitzende schloss.

„Ich habe Dich gewarnt, Tochter. Wenn Du hier die Eine Macht lenkst, überwältigt Dich das Schutzgewebe. Ohne mich wärst Du jetzt tot, aufgespießt auf Stacheln, die vermutlich spitzer sind, als alles, was es sonst noch in der Welt gibt. Bist Du jetzt vernünftig und greifst nicht mehr nach der Quelle?“ Sie wartete das heftige Nicken der Frau kaum ab, löste den Schild und trat um den Kristall herum auf die Karte zu, drückte den roten Vakara, und die gegenüberliegende Wand war wieder geschlossen. Weil es jetzt auch wieder dunkel war, ließ sie eine Flamme über ihrer Hand leuchten. Das war mehr als ausreichend, um ihren Weg zu finden. Sie ging zurück, bis sie vor den zwei jetzt roten Knöpfen an der Wand stand und winkte einladend. Die Rote kam schaudernd heran und stellte sich neben sie, wobei ihr Blick fest auf den Kristall gerichtet blieb, der sie fast getötet hätte.

„Bei diesem Bild vom Turm“ meinte Pevara dann plötzlich „da war nur ich zu sehen, Du aber nicht. Das war schon seltsam. Ich frage mich, warum das so ist.“

„Das kommt daher, dass ich ja immer weiß, wo ich gerade bin, Tochter. Um zu wissen, wo ich bin, brauche ich das Bild nicht.“ erklärte Egwene. Es war doch eigentlich ganz einfach, aber die Rote wirkte verblüfft. „Jetzt berichte mir etwas über die Schwarze Ajah, wie kommt es, dass Du weißt, wie viele es gibt?“ sagte sie und drückte den oberen Knopf. Jetzt gab es kein Prickeln mehr, offenbar wurde sie jetzt von dem Vakara erkannt, aber dafür bemerkte sie für einen Augenblick sehr feine Stränge aus allen fünf Strömen. Jetzt war es wieder hell genug, also ließ sie die kleine Flamme über ihrer Hand wieder verblassen.

Als sie nach oben glitten, meinte die Rote nach einer Weile „Vielleicht sollten wir weiter unten aussteigen. Je eher wir zurück sind, desto besser.“

Egwene hatte das ebenfalls vorgehabt. „Weiter oben ist es sicherer, ich möchte nicht wie aus dem Nichts im Quartier einer Ajah erscheinen.“

„Natürlich. Weiter oben ist auf jeden Fall sicherer.“ kam die schnelle Antwort.

Egwene und eine schweigsame Rote Ajah glitten drei weitere Stopps nach oben, bevor sie entschied, dass es hier sicher genug sein würde. Sie drückte zugleich beide gelbe Vakara an der weißen Wand des Schachtes neben ihr und war nicht überrascht, als die Wand des Schachtes sofort zur Seite zischte und sie in einen weiteren Schacht glitten, der waagerecht verlief, statt direkt in einen Korridor zu gelangen.

Diesmal war der Weg nicht weit. Sie kamen an einer weiteren weißen Wand an, auf der sich zwei weitere Vakara befanden, der obere gelb, der untere grün. Sie folgerte, dass genau wie oben grün zur Burg und gelb zu den Schächten führen würde und probierte es mit grün. Sofort glitt auch diese Wand zur Seite und enthüllte einen staubigen Korridor, der sich ansonsten in nichts von denen weiter unten unterschied. „Und wo ist jetzt die Treppe.“ murmelte sie, als sie heraustrat.

Pevara sprach ihren nächsten Gedanken aus, bevor sie selbst es konnte: „Die Rüstung! Dieses Abbild kann uns sagen, wo wir sind.“

Egwene zögerte nicht und drückte auf die Stelle, an der sie den gelben Vakara an ihrem Handgelenk fühlte, aber nichts geschah. Rasch versuchte sie in ihr eigenes Gewand zu schauen, aber das klappte nicht so richtig und sie wollte mit Sicherheit nicht versehentlich etwas auslösen, also hob sie es schließlich hoch. Die zwei Vakara auf ihrer Vorderseite waren nach wie vor schwach sichtbar, wirkten aber nahezu natürlich: Der rote auf ihrer linken Brust, direkt über dem Herzen, sicherlich für Notfälle gedacht, und der graue mitten auf dem Bauch. Sie drückte ihn und die Rüstung wurde wieder sichtbar. Sie ließ ihr Gewand fallen und probierte es erneut. Diesmal erschien die schon fast vertraut wirkende gelbe Burg sofort. Es gab nur zwei hellere Punkte, Pevaras gelben und den roten, der Elaida darstellte.

Egwene schloss die Augen und konzentrierte sich auf Pevara. Sie musste wissen, was alles hiermit möglich war! Vielleicht konnte man jemanden auch näher heranholen, wenn man nur an ihn dachte und ohne ihn mit den Augen zu sehen.

Gerade als Pevara sagte „Wir müssen hier lang“, öffnete sie die Augen wieder und konnte deutlich deren Gestalt erblicken, es hatte also geklappt. Statt der Aes Sedai zu folgen, konzentrierte sie sich auf Zweifel. Wie erwartet, wurde das Abbild schwankend. Sie konzentrierte sich auf das, was sie erreichen wollte und schnell wurde das Abbild grün, bevor es aus der Ansicht verschwand, als sie die gezeigte Veränderung bestätigte.

„Was soll das?“ fragte Pevara halb erschrocken und halb neugierig „Was macht ihr da?“

Wieder diese Anrede! Das musste ein Versehen sein, auf jeden Fall. Die Rote selbst schien es nicht einmal zu bemerken, also ignorierte sie es ebenfalls. „Man kann wohl kaum behaupten, dass Du eine meiner treusten Anhängerinnen bist, Tochter, daher sperre ich auch für Dich den Zugang zum Schacht. Außerdem hast Du meine Anweisungen nicht befolgt und wärst deshalb fast gestorben, das möchte ich nicht noch einmal riskieren.“

„Und warum bin ich dann grün und Elaida ist rot?“ wollte Pevara misstrauisch wissen.

„Weil ich absolut sicher bin, dass Du im Licht wandelst, Tochter.“ War das nicht offensichtlich? Egwene ließ das Bild der Burg verschwinden. „Machen wir uns auf den Weg. Vielleicht bist Du auf dem Rückweg etwas gesprächiger als eben im Schacht, Tochter, es dauert nur Augenblicke, Dir den Zugang wieder zu gestatten.“ Das würde sie mit Sicherheit nicht tun, nicht jetzt zumindest, doch das musste die Rote ja nicht wissen. Sie drückte die Stelle am Bauch, an der sie den grauen Vakara wusste und sah zufrieden, wie ihre Handschuhe verschwanden. Also funktionierte es auch durch Kleidung hindurch, sehr gut.

Pevara wurde tatsächlich etwas gesprächiger, wenn auch nicht sehr. Sie gab keine Namen preis, hatte aber offenbar eine kleine Anzahl Verbündeter, die mit absoluter Sicherheit im Licht wandelten, wie sie betonte. Die vier Schwarzen in der Burg waren auf nicht näher bezeichnete Weise unter Kontrolle gebracht worden – sicherlich mit Hilfe des Eidstabes, aber sie ritt nicht darauf herum. Als die Rote sich daran erinnerte, dass Egwene versprochen hatte, den Trank zu nehmen, erklärte Egwene ihr, sie hätte ihn beim Herz der Weißen Burg gelassen, und ließ es wie ein Versehen klingen. Abgesehen davon, dass sie so die Einnahme einige Zeit verzögern konnte, hatte sie jetzt auch stets einen eigenen Vorrat, falls sie ihn irgendwann benötigen sollte.

Sie lenkte das Gespräch geduldig wieder auf die Schwarze Ajah und ließ ab und an etwas einfließen, das sie selbst in Erfahrung gebracht hatte. Als sie sich den bewohnteren Bereichen näherten (der Staub wurde deutlich weniger), bedrängte sie Pevara etwas heftiger, da sie den Eindruck hatte, dass diese etwas zurückhielt. Als die Rote mürrisch wurde und die Lippen zusammenpresste, blieb Egwene einfach stehen. Da sie schwerlich mit Egwene al'Vere verschwinden und dann ohne sie zurückkommen konnte, brachte dies die pummelige Aes Sedai ernsthaft in Bedrängnis. Sie hatte keine Möglichkeit, Egwene mit Hilfe Saidars zu überraschen, denn inzwischen war sie möglicherweise stark genug, sogar ohne ihren neuen Halsschmuck einen Schild der anderen zu durchbrechen und sie hielt Saidar ja bereits fest, um sie beide mit einem umgekehrten Lauschschutz zu umgeben – angesichts der Bedrohung durch die Schwarze Ajah hatte Egwene ihr offenbart, wie man Gewebe umkehrte. Als sie andeutete, sie könnte eine hoch geachtete Sitzende der Roten problemlos durch ein Tor ins Lager der Rebellen bringen und diese dann Romanda und Lelaine als heiß begehrte Kriegsbeute übergeben, gab Pevara schließlich auf.

Äußerlich ruhig hörte Egwene, dass eine Versammlung der Schwarzen Ajah noch heute Nacht stattfinden würde, aber innerlich spielte sie eine Reihe von Möglichkeiten durch, die sie in eine Aufregung versetzte, die diejenige des bisherigen Tages noch übertraf. Vielleicht war es heute Nacht möglich, alle Schwarzen in der Weißen Burg gleichzeitig auszuschalten! Als die Sitzende zum Ende kam, gab sie sogar zu, dass sie keine Möglichkeit sah, die Versammlung mit ihren wenigen Verbündeten anzugreifen, kaum eine große Überraschung.

Als Egwene erwähnte, dass sie zehn Schwestern kenne, die verschwiegen genug seien, um helfen zu können, meinte die Rote zu ihrer Überraschung trocken, die zehn Rebellen hätten sich ihrem Kampf bereits angeschlossen. „Ich hatte die Hoffnung, im Herzen der Burg vielleicht noch etwas zu finden, das uns helfen könnte, aber es würde zu lange dauern und zu sehr auffallen, die Waffen zu holen und vor allem müsste man vorher herausfinden, wie sie genau funktionieren.“ schloss die Rote resigniert ihren Bericht.

„Du hast im Herzen der Burg sehr wohl etwas gefunden, das helfen kann: Mich.“ gab Egwene zurück. „Wenn Du eine Möglichkeit siehst, mir bis heute Nacht den Trank zu ersparen, sollte ich meine volle Stärke einsetzen können. Gehe mit dem Eidstab zu Beonin. Sage ihr, die Amyrlin Egwene al'Vere fordert von ihr den Ersten Eid, um sicher zu sein, dass sie im Licht wandelt, sie wird es nicht verweigern. Setze sie ins Bild, aber mache deutlich, dass sie sich mir keinesfalls vor dem Abendessen nähern darf. Macht keinen Versuch, weitere Schwarze Ajah einzeln zu erwischen, sonst fallt ihr sicherlich auf, sucht stattdessen lieber nach vertrauenswürdigen Schwestern und prüft sie ebenfalls mit dem Eidstab. Bringt alle vertrauenswürdigen Schwestern nach dem Abendessen in den Saal der Novizinnen, ich werde dort alles vorbereiten. Bringt den Eidstab auf jeden Fall auch mit.“ Sie überlegte einen Moment. „Schicke Meidani so schnell wie möglich zu mir, Elaida darf nicht misstrauisch werden, wenn heute Nacht so viel Saidar gelenkt wird, und wir brauchen sie.“ Egwene war verblüfft über die missmutige Aussage Pevaras gewesen, Elaida sei vermutlich eine Schwarze Ajah, denn sie selbst hielt sie nicht für eine Schwarze, hauptsächlich wegen ihrer Überlegungen zu Tarna Feir. Mehr zu sich selbst murmelte sie, „Ich wünschte, ich könnte mir sicher sein.“

„Sicher wobei?“ wollte Pevara sofort wissen.

„Tarna Feir.“ erklärte sie. „Sie wäre eine wertvolle Verbündete und ich bin mir fast sicher, dass sie keine Schwarze sein kann. Jede Schwarze Ajah, der ich bisher begegnet bin, wäre niemals allein nach Salidar gegangen, ich nehme an, sie hat es für die Weiße Burg getan. Außerdem hatte die Schwarze Ajah bereits mindestens eine Spionin vor Ort: Delana. Sogar die Ratten und Krähen sind weniger geworden, seit sie die Behüterin der Chronik ist.“ Und ich habe heute morgen ganz vergessen, der Herrin der Novizinnen deren Nachricht über meine Respektlosigkeit auszurichten, fiel ihr jetzt ein. Das würde sie gleich nachholen müssen und darauf freute sie sich nicht.

„Ich werde sie testen.“ sagte die Rote sofort mit fester Stimme.

„Und wenn sie doch eine Schwarze ist, lässt Du Elaidas Behüterin der Chronik unauffällig verschwinden?“ fragte Egwene sarkastisch. „Zu riskant, ich werde mich selbst um Tarna kümmern, wenn mein Dienst bei Elaida zuende ist. Wenn ich im Vollbesitz meiner Kräfte bin und den Eidstab habe, sollte das kein Problem sein.“

Für einen Moment schweiften ihre Gedanken ab. Mit Sicherheit war es besser, dass Rand nicht hier war, aber etwas Verstärkung wäre schon nicht schlecht. Mit seinem Amulett wäre Mat jetzt sehr nützlich, aber selbst Perrin wäre nett, auch wenn Wölfe hier nicht nützlich wären. Es wäre einfach schön, einen Freund in der Nähe zu haben, überlegte sie traurig. Leane kam dem zwar nahe, aber in ihrem Kerker war sie schwer zugänglich und das Risiko, sie zu befreien, war zu groß. Außerdem war sie jetzt zu schwach, um sonderlich nützlich zu sein. Es tat weh, so zu denken, aber es war die Wahrheit. Sie ertappte sich bei dem Gedanken, wie schön es wäre, wenn Logain in der Nähe wäre und lachte kurz trocken auf.

Pevara hatte sie nachdenklich beobachtet und fragte jetzt, was so komisch sei.

„Ich dachte gerade, wie nett es wäre, einen Mann hier zu haben, der die Eine Macht lenken kann, das würde den Schwarzen bestimmt Beine machen, meinst Du nicht?“ Sie unterdrückte ein Seufzen, als Pevaras Augen sich erschrocken weiteten, vor Rand hatten sie alle Angst und sicher nahm sie an, dass sie ihn gemeint hatte. „Wir gehen besser weiter, Silviana wundert sich bestimmt schon, wo ich bleibe, normalerweise hätte ich sie zu dieser Stunde bestimmt schon zwei oder dreimal aufgesucht. Außerdem bin ich am Verhungern.“

Sie blickte zurück, als sie merkte, dass die Sitzende sich nicht gerührt hatte und sie nachdenklich betrachtete. „Da ist noch mehr.“ stellte sie fest und die Rote nickte.

„Was könnte ein Mann, der die Macht lenkt, tun, was wir nicht selbst könnten?“ fragte sie zögernd.

„Wer weiß?“, gab Egwene überrascht zurück. „Zumindest könnte er ein Tor in der Nähe der Versammlung öffnen, ohne dass irgendeine Aes Sedai etwas davon spürt. Moiraine sagte mir außerdem einmal, dass im Zeitalter der Legenden größere Zirkel möglich waren als heute, weil männliche Machtlenker daran mitwirkten.“ Als die Rote daraufhin schwieg und dann nachdenklich weiterging, schloss sie sich ihr rasch an. Was war es, dass sie verborgen hielt? Sicherlich konnte sie keine Möglichkeit haben, ausgerechnet in Tar Valon einen Asha'man aufzutreiben, oder?

Den Rest des Weges zum Büro der Herrin der Novizinnen legte sie schweigend zurück. Pevara gab nur im Vorbeigehen zwei Roten Schwestern ein Zeichen, und die beiden, die hier auf sie gewartet haben mussten, traten sofort näher. „Bringt sie zur Herrin der Novizinnen.“ trug die Rote ihnen energisch auf. Wie einen nachträglichen Einfall fügte sie hinzu „Den Trank hat sie von mir für heute schon bekommen.“

Silviana seufzte nur, als Egwene ihr berichtete, sie hätte Pevara nicht ein einziges Mal „Pevara Sedai“ genannt und sei der Behüterin der Chronik bereits gestern Abend respektlos begegnet, hätte in der Eile heute morgen aber vergessen, ihr dies auszurichten.

Wortlos begann die Rote Schwester mit ihrer Arbeit und zeigte zunächst kaum mehr Einsatz als am Morgen. Egwene spürte die Schläge allerdings nur als leichte Berührung, ihre Rüstung trug diese Bezeichnung offenbar zu recht. Sie überlegte einen Moment, ob sie so tun sollte, als ob sie Schmerzen hätte, tat es dann aber als albern ab. Das war phantastisch, zweimal musste sie sogar ein Gähnen unterdrücken, weil ihr langweilig wurde!

Silviana gab sich mehr und mehr Mühe, probierte Beine, Arme, Hände und sogar die Fußsohlen aus und nahm am Ende sogar ihren Stock, den sie nur bei besonderen Gelegenheiten benutzte, aber sie spürte trotzdem kaum eine Erschütterung und nach wenigen Schlägen zerbrach er. Silviana starrte erst ihn und dann sie ungläubig an und gab dann auf. Sie hatte drei Mal eingehend und aus allen Blickwinkeln ihr fast unversehrtes blankes Hinterteil betrachtet, hatte aber die Rüstung natürlich nicht sehen können. Sie hatte sie mit Hilfe der Macht untersucht, aber damit offenbar ebenfalls nichts erreicht, was wirklich hervorragend war. Die Herrin der Novizinnen überlegte sichtlich, ob sie Egwene danach fragen oder was sie sagen sollte, aber dann zuckte sie nur fast unmerklich mit den Schultern, seufzte und wandte sich ab, um sich hinter ihren Schreibtisch zu setzen. Ihr Gesicht war gerötet von der Anstrengung und auf ihrer Stirn glitzerten sogar einige Schweißperlen!

Weil Egwenes Magen mehrmals geknurrt hatte, schickte sie sie dann sogar mürrisch auf direktem Weg in die Küche, um etwas zu essen. Sie war stolz darauf, dass ihre Lippen erst zuckten, als sie sich bereits abgewandt hatte, zu recht stolz, wie sie fand. Ihr übliches Treffen vor dem Abendessen wurde trotz ihres fehlenden Knickses mit keiner Silbe erwähnt, also musste es wohl gerade ausgefallen sein.

Die Zeit bis zum Abend verging rasch. Sie war müde, weil sie zu wenig geschlafen hatte, daher erledigte sie ihre Arbeiten etwas langsamer als üblich, aber keine der beiden Roten, die sie bewachten, verlor ein Wort darüber. Niemand kam, ihr den Trank zu geben, also hatte Pevara irgendwie dafür gesorgt. Sie durchdachte jede Möglichkeit, die ihr wegen der Versammlung der Schwarzen Ajah in den Sinn kam, währenddessen sorgfältig, zum Wischen des Bodens brauchte sie sich ja nicht zu konzentrieren, das war schon in Emondsfeld altbekannte Gewohnheit gewesen.

Als sie gegen Abend den Saal der Novizinnen betrat, herrschte die gewohnte erwartungsvolle Stille und praktisch alle Novizinnen und Aufgenommenen schienen anwesend zu sein. Sie sprach laut, aber gelassen, als sie zu ihrem Platz ging. „Sobald Pevara Sedai hier ist, verlassen alle Novizinnen sofort den Saal. Alle Aufgenommenen kommen auf der Stelle zu mir. Nicola, zu mir.“ Ohne auf die angemessene Verbeugung der letztgenannten zu achten, als sie sich ihr anschloss, schritt sie zu ihrem Platz und setzte sich, nachdem sie wie gewohnt das Kissen zur Seite gelegt hatte. Sie wartete, bis die Novizin, die ihr das Essen brachte, wieder ging, bevor sie einen kleinen Lauschschutz wob und ihn umkehrte. „Du bleibst immer hinter mir und lenkst nicht die Eine Macht, bis ich Dir etwas anderes sage, Kind.“ Nach einem ruhigen „Ja, Mutter“, aus dem deren Neugier nur schwach herauszuhören war, stellte sich Nicola hinter sie und sie begann zu essen.

Wenig später standen die Aufgenommenen in einem weiten Halbkreis vor ihr. Gerne hätte sie mit dieser Prüfung ihrer Loyalität noch gewartet, aber die Versammlung der Schwarzen Ajah ließ ihr keine Wahl und sie musste von Anfang an Pevara und den anderen Schwestern zeigen, wer das Sagen hatte, sonst würden sie sie nicht ernst nehmen. Rasch erweiterte sie den Lauschschutz und blickte dann scheinbar unbeteiligt in die neugierigen und erwartungsvollen Gesichter vor sich.

„Während die Novizinnen den Saal verlassen, bildet ihr einen weiten Kreis um Pevara und die Schwestern, die sie begleiten werden. Sobald die letzte Novizin die Tür geschlossen hat, schirmt ihr alle Schwestern ab und verknüpft dann sofort die Schilde. Ich will nur Schilde sehen, klar? Natürlich müsst ihr trotzdem wahrscheinlich einige Gewebe auflösen, aber von Euch will ich Schilde sehen und sonst nichts. Die Schwestern werden etwas erschrocken sein, aber es sollte mir ohne Weiteres möglich sein, sie zu beruhigen, also habt ihr nichts zu befürchten. Habt ihr alle verstanden, was ihr tun sollt?“ Sie trank mit ruhiger Hand einen Schluck Tee und musterte die jungen Frauen über den Rand der Tasse hinweg. Auch wenn einige zögerten, bekam sie schließlich von allen ein „Ja, Mutter.“ So weit, so gut.

Hätte sie Novizinnen vor sich gehabt, hätte sie Ihnen gesagt, was sie in der Zwischenzeit tun sollten, aber dies waren Aufgenommene. Während sie in aller Ruhe weiteraß und ihnen keine weitere Beachtung schenkte, blickten sie sich gegenseitig und auch Nicola unsicher an. Aufgeregt begannen sie dann zu flüstern und wenig später machten sie sich in zwei Gruppen auf den Weg zur Tür und stellten sich dann in einigem Abstand von einander an den Wänden auf. Offenbar hatten sie vor, die Schwestern von beiden Seiten in die Zange zu nehmen und Egwene hatte an dieser Taktik nicht das geringste auszusetzen.

Auch von den Novizinnen schnappte sie ein paar Worte auf. Statt der üblichen Stille ging ein erwartungsvolles Raunen durch den Saal. Sie musste ein Lächeln unterdrücken, als sie ein ungläubiges „Zwei Mal?“ im Akzent von Cairhien hörte. In der Tat, dachte sie grimmig, nur zwei Mal heute, und nur das erste war erwähnenswert schmerzhaft gewesen. Von Minute zu Minute wurde sie nervöser, würde Pevara tatsächlich kommen? Sie hatte dafür gesorgt, dass sie den Trank nicht bekam, aber würde sie wirklich so weit gehen, sich so direkt und eindeutig in Egwenes Hände zu begeben, würden sie und die anderen verzweifelt genug sein, das war die Frage.

Sie vergrößerte den umgekehrten Lauschschutz, damit es nicht auffiele langsam, bis er den gesamten Saal einschloss und wartete.

Ihr Hunger war längst gestillt, als die Tür endlich aufschwang und Pevara Seite an Seite mit Saerin eintrat, dicht gefolgt von weiteren Schwestern. Die zehn Rebellinnen folgten den nur sechs Aes Sedai – immerhin fast nur Sitzende mit entsprechendem Potential – die Pevaras Armee darstellten, Beonin kam als letzte hinterher.

Alle Aes Sedai wirkten beherrscht, aber sie sah bei mehreren Unsicherheit aufkommen, als die Novizinnen hektisch den Saal verließen, obwohl keine von ihnen auch nur einen Ton von sich gegeben hatte. Selbst auf einen scharfen Befehl der Herrin der Novizinnen persönlich hin, hätte sich der Saal nicht schneller leeren können, wie sie zufrieden feststellte.

Egwene blieb noch einen Moment ruhig sitzen und trank ihren Becher aus, bevor sie aufstand. Nur Pevara und Saerin blickten zu ihr, alle übrigen musterten entweder die Novizinnen oder die sie umgebenden Aufgenommenen. Hatte die Rote der Braunen schon von den Büchern erzählt? Vermutlich. Nur die fünf Sitzenden und Beonin hielten bereits Saidar, hätten alle Schwestern Saidar gehalten, hätte sie ihren Überraschungsangriff abblasen müssen, aber so sollte es nicht zu sehr auffallen. Sie fühlte die beruhigende Anwesenheit der Halskette in ihrem Gewand, als sich ihre Finger darum schlossen. Langsam trat sie um den Tisch herum und Nicola folgte ihr. Da die Schwestern in der Nähe der Tür stehengeblieben waren, machte Egwene langsame Schritte auf sie zu, statt einfach stehenzubleiben wo sie war. Die meisten richteten ihre Blicke jetzt nervös auf sie. Dann hörte sie, wie die Tür hinter der letzten Novizin ins Schloss fiel, und das Leuchten Saidars flammte um die Aufgenommenen auf.

Nur zwei der Rebellinnen schafften es, Saidar zu ergreifen, die übrigen acht sowie die Rote, die keine Sitzende war, waren sofort aus dem Rennen. Schreie erfüllten den Saal. Auch einige der Aufgenommenen waren bereits abgeschirmt, aber sie bemerkte erfreut, wie Lucile die Schilde schnell wieder löste. Weniger erfreulich war, dass zwei der anderen sich verknüpft hatten, das durfte sie nicht durchgehen lassen, auch wenn sie nicht sehr stark waren.

Beonin hielt der auf sie konzentrierten Menge an Schilden nicht mehr stand, da die sie umgebenden Schwestern bereits außer Gefecht waren, und das Leuchten um sie erlosch. Die zwei übrigen Rebellinnen und zwei der Sitzenden waren nur Augenblicke später außer Gefecht, nur Pevara, Saerin und Seaine hatten es geschafft, einen Zirkel unter Saerins Kontrolle zu bilden. Gegen die jetzt einsetzende Flut aus Schilden jedoch hatte die Braune keine Chance und das Leuchten um alle drei erstarb praktisch zeitgleich.

Es waren nur wenige Herzschläge vergangen, seit die Tür sich geschlossen hatte. Sofort wob Egwene Saidar und ihre Stimme erfüllte den Saal.

„Das genügt, die Übung ist beendet. Ihr bleibt genau da stehen, wo ihr jetzt seid und lasst Saidar fahren. Lucile, gut mitgedacht, aber ich kann mich nicht erinnern, etwas von Auflösen der Schilde gesagt zu haben, also wirst Du Dich morgen freiwillig zum Küchendienst melden.“ Sie beachtete das halb erfreute und halb mürrische „Ja, Mutter.“ nicht, sondern fuhr fort. „Halara, Geridis, von Verknüpfen war mit Sicherheit nicht die Rede, ich hoffe, ihr habt nichts gegen drei freiwillige Tage in der Küche einzuwenden?“

Ein schuldbewusstes „Nein, Mutter.“ kam aus zwei Mündern zugleich. Sie veränderte den Lauschschutz, damit er nur noch sie selbst, die ihr folgende Nicola und die Aes Sedai umgab.

„Pevara“ wandte sie sich freundlich an die Rote, während sie ihre Halskette umlegte „wie ich sehe, war Deine Sorge, ihr könntet es mit der Schwarzen Ajah nicht aufnehmen, berechtigt, wenn man Eure Effektivität gegenüber bloßen Aufgenommenen betrachtet. Bist Du absolut sicher, dass alle, die Dich begleiten, im Licht wandeln, Tochter?“

„Natürlich bin ich sicher, Kind.“ gab die Angesprochene unwirsch zurück „Was soll dieser Unsinn?“

„Man wird nicht alt, wenn man nicht vorsichtig ist, Pevara. Wer hat den Eidstab? Saerin?“ Sie musste, als stärkste in der Macht, die ranghöchste unter den Anwesenden sein und hatte daher vermutlich die Führung inne.

„Ja.“ gab die Rote mürrisch zu.

„Du wirst ihn nicht von mir bekommen, Kind, was fällt Dir ein?“ warf Saerin wütend dazwischen. „Pevara, wenn ich...“

Egwene fesselte sie allesamt mit Strängen aus Luft, was Saerin abrupt zum Schweigen brachte, und klopfte gelassen die Taschen der Braunen Sitzenden ab, während die übrigen Schwestern sie ungläubig musterten. Sie fand den Stab sofort und nahm ihn an sich. Auch Saerin war anscheinend sprachlos und ihre Augen weiteten sich.

Sie wandte sich an Nicola und lenkte etwas Geist in den Stab, Siuan hatte ihr alles Notwendige mitgeteilt. „Lege den Ersten Eid ab, Kind.“ Die ungläubigen Ausrufe der Schwestern ignorierend, fasste Nicola zögernd nach dem Eidstab und leistete mit halbwegs fester Stimme den Ersten Eid. „Wandelst Du wahrhaftig im Licht, Kind?“ fragte Egwene und sie bestätigte das mit schwankender Stimme, stand aber weiterhin aufrecht und wirkte äußerlich fast gelassen. „Nimm den Eid jetzt zurück, Kind.“ sagte sie und sofort wurde der Anweisung Folge geleistet. „Teile allen Aufgenommenen einzeln und unter einem Lauschschutz mit, dass ich für eine Frage den Ersten Eid von ihnen fordere und warum. Schirme sie vorher ab und verknote die Stränge. Wenn eine sich weigert, fesselst Du sie und verstärkst ihren Schild, bevor die nächste dran ist. Greift eine von ihnen vorher nach Saidar, Schirmst Du sie ab und verfährst ansonsten genauso.“

Nicola schluckte, sagte aber mit halbwegs fester Stimme „Sofort, Mutter.“ und ging auf Lucile zu.



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