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18. Nesan

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Zu spät

Sie taumelte auf weichen Knieen, sobald die Fesseln aus Saidar sich lösten.

Es schien unmöglich. Sie war weder gefesselt, noch abgeschirmt und dennoch weiterhin gefangen! Ein schriller wütender Schrei stieg aus ihrer Kehle auf. Sie ließ ihn heraus, weil sie das Gefühl hatte, vor Wut platzen zu müssen, wenn sie es nicht tat. Sie holte aus, um mit voller Wucht gegen das einzige zu treten, dass sich außer ihr und diesem... diesem... was immer es war, im Raum befand. Bevor sie wirklich zutrat, änderte sie jedoch die Richtung und trat lieber fluchend gegen die Wand. Es tat weh, aber sie trat noch einmal dagegen, weil es einfach zu gut tat, ihrer Wut freien Lauf zu lassen.

Noch nie war sie eine Gefangene gewesen, noch nie! Erst Lews Therin war es gelungen, sie zeitweilig aus dem Verkehr zu ziehen. Die meisten Auserwählten waren zu irgendeiner Zeit nah daran gewesen, gefangengenommen zu werden, sogar die übervorsichtige Moghedien. Semirhage war unglaubliche drei Mal fast erwischt worden und einmal sogar nach einer Gefangennahme wieder entkommen! Es musste ihr ebenfalls gelingen, zu fliehen, es musste einfach gelingen!

Mesaana brauchte eine Weile, bevor sie sich ein wenig beruhigte. Nachdem sie die Flasche aufgehoben und geöffnet hatte, roch sie an der Flüssigkeit darin. Zwar war sie alles andere, als eine Kräuterkundige, aber sie hatte sich den Geruch vorsichtshalber eingeprägt und erkannte ihn wieder. Wie? fragte sie sich frustriert, wie war das bloß möglich?

Sie bekämpfte den starken Drang, die verdammte Flasche gegen die Wand zu schmettern, denn es gab hier sonst nichts zu trinken. Fassungslos und wütend starrte sie zu der kleinen Flamme aus Saidar hinüber. Eigentlich war das, was die verfluchte Egwene al'Vere da getan hatte völlig unmöglich; ein so starkes Feld der Attraktion war ihr noch nie begegnet. Jeder, der hier Saidar lenkte, sollte sich gierig in diese spitzen Stacheln stürzen, soweit sie wusste. Es musste diese seltsame, bunte Rüstung gewesen sein, die das Mädchen anscheinend wie eine zweite Haut umgab, eine andere Erklärung gab es nicht. Trotz ihrer Wut war sie froh über das Licht, hier im Dunkeln festzusitzen und permanent die Attraktion zu spüren, wäre deutlich schlimmer, so konnte sie sich wenigstens bewegen, ohne blindlings in die Stacheln zu rennen.

Was dieses glitzernde Ding auch für ein Ter'angreal war, es schien eindeutig, dass es für das Verschwinden der Quelle vorhin verantwortlich war. Derartige Ter'angreale wurden erst nach ihrer Einkerkerung geschaffen, um der Bedrohung durch den Wahn der männlichen Aes Sedai zu begegnen. In Far Madding gab es anscheinend ein ganz ähnliches, zumindest nach dem, was sie erfahren hatte, aber im Gegensatz zu dem hier musste man kein Machtlenker sein, um es zu aktivieren. Dafür konnte man es aber nicht aus der Ferne aktivieren, sondern nur vor Ort... Ärgerlich schob sie diese Überlegungen zur Seite, denn es brachte nichts, das Zusammenwirken von Ter'angreal und Rüstung genauer zu analysieren. Ihre derzeitige Lage war es, die sie jetzt gründlich untersuchen musste.

Mit mühsam errungener Ruhe vergegenwärtigte sie sich, was geschehen war: Vor nicht einmal einer Stunde war sie aus der Küche getreten, um herauszufinden, was im Saal der Novizinen vor sich ginge. Dass der Lauschschutz umgekehrt gewesen war, hatte sie von der Küche aus ebenso wenig feststellen können, wie dass das al'Vere-Mädchen die Macht nicht einmal richtig gelenkt hatte. Oh, es war viel Saidar gelenkt worden, doch sie selbst hätte vermutlich schon ohne den starken Angreal diese Menge halten können, vielleicht sogar mehr. Sie war völlig sicher gewesen, dass niemand ihre Verkleidung würde durchschauen können, und hatte sich für unangreifbar gehalten. Und sie war sich sicher, dass sie auch nicht erkannt worden war, dieses Kind hatte einfach die Nerven verloren, das musste es sein. Wenn sie den Ernst der Lage sofort erkannt hätte, hätte sie gewiss gewinnen oder zumindest entkommen können!

Stattdessen hatte sie die Blockierung nur zertrennt, ärgerlich darüber, enttarnt worden zu sein; hatte ganz selbstverständlich angenommen, das Mädchen griffe bereits mit voller Kraft an. Sie hatte selbstsicher mehr Saidar für eine Schockwelle aufgenommen – und nur mit knapper Mühe dem nächsten Block standhalten können. Hatte bis zur Schwelle des Ausbrennens Saidar in sich aufgenommen, um sich zu wehren, als auch einige der übrigen angriffen.

Nach wie vor hätte sie zumindest fliehen, vielleicht sogar gewinnen können, davon war sie überzeugt, ihre Erfahrung hätte letztendlich den Ausschlag gegeben. Frustriert knirschte sie mit den Zähnen, als sie sich an ihre Verblüffung erinnerte, als die Quelle einfach verschwand und das Mädchen plötzlich einen bunten Helm und Handschuhe trug. Und obwohl auch das nach allem, von dem sie je gehört hatte, nicht möglich war, hatte sie Saidar weiterhin lenken können. Hatte sie leicht wie ein Kind gefesselt und ihr dann kaum noch Beachtung geschenkt, sondern sich an die Schwestern gewandt und rasch erschreckend gut durchdachte Anweisungen erteilt. Sie könnte schwören, dass diese so genannten Aes Sedai mindestens so überrascht gewesen waren, wie sie selbst, als das verdammte Kind ein Cur'hathra aufrief - das sie erschreckenderweise bediente, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan!

Mesaana hatte mit großer Anstrengung äußerlich ihre Ruhe bewahren können, als Pevara, Saerin, Beonin und dieser ihr völlig unbekannte Mann, der offenbar Saidin lenken konnte - sie hatte unsichtbare Stränge abwehren müssen, die aus seiner Richtung gekommen waren, wenn auch nicht sonderlich stark für einen Mann - sie eilig durch die Küche und die Korridore fortgezerrt hatten.

Sie hatte selbst schon einige Vakara hier in der Burg entdeckt, war jedoch außerstande gewesen, die Zugänge zu öffnen, und schließlich zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht mehr funktionierten. Dennoch war sie nur mäßig überrascht gewesen, als die Schiebetür sich öffnete. Es war fast amüsant gewesen, die Versuche sie auszufragen zu ignorieren, ihre Anwesenheit hatte die vier vermutlich genauso erschreckt, wie diese für sie fremdartigen Technologien, die ihr selbst so vertraut erschienen. Sie hätte sogar fast den Schild gebrochen, als Pevara plötzlich erstarrte, weil sie dumm genug gewesen war, einen Vakara zu berühren, der für sie gesperrt war. Und dann war ohne erkennbare Ursache der Sh'a'tra nach oben geglitten!

Aus der Ferne bedienbare Sh'a'tra waren zu ihrer Zeit ungeheuer selten gewesen und nur wenige hatten die geistige Wendigkeit besessen, damit umzugehen. Im Collam Daan hatte es ein Forschungsmodell gegeben, dass man besichtigen konnte, allerdings führte es nur von unten nach oben und zurück. Zwar funktionierte es ohne jede Ausrüstung, aber längst nicht bei jedem, der es versuchte.

Als sie erkannt hatte, dass es Egwene al'Vere sein musste, die diesen hier lenkte, hatte sie zum ersten Mal, tief unter ihrer ungläubigen Wut, einen ängstlichen Stich verspürt. Als sie die Spitze der verdammten Weißen Burg völlig verändert vorfand, war das ein regelrechter Schock gewesen. So gigantische veränderbare Ter'angreal waren ungeheuer schwierig herzustellen und sie hatte nichts von der Transformation mitbekommen.

Da hatte sie zu ahnen begonnen, dass das Mädchen tatsächlich so gefährlich war, wie dieser entsetzliche Myrddraal behauptet hatte. Auch Ishamael hatte von Anfang an behauptet, sie sei gefährlich und nur deshalb hatte sie damals dafür gesorgt, dass sie in die Hände der Seanchaner fiel. Sobald sie unglaublicherweise entkommen war, hatte sie Pläne geschmiedet, sie zurückzubringen, aber diese verdammte Sanche-Frau hatte sie zu schnell und zu gründlich aus dem Weg geschafft, um sie wieder aufspüren zu können. Ishamael hatte ihr nie verraten, warum sie ausgerechnet Siuan Sanche zur Flucht verhelfen sollte, sobald sie abgesetzt wäre, aber da der Große Herr der Dunkelheit den Befehl bestätigt hatte, gab es natürlich keine andere Wahl, als zu gehorchen. Sie nahm an, es hatte mit der Spaltung zu tun und sollte sie verstärken.

Angestrengt mied sie jeden Blick auf den seltsamen Ter'angreal, der sie hier so sicher fesselte, wie es Shaidar Haran bei jener entsetzlichen Gelegenheit mit der Wahren Macht getan hatte. Sie mied auch Blicke auf die roten Vakara, die Versuchung, einen davon testweise zu berühren, stieg von Minute zu quälender Minute, obwohl sie die Folgen kannte. Gegenüber der Tatsache, dass sich nicht einmal ein Block zwischen ihr und Saidar befand, erschien es ihr jedoch wie ein Kiesel gegenüber einem Berg. Sie wusste, dass sie sich auf der Stelle auf die tödlichen Stacheln stürzen würde, wenn sie die eine Macht berührte, aber die Versuchung, es einfach zu tun, trieb sie schier zur Raserei. Sie zweifelte nicht daran, dass das widerliche Mädchen sich darüber im Klaren war.

Ihre Erinnerungen an das kürzlich Geschehene schossen zusammen mit früheren willkürlich durch ihren Verstand und fügten sich zu immer entsetzlicheren Möglichkeiten zusammen, während sie fluchend auf und ab lief. Die Zeit verging nur quälend langsam. Sie sah, wie Elaida sich weinend bei dem Mädchen entschuldigte und ihr vergeben wurde. Sie sah, wie die Weiße Burg zu einer starken Macht wiedervereinigt wurde, mit dem Mädchen als Zentrum. Sie sah, wie das Kind – und mehr war sie nicht! Nur ein Kind! - mit einer Horde von wütenden Schwestern über völlig überraschte Schwarze Ajah herfiel und sie allesamt gefangennahm, genauso wie sie. Dieses Bild war eines der Schlimmsten, denn es war sogar wahrscheinlich. Es musste einen guten Grund dafür geben, warum Beonin, also praktisch mit Sicherheit Elaidas Spionin in Salidar, Pevara, eine Sitzende der Roten, und Saerin, die Ranghöchste der Sitzenden überhaupt, sich bereitwillig dem Mädchen unterordneten. Die Schwarze Ajah war genau die Art Grund, die das bewirken konnte. Natürlich wusste sie auch von der Vollversammlung, die Alviarin eigenmächtig einberufen hatte – die Frau hatte es trotz allem nicht gewagt, sie nicht zu informieren. Eine bessere Gelegenheit konnte sich das Mädchen garnicht wünschen. Noch heute Nacht war es soweit und es gab absolut nichts, was sie dagegen unternehmen konnte! In besonders schrecklichen Augenblicken sah sie sogar, wie sie selbst tränenüberströmt um Vergebung bat und im vollen Bewusstsein dessen, was es bedeuten würde, dem Schatten freiwillig abschwor, damit sie endlich wieder Saidar lenken durfte.

Immer wieder öffnete sie die Flasche, fest gewillt, in einen traumlosen Schlaf zu flüchten, wie kurzfristig dieser auch wäre. Doch sie konnte nicht, es musste einen Ausweg geben.

Sie brüllte Flüche, bis sie heiser war. Nicht so sehr aus Wut, das natürlich auch, sondern mehr in dem Bemühen, der ständigen Verlockung Saidars zu widerstehen, das sie jetzt lange Zeit praktisch ununterbrochen gelenkt hatte. Die Eine Macht nicht ergreifen zu können, obwohl sie nicht blockiert war, trieb Wut und Verlangen in immer stärkeren Wellen durch ihren Verstand. Sie trommelte mit den Fäusten gegen die Wände, bis ihre Knöchel bluteten, aber selbst das lenkte sie nur kurzfristig davon ab.

Immer wieder versuchte sie auch, die Wahre Macht zu ergreifen, aber diese Ehre war ihr genommen worden, also war es ein vergebliches Bemühen.

Zwei Mal setzte sie die Flasche an, damit sie der Versuchung Saidars mit absoluter Sicherheit noch länger widerstehen würde, einfach weil sie nicht mehr anders könnte. Beide Male schloss sie die Flasche wieder mit zitternden Fingern. Das vom Licht verfluchte Kind könnte Tage brauchen, bis sie eine Gelegenheit fände, wieder hierher zu kommen. Die Weiße Burg war ein völliges Chaos und sie würde auf der Stelle alles versuchen, um wieder Ordnung hineinzubringen. Mesaana hatte es immer sehr zweckmäßig gefunden, andere mit Durst zu Quälen, weil es so einfach und doch effektiv war, daher wusste sie, dass sie innerhalb von erschreckend kurzer Zeit nach dem verdammten Tee schreien würde, wenn er erst geleert war. Sie glaubte nicht, dass das Mädchen sie hier verdursten lassen wollte, aber was, wenn sie nicht zurückkehren konnte?

Sie erinnerte sich an die fast gelangweilte Stimme Egwene al'Veres, die ihr innerhalb von wenigen Sekunden ihre Identität entlockt hatte, und schauderte. Sie hatte erschreckend echt geklungen.

Alle ihre Pläne für die Weiße Burg waren jetzt nutzlos geworden. Vor einiger Zeit hatte sie Alviarin befohlen, im Falle der Entdeckung den Seanchanern das Schnelle Reisen zu zeigen, damit sie die Weiße Burg angriffen, aber, selbst wenn die verdammte Alviarin irgendwie entkam, was würde das noch nützen? Wenn sie die Markierung auf dieser Karte richtig deutete, würde niemand außer Egwene al'Vere in Tar Valon die Macht lenken können. Mit dem Sa'angreal, dass sie offensichtlich hier gefunden hatte, konnte sie eine Armee aufhalten, wenn es sein musste. Ganz allein!

Mesaana hatte vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben echte Angst. Wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, dann war sie vielleicht sogar in Panik, was sollte sie nur tun!

Wie schon oft in den vergangenen Stunden, kam ihr der verzweifelte Gedanke, sich der Gnade des Großen Herrn auszuliefern, so lange sie noch konnte. Andere der Auserwählten hatte ein weiteres Leben in einem neuen Körper geschenkt bekommen, warum nicht auch sie? Es wäre ganz einfach, sie musste nur nach Saidar greifen. Allerdings waren die anderen nicht, wie sie, schon vor ihrem Tod beim großen Herrn in Ungnade gefallen, und wenn sie keinen neuen Körper bekam...

Bei der bloßen Vorstellung erstarrte ihr Rückgrat zu Eis. Gnade gab es vor dem Großen Herrn der Dunkelheit nicht. Die verzweifelte Unterwürfigkeit Moghediens gegenüber Shaidar Haran kam ihr in den Sinn, Cyndane nicht zu vergessen, die vielleicht die wiedergeborene Lanfear war, auch wenn ihre Beherrschung Saidars abgenommen hatte, was eigentlich völlig unmöglich sein sollte. Plötzlich kam ihr ein neuer Gedanke: Das Mädchen hatte behauptet, Moghedien zu kennen, konnte hier der Grund für deren äußerst untypischen Gehorsam liegen? War vielleicht auch sie bestraft worden?

Ihr fiel ein, dass Egwene al'Vere als Träumerin Tel'aran'rhiod betreten konnte. Warum hatte sie sich dann nicht überzeugt, dass sie das nicht gleichfalls konnte, um andere zu warnen? Weil sie wusste, dass sie es nicht konnte, sie wusste es! Es musste so sein. Moghedien musste es ihr verraten haben, wann auch immer sie sich begegnet waren. Blut und Asche! Das musste der Grund für deren Unterwürfigkeit sein, sie hatte Geheimnisse verraten, wer weiß, was sonst noch für welche, war dann aber irgendwie entkommen und man hatte sie für ihren Verrat bestraft. Sie erkannte, dass auch sie selbst bald dasselbe tun würde, wenn Moghedien Egwene auch noch gezeigt hatte, wie das zu erreichen wäre. Das Mädchen würde sicherlich keine Skrupel haben, alle verfügbaren Gewebe auch bei ihr anzuwenden, schließlich war sie eine der Auserwählten. Undenkbar, in der Gunst des Großen Herrn noch weiter zu fallen, aber wie konnte sie das verhindern? Sie dachte an den Binder, den alle in dieser Zeit nur den Eidstab nannten – er war hier in der Burg und jede Sitzende hatte Zugang dazu! - und geriet jetzt erst richtig in Panik.

„Hilf mir, Großer Herr der Dunkelheit!“ rief sie voller Verzweiflung.

Sie fuhr herum, als der Sh'a'tra plötzlich erschien und hoffte für den Bruchteil einer Sekunde, sie sei erhört worden. Dann erkannte sie, wer da kam und warf sich auf den Ter'angreal, während sie mit voller Kraft nach Saidar griff. Es war ihre einzige Chance!

Das Verlangen erfüllte sie augenblicklich, bis sie völlig davon eingenommen war. Doch es war zu spät. Gerade, als die nächstliegende Spitze ihre Haut direkt über dem Herzen ritzte, wurde sie zurückgeschleudert und hing praktisch sofort abgeschirmt in der leeren Luft, da sie in diesem Zustand nicht einmal auf den Gedanken gekommen war, Saidar tatsächlich anzuwenden.

„Neeeein! Ich habe es versucht, Großer Herr der Dunkelheit! Hilf mir, so hilf mir doch! Gnade, Gr...“ zusätzlich zu den Fesseln hielt jetzt ein Knebel ihren Mund geschlossen. Mühsam erwiderte sie den stechenden Blick ihrer Lebensretterin, während sie bittere Tränen der Verzweiflung zu unterdrücken versuchte. Oh, Großer Schatten, sie hatte es doch versucht!

„Du wolltest es wirklich tun.“ sagte das Mädchen leise und trat neugierig näher heran. „Du hast tatsächlich versucht, Dich umzubringen, Verlorene, ich frage mich warum. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mich sofort nach dem Grund dafür erkundigen, aber ich bin diesmal nicht hier, um Dich zu befragen, die Versammlung der Schwarzen Ajah seht unmittelbar bevor. Ich habe eine Entscheidung getroffen und Dich so zu sehen bestätigt mir, dass es der einzige Weg ist.“ Sie zog den Binder aus der Tasche und Mesaana versuchte vergeblich, zu schreien.

Sie würde...

Sie warf sich zu Boden, es war das mindeste, was sie angesichts dieser Herrlichkeit tun konnte, denn in ihrer ungeheuren Überheblichkeit hatte sie es gewagt, fliehen zu wollen, obwohl sie weniger wert war als nichts. Sie wollte beteuern, dass sie alles für die grandiose Herrin tun würde, hörte dann aber stattdessen begierig auf die glockenhellen und unbezweifelbaren Worte, die das wundervolle Mädchen vor ihr sagte: „Entsage dem Dunklen König!“

So schnell sie konnte, tat sie es. Sie wusste, dass die Strafe dafür auf dem Fuße folgen würde, aber dieser wunderbaren Herrin nicht zu gehorchen war ... einfach undenkbar. Sie brüllte unter Schmerzen, wie sie sie noch nie erfahren hatte, und hoffte verzweifelt, dass sie damit dieses ehrwürdigste aller Mädchen nicht beleidigte. In Wirklichkeit dauerte es nur Augenblicke, aber in ihrem Inneren schienen Ewigkeiten zu vergehen, in denen ihre Seele dem Zugriff des Großen Herrn entzogen wurde.

„Sei sofort still!“

So schnell, wie sie gekommen waren, hörten die Qualen wieder auf und sie war erleichtert, diesem Befehl der Herrin nachkommen zu können. Sie fühlte sich zwar noch schwach und da war eine hohle Leere in ihrem Inneren, aber das konnte sie ertragen. Für die Herrin würde sie es ertragen.

„Jetzt leiste die drei Eide!“

Sie griff sofort nach dem Binder und tat, wie geheißen. Die Worte kamen etwas undeutlich über ihre Lippen, die Schwäche in ihr war nur verdrängt, nicht vergessen, aber sie spürte, dass sie wirkten. Immer enger zogen sich unzerbrechliche Bande um ihren Geist. Fesseln, die sie von nun an immer spüren würde, aber für die Herrin war es das mindeste, was sie auf sich nehmen konnte.

„Schwöre mir Gehorsam!“

Sofort erfüllte sie Freude angesichts der wunderbaren Ehre, die ihr damit zuteil wurde, und sie bemühte sich mit aller Konzentration darum, diesen Eid besonders deutlich auszusprechen.

Von einem Moment auf den anderen war sie wieder sie selbst. Ihre schlimmsten Befürchtungen waren eingetreten und wegen der verfluchten Eide fühlte sich ihre Haut plötzlich zu klein an für ihren Körper. Vier Eide! Das war Wahnsinn, völliger Wahnsinn!

Sofort wieder abgeschirmt, gefesselt und geknebelt hörte sie in ihrer Verzweiflung die grässlichen Befehle Egwene al'Veres an, ob sie nun wollte oder nicht. Sie wünschte sich, sie wäre tot.

Als das Mädchen kaum drei Minuten nach ihrem Eintreten wieder ging, sank sie kraftlos zu Boden und wimmerte in ihrem neuen Gefängnis aus Eiden, welches hundertmal bitterer war als es dieser Raum zuvor allein gewesen war. Noch immer konnte sie das Loch in ihrem Inneren fühlen, von wo der Große Herr verschwunden war. Saidar lag in größerer Entfernung als je zuvor, und ihr war verboten worden, auch nur in Gedanken den Tod als Fluchtmöglichkeit in Erwägung zu ziehen. Das Wissen, niemals wieder einen Fluchtversuch unternehmen zu können, ja, sich sogar mit aller Kraft zu wehren zu versuchen, sollte jemand sie befreien wollen, fügte den körperlichen und seelischen Qualen noch geistige hinzu.

Jetzt war sie in der Tat eine Verlorene und sie wusste es.

Nur wenig später tat sie das einzige, was ihr zu tun blieb. Mit Hilfe des Tees floh sie in einen traumlosen Schlaf.



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