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Verhandlungsgeschick

Nach drei Tagen beschloss Nicola, dass es genug war.

Sie saß neben Torbon Tyrlin, dem nach eigenen Angaben stärkeren der beiden Behüter Tarna Feirs, – zu wissen, dass er womöglich so stark Sharina war, vermittelte ihr eine seltsame Mischung aus Unbehagen und Sicherheit – von den übrigen unbeachtet an der Seite des langen Tisches, der sich im offenbar größten Raum dieses seltsam kastenförmigen Schiffes befand. Nicht, dass sie von Schiffen sonderlich viel verstanden hätte, bevor sie hierher aufgebrochen war. Anscheinend hatte das Meervolk dieses Schiff, wie auch zahlreiche weitere, bei ihrer Flucht aus Ebou Dar von den Seanchanern erobert, aber näheres darüber zu erfahren, wie das vor sich gegangen war, hatte sich als schwierig erwiesen. Diese Meervolkleute dazu zu bringen, mehr darüber zu sagen, war, als wollte man einen Fisch zum Sprechen bringen, völlig sinnlos. Immerhin war es gut zu wissen, dass das Meervolk den Seanchanern alles andere als freundlich gesinnt war. Leider galt das, wenn auch in deutlich abgeschwächter Form, ebenfalls für Aes Sedai.

Die sieben Schwestern, die sie begleiteten, wirkten äußerlich zwar so gelassen wie zu Beginn der Verhandlungen, sprachen inzwischen aber nur wenig und wenn, dann eher einsilbig. Die Herrin der Wogen dagegen, mit der sie es heute bereits seit vier Stunden zu tun hatten und von der keiner sagen konnte, wann sie ohne jede Ankündigung von der nächsten abgelöst würde, wirkte ruhig und entspannt. Kein Wunder, schien doch alles ausgezeichnet für sie zu laufen. Die Zugeständnisse, die sie und die anderen Herrinnen der Wogen den Schwestern bereits abgerungen hatten – ohne erkennbare Gegenleistung wohlgemerkt! - verblüfften sie noch immer: Sie sollten schweigen, sobald eine Frau des Meervolks auch nur die Hand hob? Und das nur, weil man es gewagt hatte, in der Gegenwart einer Herrin der Wogen zuerst vom Tee zu trinken? Den Aes Sedai war sichtlich unbehaglich, aber sie waren vermutlich zu stur, um um Unterstützung zu bitten, schon garnicht von einer frisch erhobenen Aufgenommenen. Rasch verdrängte sie jede Erinnerung an die entsprechende Prüfung, die sie direkt am Tag nach dem Sieg der Amyrlin hatte ablegen müssen. Manche Dinge verdrängte man lieber, sobald sie überstanden waren, es gab genügend anderes, mit dem sie sich auseinanderzusetzen hatte. Wenn die Prüfung zur Aes Sedai noch härter war, wie es hieß, wollte sie lieber nicht darüber nachdenken.

„Sicher könnt Ihr nicht glauben, dass die Herrin der Schiffe die Zeit hat, sich um alles selbst zu kümmern, Aes Sedai. Selbstverständlich wird jede getroffene Vereinbarung von ihr eigenhändig unterzeichnet werden. Bis dahin jedoch...“ Die rundgesichtige Herrin der Wogen namens Niolle wirkte nicht, als wolle sie ihre kühle Belehrung demnächst unterbrechen.

Ja, jetzt war es wirklich genug. Dafür hatte sie bestimmt nicht diese verdammten Bögen durchschritten! Im Moment schenkte ihr niemand die geringste Beachtung, aber das würde sich gleich ändern. Sie wechselte einen fast unmerklichen Blick mit Torbon, mit dem sie einen Großteil der letzten Tage verbracht hatte und der zumindest früher tatsächlich Händler gewesen war, – allerdings für Pferde – und bekam ein leichtes Nicken zurück. Er war bereit.

„Das genügt.“ sagte sie laut und unterbrach damit die Herrin der Wogen mitten im Satz. Die Frau zog auf der Stelle ihre Brauen missfallend zusammen und setzte zu einer zweifellos wütenden Entgegnung an, aber Nicola fuhr einfach fort, ohne dem die geringste Beachtung zu schenken. „Die Vorverhandlungen sind hiermit offiziell beendet. Sobald die Herrin der Schiffe bereit ist, lasst es uns wissen, damit wir mit den eigentlichen Verhandlungen beginnen können. Wie bereits zu Beginn dieser Unterredungen mitgeteilt, besitze ich als Adjutantin der Amyrlin als einzige der Anwesenden das Recht, in ihrem Namen Zugeständnisse zu machen und für die Weiße Burg bindende Verträge abzuschließen. Wie Euch außerdem bereits mitgeteilt wurde, ist allein Torbon Tyrlin dazu berechtigt, die eigentlichen Verhandlungen mit der Herrin der Schiffe zu führen.“

„Drei Tage meiner kostbaren Zeit verschwendet!“ warf Torbon scheinbar ungehalten ein. „Das wird Eure Amyrlin eine gehörige Stange Geld kosten. Wie Ihr wisst, werde ich nicht nach Erfolg, sondern nach Tagen bezahlt, aber langsam geht mir die Warterei auf die Nerven.“

„Geduld, Meister Tyrlin.“ Sowohl die Schwestern, als auch alle anderen Anwesenden verfolgten jetzt überrascht ihre angespannt wirkende Unterhaltung. Die Herrin der Wogen wirkte noch immer, als wollte sie etwas einwenden und hatte eine Schweigen gebietende Hand erhoben, aber sie schenkte auch dem keine Beachtung. „Ihr werdet schon noch Gelegenheit bekommen, Eure Künste zu zeigen. Sicher seid Ihr doch der Meinung, die letzten drei Tagen seien nicht völlig verschwendet gewesen, schließlich haben wir erfahren, wie weit die Herrinnen der Wogen zu gehen bereit sind.“

„Als spiele das auch nur die geringste Rolle, Nicola.“ Sein abfälliger Klang ließ die Aes Sedai erstarren, während die Herrin der Wogen ihre Fäuste ballte. Und auf sie kam es jetzt an. Sie war es, die sie mit ihrer gewagten Vorstellung überzeugen mussten. „Allein die Herrin der Schiffe spricht für das Athan Miere, all diese Herrinnen der Wogen haben da keinerlei Befugnisse. Und ich habe hier nichts erfahren, dass ich nicht eh' schon wusste: Aes Sedai sind so nützlich wie ein Eunuch in einem Bordell, wenn es um Geschäfte geht, und das Atha'an Miere ist nicht viel besser. Wenn ich hier schon meine Zeit verschwende, dann treibt wenigstens jemanden auf, der etwas zu sagen hat, und keine Strohmänner.“

„Wenn Ihr nach Tagen bezahlt werdet, warum sorgt Ihr Euch dann darum, Eure Zeit zu verschwenden? Ihr werdet die Verhandlungen nicht eher verlassen, als wenn sie abgeschlossen sind, das habt Ihr der Mutter zugesichert.“ Sie ließ jetzt selbst etwas Ungeduld und Herablassung in ihren Tonfall einfließen. Dies musste genauso gemacht werden, wie abgemacht, wenn niemand vom Meervolk ihre Vorstellung durchschauen sollte.

Er lachte leise und anerkennend. „Das ist mal eine Frau, die mit allen Wassern gewaschen ist. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich schwören, dass sie die Macht benutzt hat, um mich zu überreden, bei diesem Irrsinn mitzumachen. Es ist doch völlig klar, dass eine bedingungslose Unterwerfung dieser Windsucherinnen unter die Regeln und Vorschriften der Weißen Burg, so wie die Amyrlin es sich wünscht, nicht in allzu naher Zeit erreicht werden kann. Nicht einmal ich bin so dumm, mich der Autorität der Weißen Burg völlig unterzuordnen, also warum sollte das Meervolk dann dazu bereit sein? Ich gebe ja zu, dass es einige interessante ... Dinge gibt, die Ihr zu bieten habt, aber...“ Er schüttelte missmutig den Kopf.

„Es ist nicht gerade förderlich für die Verhandlungen, wenn Ihr schon vor dem eigentlichen Beginn aufzugeben bereit seid, meint Ihr nicht, Meister Tyrlin?“ Sie sprach noch strenger als zuvor, es durfte ihr jetzt auf keinen Fall ein Fehler unterlaufen. „Vor allem wenn Ihr dies auch noch im Angesicht der Gegenseite erklärt, spricht das nicht gerade für Euer Geschick, mit dem Ihr Euch ständig rühmt.“

„Ich bevorzuge es stets, wenn beide Seiten von Beginn an wissen, woran sie sind, Nicola, das führt nicht so leicht zu Missverständnissen. Keine Angst, ich werde das Schiff schon schaukeln, sobald diese Herrin der Schiffe endlich auftaucht.“ Für sie klang sein Lachen aufgesetzt, aber auf das Meervolk würde es echt genug wirken. Tatsächlich schlug Niolle jetzt energisch mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es laut klatschte, aber Nicola gönnte ihr nicht einmal einen flüchtigen Blick, sondern blieb auf Tarnas Behüter fixiert.

„Siehst Du, jetzt hast Du sie wütend gemacht!“ sagte sie verärgert und winkte beiläufig mit der Hand zu der Frau mit all den Ringen durch Nase und Ohren, die angesichts dieser Respektlosigkeit erschrocken nach Luft schnappte. Das war ausgezeichnet. Und allmählich machte ihr diese Scharade richtiggehend Spaß! Diese Frau hatte dringend einen gehörigen Dämpfer nötig.

„Ach Unsinn, die ist bloß ein bisschen ungeduldig, weil es nicht voran geht, genau wie ich auch. Mir reicht es jetzt, Nicola. Sagt mir Bescheid, wenn die Herrin der Schiffe endlich auftaucht, und bis dahin stört mich gefälligst nicht.“ Er erhob sich und wandte sich zum Gehen, doch schon nach einem Schritt hielt er inne und wandte sich noch einmal zu ihr um. „Und lass Dir ja nicht einfallen, ohne meine Einwilligung auch nur das geringste Zugeständnis zu machen, Nicola! Du weißt, dass die Amyrlin dies zu einer Deiner Bedingungen gemacht hat, wenn Du schon Ihre Vollmacht trägst.“

Sie nickte mürrisch in seine Richtung und murmelte gerade noch hörbar, wie zu sich selbst, „Als müsstest Du mich daran erinnern.“ Sie hatte selbst nicht genau verstanden, warum dieser Kommentar so passend sein sollte, aber er zeigte Wirkung. Sie wurde von einem scharfen Blick der Herrin der Wogen fixiert, die plötzlich nicht mehr wütend, sondern nachdenklich wirkte. Mit einem entschuldigenden Lächeln wandte Nicola sich ihr zu. „Seine Manieren lassen zwar etwas zu wünschen übrig, Herrin der Wogen, aber angeblich ist er der beste, der für Geld zu bekommen ist. Sicherlich kann ich ihn davon überzeugen, in Gegenwart der Herrin der Schiffe seine Worte etwas weniger ... auffällig zu wählen. Bitte lasst mich wissen, wenn die Herrin der Schiffe bereit ist, uns beide zu empfangen. Sicherlich habt Ihr inzwischen genug Höflichkeiten mit meinen Begleiterinnen gewechselt, es wird also genügen, wenn zwei von ihnen an den eigentlichen Verhandlungen teilnehmen, meint Ihr nicht?“

„Sicher.“ kam es mit einem eiskalten Blick zu den jetzt wieder ungerührt wirkenden Aes Sedai und in scharfem Tonfall zurück.

„Gemacht.“ sagte sie sofort und drückte die Finger ihrer rechten Hand auf die Lippen der Herrin der Wogen. Ihr Gegenüber blinzelte, was vermutlich dasselbe war, wie wenn eine Aes Sedai einen erschreckten Hüpfer machte – es kam so gut wie nie vor – bevor sie es ihr zögernd gleichtat. „Wenn Ihr uns dann entschuldigt, Herrin der Wogen. Ihr wisst, wo Ihr uns findet, sobald die Herrin der Schiffe bereit ist.“ Sie erhob sich und marschierte wortlos an den Aes Sedai vorbei hinaus, die sich beeilten, ihr zu folgen.

Nicola war wenig überrascht, dass sie von einem Lauschschutz umgeben waren, sobald sie außer Sichtweite des mächtigen Kastenschiffes waren, weil sie eine der zahlreichen Gassen erreicht hatten, die sich durch Illians Hafengegend wanden. „Was soll das heißen, nur zwei von uns dürfen an den eigentlichen Verhandlungen teilnehmen, Kind?!“ Energisch griff Jenleigh von den Grauen nach ihrem Arm und drehte sie zu sich herum, während sie stehenblieb. Der nicht unerhebliche Verkehr wich ihrer kleinen Gruppe hastig aus, hier in Illian waren Aes Sedai nicht wirklich ein alltäglicher Anblick. Vermutlich auch kein sonderlich willkommener, wenn man einige der Leute um sie herum betrachtete, die mit misstrauischen Gesichtern an ihnen vorbei hasteten. Dennoch bemerkte sie, dass es auch einige eher neugierige Schaulustige gab, darunter zwei Atha'an Miere, die sie schon öfter in ihrer Nähe bemerkt hatte. An Land waren ihre Schritte zwar ebenso elegant, wie auf den Schiffen, aber von heimlichem Anschleichen verstanden sie offenbar überhaupt nichts.

Sie ließ sich von der aufgebrachten Aes Sedai nicht beeindrucken, sondern blickte ihr gelassen ins Gesicht, bis diese ihre Hand wieder fortnahm. So gut, wie alles bisher geklappt hatte, fiel es ihr trotzdem nicht leicht, den Blick der Aes Sedai so gelassen zu erwidern, aber sie schaffte es. Noch schwieriger war es, auch ihre Stimme ruhig zu halten. Dies war den Aes Sedai gegenüber besonders wichtig, hatte die Mutter betont, denn sonst nähmen sie sie nicht ernst.

„Was Ihr da gerade getan habt, ist bestimmt nicht unbemerkt geblieben, Jenleigh Sedai. Überlegt es Euch gut, ob Ihr meine Position noch einmal so öffentlich in Zweifel zieht und damit meine Stellung untergrabt.“ Das war so nahe an einer Drohung, wie sie es wagen konnte, und mehr als eine Schwester wirkte entsprechend grimmig, doch sie musste es schaffen, sich so schnell wie möglich durchzusetzen und fuhr schnell aber ruhig fort, bevor es Einwände hagelte. „Alles, was Ihr tut, jedes Wort, jede unbewusste Geste, die eine von Euch ausführt, wird hier genauestens beobachtet und nach den Vorstellungen des Meervolks interpretiert. Durch das gerade von Torbon und mir durchgeführte Manöver ist der Eindruck entstanden, ihr alle hättet Euch die ganze Zeit über höchst eindrucksvoll verstellt, um einen wichtigen Vorteil zu erreichen: Über mehr Informationen zu verfügen, als dies auf der Gegenseite der Fall ist. Jede einzelne eurer bisher getroffenen Vereinbarungen hat jetzt nicht mehr vor dem Amyrlin-Sitz und der Weißen Burg Bestand, auch wenn sie für euch selbst natürlich weiterhin gelten.“ Einige der Schwestern verzogen ihren Mund zu etwas, das vermutlich darauf hindeutete, dass sie peinlich berührt waren. Die Aes Sedai hatten sich bisher nicht gerade mit Ruhm bekleckert bei diesen Verhandlungen und das wussten sie genau, obwohl sie es natürlich niemals offen zugeben würden.

„Damit ist schon viel gewonnen." fuhr sie fort, "Torbon und ich haben zu Beginn der Verhandlungen eindeutig klargestellt, dass wir zwei allein für die Führung der Verhandlungen zuständig sind, wie ihr euch sicher erinnert. Nach dem Beschluss des Saals der Burg und den Befehlen der Mutter, kann daran auch keinerlei Zweifel bestehen. Da Ihr selbst jedoch davon überzeugt wart, Eure Vereinbarungen seien bindend, ist es Euch gelungen, auch unsere jeweiligen Verhandlungspartner davon zu überzeugen. Auf diese Art konnten Torbon und ich drei Tage lang praktisch unbemerkt ihre Taktik studieren, ohne auch nur das Geringste dafür zu aufzugeben, und die Herrin der Schiffe ist sich jetzt bewusst, dass sie es mit ernstzunehmenden Gegnern zu tun hat. Außerdem haben wir es endlich geschafft, bis zur Herrin der Schiffe überhaupt vorgelassen zu werden, ein wichtiger Punkt. Uns mit den Herrinnen der Wogen abzuspeisen, war ihre Art, uns zu zeigen, dass sie uns nicht den angemessenen Respekt entgegenbringen, aber jetzt haben wir ihnen im Gegenzug eine saftige Ohrfeige verpasst, werden es aber dabei alleine nicht belassen. Die ersten beiden Male, die wir gerufen werden, um vor der Herrin der Schiffe zu erscheinen, werde ich alleine zum Treffen gehen, um ihr mit freundlicher, aber scheinbar mühsam erzwungener Geduld mitzuteilen, dass unser Verhandlungsführer noch Zeit zur Vorbereitung braucht. Gleichzeitig wird sich ein fröhlich zechender Torbon in unserer Schenke blicken lassen. Das sollte sie etwas zurechtstutzen und unsere Geschichte glaubhaft machen, dass er großzügig und nach Tagen bezahlt wird. Dass er in der Lage war, einen so guten Handel mit der Amyrlin abzuschließen, obwohl ihr Aes Sedai sämtliche ihrer stolzen Herrinnen der Wogen ganz locker aufs Kreuz legen konntet, wird ihren Respekt vor Meister Tyrlins vermeintlichem Verhandlungsgeschick in ungeahnte Höhen schießen lassen, und wenn wir eines dringend brauchen, dann Respekt. Einer unserer wichtigsten Vorteile ist es, dass er lügen kann, soviel er will, solange es nicht auffällt, aber dabei ist eines ganz entscheidend: Dass sie absolut nichts über ihn wissen. Bisher gab es für niemanden einen Grund, sich nach ihm zu erkundigen, aber ihr werdet schnell feststellen, dass sich das jetzt geändert hat...“ Sie atmete tief durch, jetzt wurde es ernst. „...Daher lautet meine erste Anweisung an Euch alle, die ich hiermit offiziell im Namen der Amyrlin treffe, wie folgt: Keine von Euch wird auch nur ein einziges Wort über ihn verlieren außer seinem Namen, es sei denn, ich sage etwas anderes. Fragt euch aber jemand ganz deutlich, ob Torbon Tyrlin wirklich sein Name ist, dann weicht ihr aus. Lasst sie glauben, er reise hier unter falschem Namen, und an seiner wahren Identität herumrätseln. Wenn Euch jemand direkt fragt, warum Ihr nichts über ihn sagen wollt, dann lasst durchblicken, dass es auf direkten Befehl der Amyrlin so geschehen soll, was ja auch der Fall ist. Lasst außerdem immer den Eindruck entstehen, ihm in dieser Angelegenheit volles Vertrauen zu schenken, aber macht es nicht zu auffällig. Behandelt ihn zu jeder Zeit mit aller Höflichkeit, die ihr aufbringen könnt, und – das ist das Wichtigste – widersprecht ihm um keinen Preis auch nur ein einziges Mal, egal, was er auch sagt oder tut. Seinen Respekt wieder zu verspielen, wäre mit Abstand das Schlimmste, was uns jetzt passieren könnte. All dies betrachtet bitte als Befehl, der Euch direkt vom Amyrlin-Sitz erteilt wurde. Und jetzt kommt, wir fallen auf.“

Ohne die erstaunten Mienen der Aes Sedai nach dieser ausführlichen Standpauke weiter zu beachten, ging sie los in Richtung ihrer Schenke. Die zwei allzu auffälligen Verfolger, die das Meervolk auf sie angesetzt hatte, ignorierte sie währenddessen völlig. Kein Grund, ihnen zu zeigen, dass sie längst bemerkt worden waren. Sicherlich erkannten auch die Aes Sedai, dass sie zumindest nach außen hin durch diese Aktion einen gehörigen Eindruck beim Meervolk hinterlassen haben mussten. Das sollte ihre unweigerliche Ablehnung dagegen, die Anweisungen einer schlichten Aufgenommenen befolgen zu müssen, etwas dämpfen.

Sie ließen die Geschäftigkeit des ausgedehnten Hafenbezirks eines der größten Häfen der Welt, wenn nicht sogar des größten überhaupt wie viele behaupteten, allmählich hinter sich. Täglich wurden im wesentlichen zahlreiche Schiffe des Meervolks hier beladen und stachen dann in See. Um Längen mehr als üblich hatten sie erfahren, aber wohin sie so zahlreich aufbrachen, war auch eines der Dinge, über die zu sprechen sich die Meerleute weigerten. Sogar ihr fiel auf, wie tief diese Schiffe im Wasser lagen, wohin auch immer sie wollten, offenbar wurden dort ungeheuer viele Vorräte benötigt. Das war jedenfalls der Hauptbestandteil der Ladungen, zumindest das war leicht genug zu erfahren gewesen, Getreide, gepökeltes Fleisch und eine Unmenge weiterer alltäglicher Versorgungsgüter wie Seife oder Tee. Auf den Straßen waren trotzdem noch auffällig viele Atha'an Miere unterwegs, aber in der Menge konnte man auf Menschen aus aller Herren Länder stoßen. Sogar Tairener waren ihnen gelegentlich begegnet, noch vor kurzen ein äußerst unwahrscheinlicher Anblick in Tear, und sie hatte einmal sogar einen Burschen erspäht, bei dem es sich mit seiner bunten Kleidung nur um einen Kesselflicker handeln konnte. Dabei hieß es, sie würden die großen Städte stets meiden. Aber momentan verloren natürlich eine Unzahl althergebrachter Traditionen ihre Gültigkeit, also war ein Kesselflicker in einer Stadt wohl kaum von besonderer Bedeutung.

Es dauerte mehrere Minuten, bis ihr unter dem weiterhin bestehenden Schutz die nächste Frage gestellt wurde. „Und warum willst Du nur zwei Schwestern dabei haben, Tochter?“ Diesmal war es Tyla Fredhin von den Gelben, die das Wort ergriff. Ihr Behüter war als junger Mann mit dem Meervolk gesegelt und hielt sich seit ihrer Ankunft in Tear nur in seinem Zimmer auf. Wenn herauskäme, dass ihre gesamte Taktik im wesentlichen von diesem Mann bestimmt wurde, der zumindest ein wenig Einblick in ihre Kultur hatte, konnten sie die Verhandlungen auch gleich in den Wind schreiben. Es war nicht schwer gewesen, die Schwestern zumindest von dieser einfachen Wahrheit zu überzeugen, bevor sie hier eingetroffen waren.

„Aus mehreren Gründen.“ gab sie ruhig zurück. Die Amyrlin hatte völlig recht, solange sie in jeder Lage ruhig blieb, konnte sie ihre Position hier tatsächlich behaupten, ohne ständig auf deren schriftlichen Befehl hinweisen zu müssen. Und diesen wiederum nur selten zu erwähnen, sondern sich auf ihren Status als Adjutantin und Anführerin dieser Delegationzu berufen, war die beste Möglichkeit überhaupt, ihn fest im Denken der Schwestern zu verankern. „Erstens stärkt es Torbons Position, wenn er als unabhängig von Aes Sedai auftritt – das ist auch der Grund, weshalb keine Graue unter den beiden Schwestern sein kann. Die Auswahl der Ajah muss sorgfältig getroffen werden und es ist allgemein bekannt, dass Verhandlungen üblicherweise von Grauen Schwestern geführt werden. Im Moment tendiere ich zu Weiß, wegen der Logik, die unbezweifelbar hinter jeder unserer Entscheidungen stehen soll, und Braun, um das enorme Wissen darzustellen, über welches die Weiße Burg bekanntlich verfügt, aber die Entscheidung ist noch nicht gefallen.“ Ihre Worte ließen keinen Zweifel, dass sie es sein würde, die diese Entscheidung traf, und die Blicke der Schwestern fielen dementsprechend schockiert aus. Sie schenkte dem wiederum keine Beachtung, sondern machte ruhig mit ihrer sorgfältig durchdachten Erklärung weiter. Manche Fragen hatten einfach kommen müssen und sie war gut vorbereitet.

„Zweitens haben die anderen fünf Schwestern so die Gelegenheit, mehr über das Meervolk und das sonstige Geschehen hier in Illian in Erfahrung zu bringen – ob beispielsweise seine königliche Hoheit Rand al'Thor die Stadt mit seiner Anwesenheit beglückt oder welche anderen Schwestern, die noch geprüft werden müssen, sich hier befinden. Drittens besteht unsere Aufgabe hier aus mehr, als nur zu einer Einigung mit den Windsucherinnen des Meervolks zu gelangen. Mindestens ebenso wichtig ist es, den viel zu verbreiteten Geschichten über die Spaltung der Burg mit Entschiedenheit zu begegnen. Es ist absolut notwendig, dass besonders die Rote und die Blaue Ajah hier stets geschlossen auftreten und so deutlich machen, dass die Weiße Burg unter der Amyrlin Egwene al'Vere eine nie dagewesene Einigkeit erreicht hat. Dies wird langfristig allen Gerüchten über Schwächen der Weißen Burg den Wind aus den Segeln nehmen und im übrigen auch gleichzeitig unsere Position in den Verhandlungen erheblich stärken, wie Euch allen sicherlich klar ist.“ Sie warf im Weitergehen einen kühlen Blick auf die ihr folgenden Schwestern. „Gibt es weitere Fragen zur Verhandlungsführung, Aes Sedai?“

Offenbar nicht. Sie erreichten ihre Schenke, einen dreistöckigen Prachtbau namens Rote Taube, dessen Schankraum trotz der Anwesenheit so vieler Aes Sedai stets gut besucht war, weil das Bier aus der hauseigenen Brauerei einen sehr guten Ruf hatte, nur wenige Minuten später und es wurden keine weiteren Worte gewechselt, wie sie freudig feststellte. Die Risse zwischen den Ajah waren noch keineswegs verheilt und heute kam ihr das zugute. Statt mit einer einheitlichen Front der Ablehnung musste sie nur mit Einzelgängerinnen fertigwerden, die kaum ein Wort miteinander wechselten, obwohl sie sich nach außen hin einig präsentierten. Zumindest im Moment gab es keinerlei Zweifel mehr daran, wer hier das Sagen hatte, das war unglaublich! Nicola hoffte inständig, dass sie in der Lage sein würde, das Vertrauen der Mutter in sie auch weiterhin zu rechtfertigen.

Sie verließ bewusst den Lauschschutz, als sie den Schankraum mit raschen Schritten betrat. Wie erwartet, saß Torbon bereits mit einem Würfelbecher in der einen und einem Weinkrug in der anderen Hand an einem der Tische und schenkte der unordentlichen Ansammlung von Münzen vor ihm – darunter viele aus Gold – keine Beachtung. Mit scheinbar mürrischer Miene trat sie an seinen Tisch.

„Meister Tyrlin“ begann sie streng und vernehmlich „ich habe den Eindruck, Ihr nehmt diese Verhandlungen etwas zu sehr auf die leichte Schulter.“ Sie musste ein Lächeln unterdrücken, als ein unauffällig gekleideter Atha'an Miere an einem anderen Tisch allzu auffällig die Ohren spitzte. Zumindest was Heimlichkeit betraf, war das Meervolk schon von Beginn an deutlich im Nachteil. Auf Schiffen kam so etwas wohl einfach nie vor, vermutete sie.

Torbons Lachen klang diesmal durchaus echt und nicht gerade wenig herausfordernd, auch er musste erleichtert sein, dass bisher alles nach Plan gegangen war. „Wenn ich mit der Herrin der Schiffe fertig bin, wird sie froh sein, noch ein Hemd am Leib zu tragen – falls ich ihr zumindest so viel lasse! Entspann Dich, Nicola, und setze Dich zu mir, einen frischen Krug des guten Biers hier solltest Du doch ebenfalls zu schätzen wissen. Ich zeige Dir gerne, wie das mit den Würfeln funktioniert.“ Er schlug den Würfelbecher kräftig auf den Tisch und als er ihn hochhob zeigten sich fünf Sechser. „Ha! Siehst Du, Mädchen? Lass mich nur machen!“ Niemand hier konnte ahnen, dass er in der Lage war, Saidin zu verwenden, aber sie würde ihn trotzdem nochmal darauf hinweisen, besonders vorsichtig zu sein, damit es nicht auffiel. Soweit es sie betraf, trug er fast ein wenig zu dick auf, aber wenigstens wirkte er dabei überzeugend. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm jedenfalls nicht, aber das traf wohl auf die meisten Asha'man zu.

Betont angewidert den Kopf schüttelnd, machte sie sich wortlos auf den Weg zu ihren Gemächern. Zufrieden stellte sie fest, dass die Aes Sedai Torbon allesamt mürrisch zunickten, bevor sie ihr die Treppe hinauf folgten. Das würde für den Moment reichen. Sobald der Schutz sie wieder einschloss, sagte sie ohne sich umzuwenden. „Jenleigh Sedai, werft ihm sicherheitshalber noch einen verächtlichen Blick zu. Es gefällt Euch keineswegs, dass die Graue Ajah nicht aktiv an den Verhandlungen beteiligt wird.“ Sie überzeugte sich nicht davon, dass diese Anweisung umgesetzt wurde, sondern bereitete sich darauf vor, den Grund für dieses Verhalten zu erklären. Jenleigh würde verbreiten, wie unzufrieden sie sei, nicht an den Verhandlungen teilzunehmen, dann aber widerstrebend eingestehen, dass Torbon der richtige Mann für diese Arbeit sein mochte, indem sie seine Eignung niemals direkt in Zweifel zog. Auch dies würde zu seiner Reputation ein weiteres Stückchen beitragen. Außerdem sollte es der grauen Schwester nicht schwer fallen, statt eines Lächelns eine missmutige Miene dabei aufzusetzen.

Zwei Tage später betrat sie zum dritten Mal den Empfangsraum auf der Blauen Möwe, keines der Seanchanerschiffe sondern einer der berüchtigt schnellen Klipper des Meervolks, diesmal nicht allein, sondern in Begleitung von Torbon, Ophreyn von den Weißen und Sirdhra von den Braunen. Es hatte interessanterweise keinerlei Einwände gegen ihre Entscheidung, nur zwei der Schwestern mitzunehmen, gegeben. Möglicherweise lag es daran, dass es in der Stadt so viele Gerüchte gab, die man in Erfahrung bringen konnte, aber sie glaubte eher, dass die Schwestern es vorzogen, sich nicht erneut in die Gegenwart der Herrinnen der Wogen zu begeben. Der Raum ihres Treffens war zwar wesentlich kleiner, als der auf dem Kastenschiff, aber deutlich prunkvoller eingerichtet. Allerdings wirkte der Raum durch die vielen Menschen darin auch kleiner, als er eigentlich war. Kostbare Teppiche und seidene Wandbehänge erweckten nicht den Eindruck, sich auf einem Schiff zu befinden, nur das leichte Schwanken des Bodens war dafür ein Beweis. Nun ja, und natürlich der Umstand, dass sämtliche Möbelstücke fest im dunklen Holzfußboden verankert waren, damit sie auch bei schwerem Seegang an ihrem Platz blieben. Tarnas Behüter hatte bis spät in die Nacht hinein ausgiebig gezecht, aber jetzt machte er einen völlig klaren und selbstsicheren Eindruck. Das war auch kein Wunder, schließlich war er am Morgen von den Folgen dieser Maßlosigkeit ebenso befreit worden, wie von der unvermeidlichen Müdigkeit.

Zaida, die recht kleine Herrin der Schiffe mit den ergrauenden kurzen Locken, saß wie bei den beiden vorigen Gelegenheiten mittig zwischen den zwölf Herrinnen der Wogen hinter dem schmuckvoll verzierten Tisch in der Mitte des Raumes, während ihre Windsucherinnen in einem Halbkreis hinter ihnen standen. Die stechenden Blicke dieser Frauen hatten schon etwas einschüchterndes, aber nachdem sie ihnen zuvor bereits zweimal gegenübergestanden hatte, war es etwas leichter, kühle Gelassenheit zu zeigen. Sorgfältig mied Nicola jeden Blick auf die braune Schwester, die gerade den Weinbecher von Wallein nachfüllte, einer der Herrinnen der Wogen, mit der sie es zu tun gehabt hatten. Der gehetzte Blick Amylia Sedais war mindestens so beunruhigend wie die Erinnerung an das gehauchte „Bitte hilf mir, von hier zu fliehen!“, das die Frau ihr beim ersten Besuch zugeflüstert hatte. Es war richtig gewesen, zuerst alleine hierher zu kommen. Wer weiß, wie die anderen beiden Schwestern reagiert hätten, wenn sie sie nicht hätte vorwarnen können? Gegen dreizehn Windsucherinnen, die in ihrer Stärke den Aes Sedai in keinster Weise nachstanden, wäre es ein sehr eindeutiger Ausgang gewesen. Ihr Angreal und die Anwesenheit eines Asha'mans hätte es zwar etwas weniger eindeutig gemacht, aber damit wären die Verhandlungen dann natürlich endgültig gescheitert und das wäre eine Katastrophe gewesen.

Während Nicola Seite an Seite mit dem einzigen anwesenden Mann auf den Tisch und die zwei Stühle davor zutrat, stellten sich ihre Aes Sedai jeweils schräg hinter einen von ihnen und standen schließlich so, dass sie mit den zwölf Windsucherinnen der Gegenseite einen perfekten Kreis bildeten. Beide mieden genau wie sie jeden Blick auf die bedauernswerte braune Schwester.

Nicola zeigte zur Begrüßung, wie bei den vorigen Treffen, ein leichtes Nicken, dass von der Herrin der Schiffe noch etwas leichter erwidert wurde, bevor sie Platz nahm. Torbon jedoch machte eine elegante Verbeugung – das hatten sie einige Zeit üben müssen – und sagte herzlich „Herrin der Schiffe, ich muss zugeben, die Geschichten über Eure Schönheit werden der Wirklichkeit in keiner Weise gerecht. Ihr seid wahrlich eine Zierde für Euren Schmuck.“

Die Herrin der Schiffe verzog den Mund. Nicola bezweifelte, dass die Frau jemals zuvor ein solches Kompliment bekommen hatte, sie wirkte eher durchschnittlich, wenn man vom stechenden Funkeln ihrer Augen absah. „Ich bin nicht hier, um Eure Komplimente zu hören, sondern um zu erfahren wann ich endlich die restlichen neunzehn Aes Sedai bekomme, die die Weiße Burg mir schuldet.“

Er hob, scheinbar überrascht, eine Braue. Dieser Vertrag war eines der häufigsten Themen der Herrinnen der Wogen gewesen und sie hatten darauf gezählt, dass dies auch hier gelten würde. „Verzeiht, Herrin der Schiffe, aber mir war nicht klar, dass Ihr an der Vereinbarung, die Eure Vorgängerin traf, Zweifel habt. Natürlich können wir die Bedingungen dieses Vertrages neu aushandeln, wenn Ihr das wünscht, und uns erst danach mit dem eigentlichen Verhandlungsgegenstand beschäftigen.“ Er nahm lächelnd Platz, nachdem er auch den Herrinnen der Wogen feundlich zugenickt hatte, die diese Geste nur mit kühlen Blicken erwiderten.

„Es geht mir keineswegs darum, die Bedingungen neu zu verhandeln.“ gab die Herrin der Schiffe energisch zurück. „Ich will lediglich erfahren, wann die Aes Sedai meines Volkes wieder zu uns zurückkehren und wann wir unsere zwanzig Lehrerinnen bekommen.“

„Mir ist der Wortlaut dieses Vertrages geläufig, Herrin der Schiffe, und ein konkreter Zeitplan zu seiner Umsetzung ist offenbar nicht darin enthalten. Schlampige Arbeit, dieser Vertrag, wenn Ihr mich fragt. Aber wie dem auch sei, es ist offenbar noch nicht gelungen, alle aus Eurem Volk stammenden Schwestern aufzuspüren, obwohl entsprechende Bemühungen bereits unternommen wurden. Auch wird bereits intensiv nach weiteren Freiwilligen gesucht, die bei Euch Erfahrungen sammeln möchten. Soweit ich weiß, gibt es gegenwärtig fast vierzig Freiwillige und es muss nur noch entschieden werden, welche Ajah mit wie vielen Schwestern beteiligt wird. Sicher wird der Saal der Burg bald die Zeit finden, sich damit zu befassen, Herrin der Schiffe. Sind damit Eure diesbezüglichen Fragen vorerst beantwortet?“

„Aes Sedai, stimmt das, was dieser Mann behauptet?“ fragte Zaida überrascht und misstrauisch mit einem Blick auf die beiden Schwestern.

„Er sagt die Wahrheit, Herrin der Schiffe.“ bestätigten beide im Chor. Natürlich waren zwei der drei Schwestern des Meervolks in der Burg, aber eben nicht alle. Es waren wirklich Bemühungen im Gange, die dritte zu finden - damit sie nicht zu früh von diesem Vertrag erfuhr. Und die „Freiwilligen“ waren die gefangengenommenen Schwarzen Ajah, die hoffen durften, auf diese Weise ihrer Hinrichtung zu entgehen, wenn die Amyrlin sie begnadigte. Außerdem würde der Saal der Burg sich damit befassen – sobald die Mutter die Begnadigungen unterzeichnete, wollte Nicola bestimmt nicht in ihrer Haut stecken, wenn sie die Reaktionen der Schwestern bei dieser Angelegenheit bedachte!

Torbon zögerte nicht, sondern sprang mit beleidigter Miene auf. „Erst lasst Ihr mich drei Tage schmoren, dann gibt es weder eine freundliche Begrüßung, noch Wein und jetzt setzt ihr Euren Beleidigungen die Krone auf, indem Ihr mich als Lügner bezichtigt! Ich bin im meinem ganzen Leben noch niemals so beleidigt worden, wie hier vom Atha'an Miere, Herrin der Schiffe! Kommt, Nicola, wir gehen. Soll sie doch zu uns in die Rote Taube kommen, wenn sie ihre Manieren wiedergefunden hat!“ Er wandte sich zum Gehen und Nicola erhob sich seufzend, um ihm zu folgen.

„Nein!“ Diesmal lag keine Selbstsicherheit mehr in dieser sonst so befehlsgewohnten Stimme, sondern eher eine höchst erfreuliche Panik, aber weder Torbon noch sie selbst kümmerten sich darum und auch Ophreyn und Sirdhra wandten sich bereits ab. Sie konnte den hoffnungslosen Blick Amylias in ihrem Rücken beinahe spüren, wie er ihnen folgte, doch im Moment gab es leider absolut nichts, das sie für die bedauernswerte Schwester tun konnte. Sie hoffte, das würde sich bald ändern.

„Bitte!“ rief Zaida schließlich von hinten, als sie schon an der Tür waren. „Ich bitte Euch, bleibt, Meister Tyrlin! Ich werde den besten Wein für Euch bringen lassen, aber bitte, bleibt noch ein wenig!“ Als er vor der Tür stehen blieb, ohne sich umzuwenden, richtete Nicola rasch ihren Blick auf die Herrin der Schiffe und nickte ermutigend, dass sie weitermachen sollte. Noch besteht Hoffnung, sagte ihre Miene, gib nicht auf, vielleicht kannst Du ihn noch umstimmen.

„Meister Tyrlin, ich entschuldige mich in aller Form für Eure ungebührliche Behandlung. Bitte, nehmt meine Entschuldigung an.“ Die Herrin der Schiffe war aufgestanden und wirkte vollkommen ernst. Sie hatten es geschafft! Sie musste keine künstliche Miene aufsetzen, um jetzt pure Erleichterung zu zeigen, als Torbon sich langsam wieder umwandte, um die Herrin der Schiffe mit misstrauischem Blick zu mustern. Ab jetzt waren sie am Ruder.

„Ich denke darüber nach, Herrin der Schiffe. Währenddessen fordere ich als Wiedergutmachung für diese Beleidigungen freien Zugang für mich und meine Begleiter auf allen Schiffen des Atha'an Miere.“

Als Zaida entsetzt zögerte, wandte er sich erneut um und sofort sagte Zaida laut „Gemacht!“

Diesmal zeigte Torbon ein schmales Lächeln, als er sich ihr wieder zuwandte. „Das ist doch schon mal was. Ich denke, ich bleibe doch noch ein wenig. Nicola!“ Das letzte klang fast nach einem Befehl und das sollte es auch.

Ohne zu zögern trat sie auf die Herrin der Schiffe zu, sagte „Gemacht.“ und berührte deren Lippen. „Gemacht.“ wiederholte diese zögerlich und tat es ihr gleich, während Torbon scheinbar besänftigt und wieder gelassen Platz nahm. Für heute hatten sie alles erreicht, was nötig war. Die Herrin der Schiffe würde betteln, dass sie Illian endlich wieder verließen, wenn erst Aes Sedai überall auf den Meervolkschiffen auftauchten und unangenehme Fragen stellten – mit offizieller Genehmigung der Herrin der Schiffe! Und noch besser: Jede der sieben Schwestern, ihre Behüter und auch sie selbst und Torbon konnten auch in Zukunft jedes Schiff des Athan Miere betreten, ohne vorher um Erlaubnis fragen zu müssen, da die Abmachung Torbons Begleiter einbezog und in keiner Weise zeitlich begrenzt war. Die Mutter würde sehr zufrieden mit ihr sein, überlegte Nicola lächelnd. Noch gab es viel zu tun, aber der Anfang war gemacht.

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